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Umstrittene Entenjagd im Loisach-Kochelsee-Moor

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Von: Christiane Mühlbauer

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So sieht das Entenfloß aus, auf dem Wasservögel angefüttert wurden, um sie dann zu schießen. Spaziergänger und Reiter in Furcht „Besucherlenkung unter solchen Umständen Farce“
So sieht das Entenfloß aus, auf dem Wasservögel angefüttert wurden, um sie dann zu schießen. Spaziergänger und Reiter in Furcht „Besucherlenkung unter solchen Umständen Farce“ © privat

In den vergangenen Tagen irritierten immer wieder Schüsse im Loisach-Kochelsee-Moor bei Brunnenbach die Besucher. Es handelte sich um eine legale Entenjagd. Das Vorgehen sorgt jedoch für Kritik bei Naturschützern.

Kochel am See – Zwischen dem Zweiten Weihnachtsfeiertag und dem 2. Januar habe es im Loisach-Kochelsee-Moor im Bereich Brunnenbach (Gemeinde Kochel) eine „intensive Jagdausübung“ gegeben, berichtet Friedl Krönauer, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz (BN), unserer Zeitung. Er sei von Einheimischen aus der Umgebung darauf aufmerksam gemacht worden. Unter anderem habe man am 26. Dezember zwischen 8 und 9.30 Uhr „über den gesamten Zeitraum Schüsse an der Loisach“ vernommen. Und am 2. Januar sei der Eindruck entstanden, jemand habe eineinhalb Stunden ein Gewehr eingeschossen – direkt an der Grenze zum Schutzgebiet und in der Nähe einer Futterstelle.

Auch andere Bürger berichteten unserer Zeitung von dem Eindruck, es hätten mehrere Tage lang „Schießübungen“ stattgefunden, ausgeübt von vermutlich mehreren Personen. Reiter hätten sich nicht mehr ins Moor getraut aus Furcht, die Pferde könnten durchgehen.

„Kein einziger Wasservogel zu sehen“

Friedl Krönauer war nach den Hinweisen längere Zeit im Moor unterwegs. „Mir fiel auf, dass zwischen dem Loisachauslauf am Kochelsee und dem Einlauf des Lainbachs kein einziger Wasservogel auf dem Fluss zu sehen war: keine Enten, keine Schwäne. Das ist zu dieser Jahreszeit äußerst ungewöhnlich“, sagt der BN-Kreisvorsitzende. Rund 800 Meter vor Brunnenbach habe er in der Loisach dann ein sogenanntes Entenfloß mit einer blauen Futtertonne entdeckt. Davon berichteten mittlerweile auch andere Leser dem Tölzer Kurier.

Ein Entenfloß ist unter Jägern nichts Ungewöhnliches. Die Tiere werden hier mit Futter angelockt (in der Fachsprache bezeichnet man das als „Kirren“), um sie dann zu schießen.

„Es ist davon auszugehen“, sagt Krönauer, „dass die verstärkte Jagdtätigkeit in diesem Bereich dazu führt, dass sämtliche Wasservogelarten dieses Gebiet meiden.“ Er hat mittlerweile die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt informiert. Dort war am Freitag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Stockenten dürfen bis 15. Januar bejagt werden

Der verantwortliche Jagdpächter in diesem Bereich möchte sich zu den Vorgängen nicht äußern.

Laut Wolfgang Morlang, Vorsitzender des Kreisjagdverbands, ist die Jagd auf Wasservögel wie Stockenten noch bis zum 15. Januar legal. „Ich wüsste nicht, dass in diesem Gebiet eine Jagdruhe herrscht“, sagt der Lenggrieser. Solange es ein bejagbares Gebiet sei, dürfe man dieses Recht auch ausüben. Ein Entenfloß zu bauen, sei ein normaler Vorgang. Enten, so Morlang weiter, würden in der Regel für den Eigengebrauch, sprich fürs Essen, geschossen. Freilich müsse sich ein Jäger aber auch seiner Verantwortung bewusst sein.

BN: Jäger handelten „wenig reflektiert“

Dass die Jagd auf Wasservögel derzeit erlaubt und ein Entenfloß legal ist, weiß auch Krönauer. „Es stellt sich jedoch die Frage, ob alles, was legal ist, auch als legitim angesehen kann“, sagt der BN-Kreisvorsitzende. Es gehe ihm keinesfalls darum, die Jägerschaft „in Bausch und Bogen zu verdammen“. Seiner Ansicht nach wurde in den vergangenen Tagen „wenig reflektiert gehandelt“: „Erfahrene Jäger verhalten sich verantwortungsbewusst, noch dazu in der Nähe von Wanderwegen“, sagt Krönauer.

Auch während der Wintermonate sei das Moor ein Rückzugsgebiet für zahlreiche Wasservögel, etwa aus nordeuropäischen Gebieten und aus der Arktis. Krönauer verweist auf die laufende Landkreis-Kampagne „Naturschutz beginnt mit dir“: „Wenn dann eine privilegierte Gruppe macht, was sie will, und keine Rücksicht auf den Schutz anderer nimmt, dann läuft was falsch.“ Es sei zudem eine „Farce“, unter diesen Umständen eine Besucherlenkung zum Schutz der überwinternden Vogelarten zu machen, wenn es gleichzeitig solche Beobachtungen gebe.

LBV will mehr Schutz in Feuchtgebieten

Der BN-Chef unterstützt die Forderung des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), in Feuchtgebieten mit großer Bedeutung auf die Wasservogeljagd zu verzichten. Beobachtungen in anderen Region hätten gezeigt, dass sich in solchen Bereichen die Artenvielfalt erhöhe und Bestandsschwankungen reduzierten. Es sei, so Krönauer, wenigstens zu hoffen, dass der oder die Jäger kein bleihaltiges Schrot verwendet hätten. Falls doch, dann sei das zudem noch eine Gefahr für Greifvögel, die sich über tote Wasservögel hermachen würden: „An Bleischrot verenden die geschützten Greifvögel jämmerlich.“

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