Wenn Hunde Terminkalender brauchen

Können Hunde ein Burnout-Syndrom bekommen? Das menschliche Leistungsprinzip jedenfalls entspricht nicht ihrer Natur, wie die Gaißacherin Stephanie Lang von Langen in ihrem neuen Buch klarstellt.
Gaißach – Vormittag Morgenrunde mit Damenkreis im Park; Nachmittag Obedience-Kurs; abends joggt Herrchen eine Stunde, im Sommer mit anschließenden 15-minütigen Schwimmen im See – der Hund muss immer nebenher. Und das war erst der Montag. Die Woche nimmt dann weiter ihren Lauf mit Dogdance, Agility-Training und ausgiebigem Frisbee-Spiel, bis sie in einer sonntäglichen Bergtour ausklingt.
Es mag überspitzt sein, was Stephanie Lang von Langen in ihrem neuen Buch auflistet: Aber tendenziell haben immer mehr Vierbeiner einen derartigen Terminkalender zu bewältigen. Da will die Gaißacher Tierpsychologin gegensteuern. Im Ratgeber „Entspannt mit Hund“ zeigt sie den Weg zur richtigen „Dog-Life-Balance“.
Der Rat der Hunde-Spezialistin (40) ist deutschlandweit gefragt – in speziellen Coachings für Tierhalter, aber auch in Presse, Rundfunk und Fernsehen. Die Inspiration für ihr kürzlich erschienenes zweites Buch nahm die Gaißacherin aus ihrem Beratungs-Alltag. „Ich beobachte den Trend, dass viele Tierhalter sich selbst und ihren Hund überfordern“, sagt sie. Es gebe Menschen, die das allgegenwärtige Leistungsprinzip auf ihre Haustiere übertragen. Oft stecke dahinter eine gute Absicht. Doch bisweilen lasse man dabei die natürlichen tierischen Grundbedürfnisse außer acht. „Und dann geraten alle in Stress“, stellt Lang von Langen fest.
Denn so gerne Hunde sich bewegen und spielen: Die Tierpsychologin erinnert daran, dass die Vierbeiner ihrer Natur nach nicht gerade rund um die Uhr aktiv sind. „In freier Wildbahn verbringen sie am Tag eineinhalb Stunden mit Nahrungssuche, zwei Stunden sind sie sozial aktiv – etwa mit Erkunden, Spielen und Fellpflege –, und den Rest des Tages dösen und schlafen sie.“ Je nach Rasse liege das Schlafbedürfnis eines Hundes „leicht bei 16 Stunden“. Manches Frauchen und Herrchen unterliege dem Irrtum, dass sich ihr Hund in Phasen des Leerlaufs langweile. „In Wirklichkeit genießt der Hund das“, klärt Lang von Langen auf.
Hunde machen zwar alles mit, weil sie sehr anpassungsfähig sind. Doch irgendwann können Stress-Symptome auftreten – zunächst unerklärlich und häufig extrem nervig und belastend für die Halter. Solche Fälle schildert die Gaißacherin humor- und verständnisvoll. So wie in der Episode von Terriermix Max, der sich leidenschaftlich in Elektrokabel, Türrahmen und Tischbeine verbeißt – leider auch von Antiquitäten, bis sein Herrchen alle Möbel in einem Zimmer stapelt und selbst nur noch auf Plastikstühlen sitzt. Doch auch die eigenen Bedürfnisse sollten Hundehalter nicht aus den Augen verlieren, rät die Autorin, die insgesamt für das Prinzip „Zurück zum Bauchgefühl“ plädiert.
Mit Hilfe der flotten Schreibe von Co-Autorin Shirley Michaela Seul bringt die Gaißacherin ihr Wissen wieder unterhaltsam auf den Punkt. Dabei besticht sie durch ihre menschliche Grundhaltung – ohne die Tiere zu vermenschlichen. So tritt sie Legenden entgegen, der Mensch müsse dem Hund autoritär und hierarchisch klar machen, wer der Herr im Haus ist. „Der Mensch muss Verantwortung übernehmen und Grenzen setzten – aber das geht auch auf freundliche Art, ohne dass man sich zum Alphatier verbiegen muss.“
Nach dem Erfolg ihres ersten Buchs „Ich weiß, was du mir sagen willst“, das wie berichtet ins Tschechische und ins Chinesische übersetzt wurde, ist auch die Resonanz auf „Entspannt mit Hund“ wieder sehr gut. „Ein Hörbuch ist in Produktion“, sagt die Gaißacherin. Und das dritte Buch ist in Arbeit.
„Entspannt mit Hund“ ist als Taschenbuch im Piper-Verlag erschienen und kostet 10 Euro.