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Corona-Wahnsinn am Walchensee: Foto von Bahnhof Kochel zeigt brutale Folgen des Ansturms

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Von: Markus Christandl, Christiane Mühlbauer, Andreas Steppan, Veronika Ahn-Tauchnitz, Silke Scheder

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„Wahnsinn für unser Dorf“: Bahnhof Kochel am Pfingstmontag.
„Wahnsinn für unser Dorf“: Bahnhof Kochel am Pfingstmontag. © Ulrike W.

Die Walchenseeregion erlebt seit den Corona-Lockerungen einen Ansturm. Eine aktuelle Aufnahme vom Kochler Bahnhof zeigt, welche Blüten der Ansturm trägt.

Update, 4. Juni: Elisabeth Koch, Bürgermeisterin in Garmisch-Partenkirchen, hat sich am Pfingstmontag selbst ein Bild der Lage gemacht. Ihre Bilanz über Ausmaß und Benehmen der Ausflügler in Garmisch-Partenkirchen ist vernichtend.

Update vom 3. Juni: Ulrike W. wohnt in Kochel an Staffelsee und Walchensee. Der Besucheransturm aus München und Umgebung schockierte dort am Pfingstmontag (1. Juni) selbst hartgesottene Kochler. „Ein Wahnsinn für unser Dorf“, schreibt sie unserer Redaktion.

Ausflügler in Kocher: Foto deckt Ausmaß des Ansturms auf

„Überall in den Gaststätten muss man sich an die Abstandsregeln halten, aber in der Freizeit ist es wohl nicht möglich.“

In allen Auslfugsregionen im Süden Oberbayerns gab es ein ähnliches Bild. Beispielsweise in Garmisch-Partenkirchen und am Schliersee. Offenbar, so mutmaßen Behörden-Verantwortliche in verschiedenen Regionen, kamen da das einmalige schöne Wetter am Pfingsmontag und die Sehensucht nach frischer Luft nach der langen Corona-Ausgangsbeschränkung zusammen. Hinzu kommt, dass viele andere Freizeitmöglichkeiten noch nicht geöffnet sind.

Nahe der Partnachalm in Garmisch-Partenkirchen hat Wiesengrund-Besitzer ein Schild an seinem Stadl angebracht, dass viel über das Verhalten der dortigen Wanderer aussagt. Die teilweise anstandslosen Wanderer verrichten ihre Notdurft gelegentlich dort, anstatt im nahen Wald.

Update vom 28. Mai: Am Samstag beginnen die Pflngstferien. Damit befürchten die Bürgermeister aus der Jachenau und aus Kochel am See erneut einen Ansturm auf die Walchenseeregion. Die Spitzen der betroffenen Kommunen, des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, des staatlichen Bauamtes Weilheim, der Bayerischen Staatsforsten und der zuständigen Polizeidienststellen trafen sich am Mittwochabend gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber bei Staatssekretär Gerhard Eck. Es ging um Maßnahmen, die die Situation kurz- und mittelfristig verbessern könnten.

Nach Corona-Lockerungen: Ansturm auf Region am Walchensee - Weitere Parkplätze geplant

Die Bayerischen Staatsforsten planen Entlastungsparkplätze an den beiden Einfahrten in die Mautstraße am Walchensee-Südufer. Die  Planungsunterlagen dafür und für die Verlegung der Mautstationen von Jachenau-Mühle nach Niedernach und Einsiedel weiter Richtung Mautstraße  könnten nun eingereicht werden, heißt es in der Pressemitteilung. Mit den Arbeiten kann aber frühestens im Oktober begonnen werden. 

Die Gemeinde Jachenau prüft zusätzlich, ob die bereits als „Notparkplatz“ genutzte Wiese, die ein Landwirt zur Verfügung gestellt hat, längerfristig zur Verfügung stehen könnte und so für zusätzliche Entlastung sorgen könnte.

Lesen Sie auch: Der Nationalpark Bayerischer Wald erlebt gerade dank Corona einen Touristen-Ansturm. Dass es sich dabei um einen Natur-Park handelt, scheint vielen Ausflüglern neu.

Verkehrschaos am Walchensee zu Beginn der Pfingstferien? Fahrradschutzstreifen werden geprüft

Bezüglich der Radwegeproblematik einigte man sich darauf, dass das Staatliche Bauamt in Zusammenarbeit mit der Unfallkommission die Einrichtung von Fahrradschutzstreifen in den Ortschaften Kochel und Walchensee prüft. Staatssekretär Gerhard Eck sagte des Weiteren zu, die Planung einer Radwegeverbindung zwischen Urfeld und Walchensee maßgeblich zu unterstützen. 

Kurzfristig sollen wie schon im vergangenen Jahr an der Autobahn A 95  Vorwegweiser „Region Walchensee überlastet“ zum Einsatz kommen. Diese werden von der Polizei in Zusammenarbeit mit der Straßenmeisterei ausgelöst.

 „Wir versuchen jetzt schnell, kleine Lösungen zu finden“, sagt Landrat Josef Niedermaier. „Der Rechtsrahmen lässt hier aber keine generellen Besucherbeschränkungen zu, auch wenn wir und der ein oder andere das vielleicht für diesen Fall gerne hätten. In dem Rahmen, in dem wir uns bewegen können, versuchen wir Lösungen zu finden.“

Walchensee und Kochelsee: Bürgermeister klagt über liegengebliebnen Müll

Update vom 25. Mai: Nach dem Besucheransturm am Kochel- und Walchensee sei dort sehr viel Müll zurückgeblieben, klagt Kochels Bürgermeister Thomas Holz. Die Mitarbeiter des Bauhofs seien am Montag noch immer damit beschäftigt gewesen, die Überreste zahlloser Picknicks einzusammeln. Im Landschaftsschutzgebiet am Walchensee habe man sich bewusst gegen Müllkörbe entschieden. Die Regel laute: „Bitte nimm dein Zeug wieder mit heim.“ Das habe in den vergangenen Jahren gut funktioniert. Nun aber liege alles herum, was von der Brotzeit übrig sei – von Gummibärentüten bis zu Würstelverpackungen. 

Naherholer seien an den Seen willkommen, betont Holz. Er habe Verständnis, dass sich nun alle nach Natur sehnten. Aber: „Wenn ein Parkplatz voll ist, dann ist er voll. Es geht nicht, dass man sich in private Hofeinfahrten stellt oder in Rettungswege.“ Das sei verantwortungs- und rücksichtslos. Wenn die Grenzen zu Österreich wieder öffnen, fürchtet Holz noch mehr Andrang aufgrund der vielen Badegäste aus dem Innsbrucker Raum.

 Im vergangenen Jahr wurden an schönen Tagen bis zu 4000 Autos gezählt. Die Walchenseer Bürger gingen deshalb im Oktober in einer Demonstration auf die Straße und forderten Maßnahmen. Heuer sollen zwei Ranger die Einhaltung der Regeln im Landschaftsschutzgebiet überwachen.

Update vom 21. Mai: Der mediale Ansturm an Christi Himmelfahrt war fast so groß wie der Ausflugsverkehr: Das ZDF war am Vatertag ebenso in der Walchensee-Region präsent wie der BR. Nach dem Verkehrs- und Parkkollaps am vergangenen Sonntag, der überregional für Schlagzeilen gesorgt hatte, wollten sich die Fernsehsender in Begleitung von Kochels Bürgermeister Thomas Holz offenbar selbst ein Bild von der Lage machen. 

Ausflügler aus München: Erhöhte Polizeipräsenz am Walchensee zeigt offenbar Wirkung

Sie wurden nicht enttäuscht – auch wenn nicht ganz so viel los war wie zuletzt. „Es war nicht so schlimm wie am Sonntag“, sagte Holz in einer ersten Einschätzung am Donnerstagnachmittag. „Vielleicht hat es wirklich etwas bewirkt, was wir medial versucht haben.“

Holz spielt damit auf die öffentlichen Appelle von ihm und seinem Jachenauer Amtskollegen Klaus Rauchenberger an (siehe ursprünglichen Artikel weiter unten). Beide hatten die Tagesgäste eindringlich gebeten, sich an die geltenden Parkregelungen zu halten und Rücksicht aufeinander zu nehmen. 

Ausflügler Ansturm am Walchensee: Wanderparkplätze schon um 6 Uhr morgens voll

Dennoch standen auch gestern beispielsweise an der Süduferstraße des Walchensees die Autos dicht an dicht. „Aber wir konnten verhindern, dass die Straßen und Rettungswege zugeparkt wurden“, sagte der Tölzer Polizeichef Johannes Kufner. Damit sei eines der Hauptziele erreicht worden. 

Auf Drängen von Holz hatten die beiden örtlichen Dienstellen Verstärkung von der Kontrollgruppe Motorrad und einer Einheit der Bereitschaftspolizei bekommen. Holz zeigte sich zufrieden mit der erhöhten Polizeipräsenz – zumal die Kochler Polizei bis 15 Uhr „keine Minute Zeit gehabt hätte, um sich um das Thema Walchensee zu kümmern“. Die Beamten seien anderweitig im Einsatz gewesen. 

Auch an Tegernsee und Schliersee brachte der Ausflügler-Ansturm den Verkehr regelrecht zum Erliegen.

Nächste Woche will sich Holz bei einem Gespräch im Innenministerium dafür einsetzen, die örtlichen Dienststellen auch künftig an den Wochenenden und Feiertagen zu unterstützen. Die erhöhte Polizeipräsenz habe „mächtig Eindruck gemacht, auch bei den Einheimischen“. Überrascht zeigte sich Holz, dass die Wanderparkplätze an der Passhöhe zum Teil schon vor 6 Uhr morgens fast voll gewesen seien. Das habe ihm eine Bekannte erzählt, die dort um 5.15 Uhr unterwegs war. In der Jachenau sorgte laut dem Tölzer Polizeichef Kufner die Öffnung einer Wiese kurz vor dem Ortseingang für Entspannung. „Da standen bestimmt 300 Fahrzeuge.“ 

Landwirt in Jachenau stellt Wiese als Parkplatz zur Verfügung

Bürgermeister Rauchenbergers Dank gilt in diesem Zusammenhang dem Landwirt Josef Orterer, der die Wiese gegenüber eines Autohändlers zur Verfügung gestellt hat. „Eine Dauerlösung ist das aber nicht.“ Insgesamt zeigte sich Rauchenberger aber zufrieden. „Das hat ganz gut geklappt, auch wenn der Ansturm gewaltig war.“ Der Rathaus-Chef vermutet, dass sogar noch mehr los war als am vergangenen Sonntag. Für eine endgültige Bilanz war es am späten Sonntagnachmittag aber noch zu früh, weil der Rückreiseverkehr noch nicht eingesetzt hatte. Polizeichef Kufner rechnete mit massiven Verkehrsbehinderungen, weil erfahrungsgemäß alle auf einmal nach Hause fahren wollen.

Corona in Bayern: Chaos an den Bergen - Bürgermeister schickt Brandbrief nach München
Alle Parkplätze belegt: So war es am Sonntag am Walchensee. © Lotti Rosengarten/privat

Ursprünglicher Bericht vom 19. Mai: Kochel/Aschau – Sonntagvormittag im Schatten der Kampenwand – der Wanderparkplatz Hintergschwendt platzt schon aus allen Nähten. Ausflügler parken an den engen Zufahrtsstraßen. Selbst Wiesen und Felder des Bauern werden nicht verschont – Coronavirus, war da etwas? 

Das Wetter lockte am Sonntag Einheimische, doch auch viele aus München und dem Münchner Umland in die Berge. So berichtete die Polizei in Brannenburg von einem „nicht abreißenden Zustrom von Fahrzeugen“. Vor allem im Bereich von Bad Feilnbach und dem Samerberg kam es aufgrund des Andrangs an den Wanderparkplätzen zu Staus. Gegen 10 Uhr waren die Wanderparkplätze überfüllt. In Prien am Chiemsee stürmten Erholungssuchende das Seeufer.

Ähnliche Bilder wurden aus dem Kreis Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz-Wolfratshausen geschildert, wo etwa am zugeparkten Kesselberg zwischen Kochel- und Walchensee auch noch Scharen von Motorradfahrern unterwegs waren. Von „brutalem Ausflugsverkehr“ spricht der Tölzer Polizeichef Johannes Kufner. Eine Streife habe auf der B 13 von Lenggries nach Tölz in zwölf Minuten knapp 90 Motorräder in einer Richtung gezählt. Die Beschreibungen der Verkehrssituation reichen hier von „irre“ über „Katastrophe“ bis „Hölle“.

Am Montag (8. Juni) traten in Bayern weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Kraft - nicht jedoch für eine Branche. Deshalb wird es in München eine Demonstration geben.

Corona in Bayern: Chaos an den Bergen - Bürgermeister schickt Brandbrief nach München

Hans Schandl ist Bürger der kleinen Gemeinde Jachenau. Auch er hat sich am Sonntag über das Ausflugschaos geärgert und eine E-Mail an Landrat Josef Niedermaier geschrieben. „Hier ist dringend die Politik gefordert, sich kurzfristig um Maßnahmen zu bemühen, um einen Verkehrsinfarkt – nicht nur bei uns, sondern auch in den vielen anderen Ausflugszielen – zu verhindern.“ Schandl hält sogar „Eintrittskarten“ in die Naherholungsgebiete für sinnvoll.

Letzteres mag eine Einzelmeinung sein. Doch auch der Kocheler Bürgermeister Thomas Holz ist über den Ansturm von Ausflüglern vornehmlich aus dem Münchner Großraum alarmiert. Am Kesselberg sei alles zugeparkt gewesen. „Den Berg rauf und Berg runter“ herrschte Dauerstau. Eine solche Verkehrssituation wie am Sonntag habe er „noch nie erlebt“, sagt auch der Bürgermeister von Jachenau, Klaus Rauchenberger. Wanderparkplätze, zum Beispiel am Jachenauer „Schützenhaus“, seien bereits um 9 Uhr voll gewesen. Auch Wiesen wurden als Parkplatz missbraucht, das zur Mahd bereite Gras niedergetrampelt worden. Rauchenberger hofft, dass es im Verlauf des Sommers nicht immer so schlimm sein wird – wenn die Grenze zu Österreich wieder offen ist, könne sich der Tagestourismus besser verteilen.

Corona in Bayern: Münchner sorgen für Chaos in den Bergen

Kochels Bürgermeister Thomas Holz indes hat gestern das bayerische Innenministerium in einem Schreiben zu mehr Personal für die Polizeistation Kochel oder zu Verstärkung durch die Bereitschaftspolizei aufgefordert. „Mit einer Streife allein ist das nicht abzudecken“, sagt er. Er hofft auch darauf, dass Verkehrsverstöße leichter und konsequenter geahndet werden – da sei der Zweckverband für die kommunale Verkehrsüberwachung gefordert.

Anwohner Hans Schandl ärgert sich derweil über die Doppelmoral mancher Wildparker. „Die Menschen unterschreiben zwar zu Hause gegen das Bienensterben und gehen für den Umweltschutz freitags auf die Straße. Sobald es aber um die persönliche Freiheit geht, ist alles vergessen und es geht nur noch um den eigenen Egoismus.“

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Am letzten Wochenende der Pfingstferien wächst die Sorge vor Ausflügler-Anstürmen in Oberbayern. Die Verantwortlichen richten einen Appell an Gäste - der gilt besonders in den Bergen gilt. Am ersten August-Wochenende war der Ansturm auf die Zugspitze bei Garmisch-Partenkirchen riesig. Touristen stürmten ohne Ausrüstung zum Gipfel. Die Behörden reagierten.

Eine Blechlawine Erholungssuchender verstopfte am Brückentag nach Fronleichnam die Straßen im Landkreis Miesbach - auch Busse kamen nicht mehr durch. Teilweise muss die Polizei eingreifen. Ausflügler-Chaos auch in Schliersee: Der Ort will nun gegen dreiste Falschparker vorgehen - auch Camper stehen in der Kritik.

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