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Das Mitfahrerbankerl im Selbstversuch: Sitzen und warten

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Selbstexperiment auf dem Mitfahrerbankerl: Felicitas Bogner (li.) und Theresa Pfund brauchten viel Geduld, bis sie mitgenommen wurden. © Pröhl

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Landkreis von A nach B zu kommen, ist nicht immer einfach. Eine Alternative könnten die neuen Mitfahrerbänke an den Straßen sein. Die Kurier-Autorinnen Felicitas Bogner und Theresa Pfund probierten sie aus.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Die Sonne scheint, das Thermometer klettert auf knapp 30 Grad. Und ein Auto nach dem anderen braust auf der Kocheler Straße an uns vorbei. Hoffnungsvoll warten wir auf eine Mitfahrgelegenheit vom Feuerwehrhaus in Benediktbeuern Richtung Bad Tölz. Um 15 Uhr machen wir es uns auf der Mitfahrerbank gemütlich. Das Selbstexperiment beginnt.

Seit knapp einem halben Jahr stehen in zehn Kommunen im Landkreis immerhin 34 solche „Mitfahrerbankerl“. Jeder kann sich daraufsetzen, an einer Klapptafel sein Ziel anzeigen und auf einen freundlichen Autofahrer warten, der einen mitnimmt. Verkehrsentlastung und bessere Mobilität speziell für Senioren könnte das vom Landkreis-Behindertenbeauftragten Ralph Seifert initiierte Konzept bedeuten. Freilich klappt das nur dann, wenn es auch Autofahrer gibt, die anhalten und anderen eine Mitfahrgelegenheit zum nächsten Dorf, Rathaus oder Supermarkt bieten.

Gespannt sitzen wir schon seit einer halben Stunde in der prallen Sonne und schauen den Autos hinterher. Es passiert nichts. Niemand hält an. Was nun? Wir entscheiden uns ,die Richtungsangabe auf der Tafel über der Bank zu ändern. Neue Richtung, neues Glück. Wir wollen jetzt nicht mehr nach Bad Tölz, sondern nach Kochel.

Wir strecken unsere Daumen hinaus und winken den Autofahrern auffällig zu

Zuversichtlich warten wir weitere 15 Minuten. Ohne Erfolg. Vielleicht sollten wir aktiver auf uns aufmerksam machen? Also stehen wir auf und stellen uns demonstrativ neben die Bank. Aber auch das will nicht funktionieren. Jetzt gehen wir in die Offensive. Wir strecken unsere Daumen hinaus und winken den Autofahrern auffällig zu. Und siehe da: Keine fünf Minuten später können wir unser Glück kaum fassen. Ein junger Mann mit klimatisiertem Auto hält neben uns an und öffnet einladend die Beifahrertür.

Auf der Fahrt zum Kochler Bahnhof unterhalten wir uns mit unserem Fahrer Markus Lang (23). „Klar kenne ich die Bankerl vom Vorbeifahren“, sagt er. „Bis jetzt habe ich aber noch nie jemanden darauf sitzen sehen.“ Wir sind also die Ersten, die er mitnimmt. „Prinzipiell finde ich die Idee super, ich würde auch jederzeit jemanden mitnehmen, der in dieselbe Richtung muss wie ich“, meint Lang.

Nachdem wir uns von unserer Mitfahrgelegenheit verabschiedet haben, wollen wir es noch einmal an einem anderen Standort probieren. An der Landfriedstraße am Ortseingang von Benediktbeuern sehen wir eine weitere Mitfahrerbank. Wieder sitzen, stehen und winken wir den vorbeifahrenden Pkw zu. Diesmal haben wir leider kein Glück mehr. Nach einer halben Stunde, um 16.30 Uhr, geben wir auf.

„Ich weiß, dass das Projekt noch etwas schleppend anläuft“

Als wir Initiator Ralph Seifert von unseren Erfahrungen berichten, reagiert dieser trotzdem zuversichtlich. „Ich weiß, dass das Projekt noch etwas schleppend anläuft“, sagt er. „Wahrscheinlich, weil trampen bisher noch ziemlich negativ behaftet ist.“ Dennoch ist er von seiner Idee überzeugt: die Umwelt entlasten, soziale Vernetzung erleichtern und Mobilität im Alter schaffen. „Wir brauchen vor allem in der Anfangsphase positive Mundpropaganda. Sobald die Ängste bei den Bürgern abgebaut sind, werden sie die Bänke öfter und gerne nutzen.“

Das Fazit des Selbstversuchs: Nur mit genügend Eigeninitiative, Zeit, Geduld und Gelassenheit sind die Mitfahrerbänke aktuell eine geeignete Möglichkeit, um im Landkreis von A nach B zu kommen. Die Grundidee aber ist gut. 

Felicitas Bogner/Theresa Pfund

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