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Es fährt wieder kein Zug nach Kochel: „Für uns der Wahnsinn“

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Von: Andreas Steppan

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Der Zugverkehr auf der Strecke der Kochelseebahn wird von März bis Dezember wieder stark eingeschränkt. arp/Archiv Harte Zeiten für Pendler und Schüler Staatsstraße 2063 in diesem Sommer ebenfalls dicht
Der Zugverkehr auf der Strecke der Kochelseebahn wird von März bis Dezember wieder stark eingeschränkt. © arp

Dem Loisachtal steht erneut ein Jahr mit langen Sperrungen auf der Strecke der Kochselseebahn bevor. Die betroffenen Gemeinden versuchen, sich vorzubereiten.

Kochel am See/Benediktbeuern/Bichl – Der vergangene Sommer im Loisachtal ist den Zugfahrern in leidvoller Erinnerung. Zwei Monate ging auf der Strecke zwischen Kochel und Seeshaupt nichts. Nun steht den Fahrgästen erneut ein schwieriges Jahr bevor. Die Deutsche Bahn hat angekündigt, dass zwischen Tutzing und Kochel von März bis Dezember die Oberleitung erneuert wird. Bei betroffenen Gemeinden und Institutionen entlang der Strecke versucht man, sich auf die Einschränkungen einzustellen.

Bahnsperrung Richtung Kochel: Schulklassen müssen kurzfristig auf Busse umsteigen

Seit Jahren bemühen wir uns, Schulklassen, die zu uns kommen, dazu zu bewegen, im Sinne der Nachhaltigkeit mit dem Zug anzureisen – und jetzt müssen wir ihnen sagen, dass gar kein Zug fährt.

Benedikt Hartmann, Zentrum für Umwelt und Kultur Benediktbeuern

Während mehrerer Zeitabschnitte gibt es in Richtung Loisachtal heuer Schienenersatzverkehr (SEV). „Für uns ist das der Wahnsinn“, sagt dazu Benedikt Hartmann, Leiter des Zentrums für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern. „Seit Jahren bemühen wir uns, Schulklassen, die zu uns kommen, dazu zu bewegen, im Sinne der Nachhaltigkeit mit dem Zug anzureisen – und jetzt müssen wir ihnen sagen, dass gar kein Zug fährt.“ Viele Schulen, zum Beispiel aus München oder bis aus Augsburg, die auf die Anreise per Zug gesetzt hätten, haben laut Hartmann nun Probleme, relativ kurzfristig noch eine Busfahrt zu buchen. „Im Landkreis haben wir super Busunternehmen, die uns da unter die Arme greifen, aber es ist viel Aufwand“, sagt Hartmann. Auch, dass manche Klassenfahrt ins ZUK ausfallen muss, stehe noch im Raum.

Für Tagestouristen, Besucher von Ausstellungen, Kulturveranstaltungen und Tagesangeboten der Bildungsstätten im Kloster werde die Anreise schwieriger. Im vergangenen Jahr habe sich die Streckensperrung auch wirtschaftlich niedergeschlagen.

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Gemeinde Kochel suchte das Gespräch mit der Deutschen Bahn

Nicht zuletzt denkt Hartmann an die rund 150 Mitarbeiter auf dem Klostergelände. „Etwa ein Drittel kommt mit der Bahn zur Arbeit“, sagt er. „Hoffen wir mal, dass es dieses Mal einen guten Schienenersatzverkehr gibt.“

Vor allem mit den Pendlern fühlt auch der Kochler Bürgermeister Thomas Holz. „Und für Schüler wird das ebenfalls eine harte Zeit“, stellt er fest. Dass es wieder so starke Einschränkungen gibt, sei insofern bedauerlich, als man sich ja politisch gerade stark bemühe, die Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen – Stichworte MVV-Erweiterung und 49-Euro-Ticket.

Die Gemeinde habe das Gespräch mit der Deutschen Bahn gesucht und angefragt, ob die Arbeiten und die damit verbundenen Sperrungen nicht auf die Nachtzeit beschränkt werden könnten. „Aber das scheint vom Bauablauf her nicht möglich zu sein.“ Nun bleibe nichts anderes, als sich möglichst gut vorzubereiten. „Wir haben alle Vermieter kontaktiert, damit sie die Information an ihre Gäste weitergeben können“, sagt Holz. Dass ein Urlauber wegen der Bahnprobleme auf den Aufenthalt in Kochel verzichtet, glaubt der Bürgermeister aber nicht. „Und es ist auf der anderen Seite ja auch erfreulich, dass die Deutsche Bahn auf der Strecke investiert. Die Oberleitungsmasten scheinen ja noch aus der Anfangszeit der Bahn vor 125 Jahren zu stammen.“

Schienenersatzverkehr rechtzeitig publik gemacht – im Gegensatz zum Vorjahr

„Wir müssen das Beste daraus machen“, ist auch das Motto von Sabine Rauscher, der Leiterin der Gäste-Info Benediktbeuern. Ein Fortschritt gegenüber dem „sehr schwierigen“ vergangenen Jahr sei, dass die Deutsche Bahn die Zeiträume der Streckensperrungen sowie die Fahrpläne und die Bushaltestellen für den Schienenersatzverkehr rechtzeitig publik gemacht habe. „So können wir den Gästen verbindliche Auskünfte gegen – anders als vergangenes Jahr, als wir sagen mussten: ,Eventuell steht ein Taxi am Bahnhof und vielleicht fährt ein Bus.‘ Da haben wir einigen Frust abbekommen.“

Für Verwirrung habe teils auch gesorgt, dass die Haltestellen des SEV in Benediktbeuern und Bichl an der Bundesstraße und damit ein gutes Stück vom jeweiligen Bahnhof entfernt liegen. „Aber wenn das alles im Vorfeld kommuniziert wird, wird sich das regeln und einspielen“, ist Rauscher überzeugt.

Gleichzeitig Sperrung der Straße zwischen Penzberg und Bichl

„Spannend“ werde allerdings die Konstellation, dass im Sommer gleichzeitig die Staatsstraße 2063 zwischen Penzberg und Bichl wegen des Neubaus der Loisachbrücke bei Rain zwei Monate gesperrt werde. „Ich weiß nicht, ob der Schienenersatzverkehr dann noch durchkommt oder über Sindelsdorf außenrum fahren muss“, sagt Rauscher.

Letztlich konstatiert aber auch sie: „Wenn jetzt nicht saniert wird, macht es die Sache nicht besser. Dann würden wieder Reparaturen kommen, die uns ohne Vorwarnung treffen.“

Die Sperrungen

Laut Ankündigung der Deutschen Bahn werden die Züge zwischen Tutzing und Kochel von 21. März bis 29. April sowie von 12. Juni bis 3. August und die Züge zwischen Penzberg und Kochel von 4. August bis 16. September sowie von 5. Oktober bis 10. Dezember durch Busse ersetzt.

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