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Vision: Ein Inklusionshaus für Bad Tölz

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Von: Silke Scheder

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Runder beziehungsweise eckiger Tisch: Im Café Miteinand sprachen unter anderem die Tölzer Bürgermeisterkandidaten über das Thema „Teilhabe oder Teilnahme“. Das Café, das jeden Donnerstag von 8 bis 12.30 Uhr im evangelischen Gemeindezentrum geöffnet hat, wird von Schülern mit Handicap geführt und bildete damit den idealen Rahmen für einen Gedankenaustausch über Inklusion. © Foto: Arndt Pröhl

Viel Konkretes kam nicht heraus beim Runden Tisch zum Thema „Teilhabe oder Teilnahme“. Dafür bekamen die Tölzer Bürgermeisterkandidaten wichtige Impulse von Menschen mit Handicap. Und ein Politiker überraschte mit einer inklusiven Vision.

Bad Tölz – Michael Lindmair hat eine Vision. Dem Tölzer Bürgermeisterkandidaten für die Freien Wähler schwebt ein „Inklusionshaus“ vor: Wo heute noch das Josefistift beheimatet ist, sollen nach dem geplanten Umzug des Pflegeheims Menschen mit und ohne Behinderung, Alt und Jung, Familien und Singles zusammen leben. Auch ein Inklusionshotel könnte er vorstellen. Das sagte Lindmair bei einem Runden Tisch im Café Miteinand, wo sich Experten und die Bürgermeisterkandidaten über das Thema „Teilhabe oder Teilnahme“ austauschten.

Gesprächsleiter Matthias Wilke lenkte das etwas schwammige Thema auf den greifbaren Bereich Wohnen. Denn: „Menschen mit Handicap brauchen geeigneten Wohnraum“, sagte Wilke unter anderem mit Blick auf die Barrierefreiheit. Eine entsprechende Miet- oder Eigentumswohnung zu bekommen sei allerdings „ein Ding der Unmöglichkeit“, sagte Ralph Seifert. Der Behindertenbeauftragte des Landkreises sitzt selbst im Rollstuhl, erinnerte aber daran, dass Barrierefreiheit vielen zugutekomme: Familien mit Kinderwagen, Senioren und auch dem Fußballer mit gebrochenem Bein. Auch deshalb appellierte Seifert an die anwesenden Kommunalpolitiker, bei Neubauten auf die Barrierefreiheit zu achten.

Tanja Rudolph regte an, über die Stadtgrenzen hinaus zu schauen: Es gebe bereits sehr gut erprobte Wohnformen für Menschen mit Behinderung in München. Die Sachsenkamerin ist selbst Mutter einer Tochter mit Handicap. Deshalb hat sie zusammen mit Sabine Richter aus Ellbach das Café Miteinand gegründet (wir haben berichtet). Und deshalb ist ihr das Thema Wohnen sehr wichtig: „Damit unsere Kinder etwas haben, wo sie selbstständig leben können, wenn wir nicht mehr sind.“

Selbstständigkeit spielt eine große Rolle

Das Thema Selbstständigkeit spielte generell eine große Rolle. Oft fiel das Wort Bundesteilhabegesetz. Das soll es Menschen mit Behinderung zum Beispiel ermöglichen, selbst zu entscheiden, wie sie wohnen oder ihre Freizeit verbringen. Damit das funktioniert, müsste aber viel passieren: Laut Astrid Schlegel vom Integrationsfachdienst müsste unter anderem der öffentliche Personen-Nahverkehr ausgebaut werden. Astrid Schneider von der Agentur für Arbeit zufolge fehle es an Arbeitgebern, die bereit seien, Menschen mit Handicap einzustellen.

„Inklusionsbotschafter“ Markus Ertl aus Lenggries – selbst blind – sensibilisierte die Anwesenden für unbewusste Stigmatisierungen, wie sie mit dem Wort Behindertentoilette einhergehen. „Ein Bau muss nicht nur für Behinderte gut sein, er muss für alle gut sein.“

SPD-Bürgermeisterkanditat Michael Ernst sprach sich für einen Beauftragten aus, der sich quasi als Bindeglied zwischen den bereits bestehenden Organisationen und dem Bürgermeister ganz dem Thema Inklusion verschreibt. CSU-Bürgermeisterkandidat Ingo Mehner hofft auf mehr Input von Betroffenen, zum Beispiel, welche Anforderungen sie an eine Wohnung haben. Und Grünen-Kandidat Franz Mayer regte an, ein altes Konzept wieder aufzugreifen: Vor einigen Jahren habe die Stadt schon einmal alle städtischen Gebäude auf ihre Barrierefreiheit hin untersuchen lassen. „Da könnte man ansetzen.“

Etwas Konkretes kam am Ende nicht heraus. Das war aber auch nicht Sinn und Zweck des Runden Tisches, betonte Tanja Rudolph. „Es war uns wichtig, die Leute an einen Tisch zu bekommen“, sagte die Mit-Initiatorin im Gespräch mit dem Tölzer Kurier. Es ging darum, sich kennenzulernen, ein Netzwerk zu schaffen – und die ein oder andere Anregung mit in die nächste (Stadtrats)Sitzung zu nehmen.

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