Streit ums Kochler Verstärkeramt: „Architektonisches Juwel“ vor dem Abriss bewahren

Das Verstärkeramt in Kochel soll in die Denkmalliste aufgenommen werden. Das will der Weilheimer Architekt Heiko Folkerts mit einer Petition an den Bayerischen Landtag erreichen. Er setzt auf prominente Unterstützung, um das Haus vor dem Abriss zu retten.
Kochel am See – Heiko Folkerts ist überzeugt: Das Verstärkeramt am Ortseingang von Kochel darf nicht abgerissen werden. In der Petition schreibt der Architekt: Eine Unterschutzstellung sowohl aus finanzieller, wirtschaftlicher, städtebaulicher und kunsthistorischer Sicht ist für die Gemeinde Kochel dringend angeraten und aus denkmalspflegerischer Sicht, bei dieser Bedeutung und höchsten Qualität der Anlage, unumgänglich.“ Das Gebäude ist laut Folkerts „eines der schönsten Verstärkerämter der deutschen Postbaugeschichte und wichtiger Bestandteil der Münchner Postbauschule“. Deshalb müsse man es erhalten.
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Mitunterzeichner der Petition sind: Prof. Wolfgang Sonne von der TU Dortmund, Wolfgang Voit (Stellvertretender Direktor des Deutschen Architekturmuseums), die Privatdozenten Christoph Hölz (Forschungsinstitut der Uni Innsbruck) und Christian Fuhrmeister (Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München) sowie Helmut Keim, der frühere Direktor des Freilichtmuseums Glentleiten.
„Beispiel der bedeutenden Münchner Postbauschule von Robert Vorhölzer“
Folkerts geht in der Petition ausführlich auf die Geschichte des Bauwerks ein. Das Verstärkeramt an der Bahnhofstraße wurde 1927 erbaut. Es ist nach Folkerts Einschätzung „ein hervorragendes und sehr gut erhaltenes Beispiel der bedeutenden Münchner Postbauschule von Robert Vorhölzer“. Der ausführende Architekt Franz Holzhammer wurde 1930 von Vorhölzer zu seinem Nachfolger als Leiter des Baureferates der Oberpostdirektion München berufen. Folkerts bezeichnet Franz Holzhammer neben dessen Lehrmeister Vorhölzer als prägendste Figur der bedeutenden Münchner Postbauschule. Weitere beteiligte Architekten waren nach Unterlagen des Architekturmuseums der TU München die erste weibliche Regierungsbaumeitsterin und Architektin Hanna Löv, die wohl bei den Kraftwagenhallen beteiligt war, die eine große Hofanlage mit dem Verstärkeramt bilden.
„Ein architektonisches Juwel“
Das Kochler Verstärkeramt ist in den Augen von Bernhard Kellner ein „architektonisches Juwel“. Er hat 2011 in Pfaffenhofen ein Verstärkeramt gekauft, das ebenfalls von Holzhammer gebaut wurde. Das Haus sollte abgerissen werde. Inzwischen ist es renoviert, schreibt Kellner in einem Brief an den Kochler Bürgermeister und wirbt darin für den Erhalt es „ortsbildprägenden Gebäudes“.
Thomas Holz ist überrascht über die kürzlich eingereichte Petition. „Die kam aus heiterem Himmel“, so der Bürgermeister. Im Vorfeld habe niemand Kontakt mit ihm aufgenommen. Die Gemeinde habe sich schon vor dem Kauf der ersten Gebäude und ein weiteres Mal beim Erwerb des Gesamtareals über die denkmalpflegerische Seite erkundigt. Da es keine Vorbehalte gab, habe man die Pläne vorangetrieben. Wie mehrfach berichtet will Kochel auf dem Gelände insgesamt 21 Wohnungen errichten, davon 16 im Wohnungsbauförderprogramm. Geplant sind zudem Räume für die Jugend und für Vereine sowie für Obdachlose. Zudem soll auf dem Gelände der neue Bauhof errichtet werden. „Das Projekt steht im Allgemeininteresse“, sagt der Bürgermeister. Sollte das Verstärkeramt in die Denkmallliste eingetragen werden, „dann können wir das alles nicht verwirklichen“.
Holz betont, dass sich Kochel dem Denkmalschutz sehr wohl verpflichtet fühle. So habe man vor Jahren den Bahnhof gekauft und renoviert. Und nun nehme Kochel das Projekt Schusterhaus in Angriff. Dabei soll ein Heimatmuseum entstehen.