Mit der hochkarätigen Kammermusik-Reihe „Quartettissimo“ im Kurhaus sind die Veranstalter ein Wagnis eingegangen - doch es hat sich gelohnt.
– Mit dem Auftritt des international renommierten Londoner „Doric String Quartet“ im Tölzer Kurhaus ging die Konzertreihe „Quartettissimo“ in die zweite Saison. Zweifel, dass die von Haydn und Boccherini kreierte Königsdisziplin der Kammermusik außerhalb der Großstadt genug interessiertes Publikum anzieht, erwiesen sich als unbegründet.
Im Gegensatz zu groß besetzten Symphonien sind Streichquartette gleichsam das intellektuelle Gegenstück: Vier Musiker, vier Stimmen: Da liegen alle Strukturen der Musik offen. Das zieht ein Publikum an, dem nicht so sehr an einem überwältigenden Orchesterklang gelegen ist, sondern an Werkstatt-Atmosphäre und Intimität, an Konzentration und Verinnerlichung. Das preisgekrönte „Doric String Quartet“ spielte bei seinem umjubelten Auftritt Mozart, Haydn und Schubert.
Doric String Quartet sorgt für außergewöhnlichen Genuss im Kurhaus Bad Tölz
Wolfgang Amadeus Mozart ging es nicht gut, als er sein D-Dur Streichquartett KV 575 schrieb. Er steckte in Geldnöten, und das Komponieren war ihm „mühsame Arbeit“. Gleichwohl klingt das Werk trotz einer leichten Melancholie entspannt lieblich und sinnlich. Das Quartett musizierte das Stück mit einer Balance von Gefühl und Verstand und legte mit fabelhafter Präzision die polyphonen Strukturen frei. Phänomenal und ein ganz außergewöhnlicher Genuss ist ihr nahezu vibratoloses Spiel im alten Stil.
In Josef Haydns D-Dur Quartett opus 33 servierten Alex Redington und Ying Xue (Geige), die Bratschistin Hélène Clément und Cellist John Myerscough die glänzenden Einfälle des Komponisten mit entwaffnendem Charme. Die Vier agierten absolut gleichberechtigt und standen sich hinsichtlich musikalischer Inspiration und Virtuosität in nichts nach. Ihr Spiel war voller Kreativität und Spontanität, ihr hingehauchtes Pianissimo war ein Gedicht.
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Zum Abschluss erklang Franz Schuberts Streichquartett d-Moll „Der Tod und das Mädchen“, das wohl bekannteste Werk der Musikgattung. Schubert zitiert hier das Thema seines gleichnamigen Kunstlieds nach einem schaurig-erotischen Gedicht von Matthias Claudius in Variationsform. Der düstere Grundton spiegelt die Lebenskrise des unheilbar erkrankten Komponisten wider und geht doch weit darüber hinaus. Mit analytisch-bohrender Beharrlichkeit grub sich „Doric String“ durch die Abgründe dieser Musik, Gänsehaut-Momente inklusive.
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Für die Initiatoren der Konzertreihe, Christoph und Susanne Kessler aus Icking, ist die gute Resonanz eine Bestätigung für ihr Wagnis, mit Hilfe von Sponsoren solche Künstler von Rang aufs Land zu holen. 275 Zuhörer kamen, weit mehr als bei der ersten Staffel. „Wir sind sehr zufrieden, und es kann noch besser werden“, freute sich Christoph Kessler. Susanne Kessler hatte mit viel Sachverstand ein hochprofessionelles Programmheft geschrieben – es lohnt sich, es aufzuheben.