Fahrt im Polarexpress: Ehepaar aus Oberbayern reist zum nördlichsten Bahnhof der Welt

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum nördlichsten Bahnhof der Welt in Norwegen: Diese Reise haben Eva und Andreas Pehl vor Kurzem unternommen. Der Versuch ist geglückt – und die beiden schwärmen von einer beeindruckenden Fahrt im Polarexpress.
Lenggries – Der nördlichste Bahnhof Europas mit Normalspuranbindung liegt in Narvik in Norwegen. Erreichbar ist die Stadt auf diesem Wege allerdings nur mit dem Polarexpress über Schweden, weil in Norwegen das durchgehende Eisenbahnnetz bereits weiter südlich endet.
Lenggrieser Ehepaar wagt Selbstversuch mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Während viele Menschen für Reisen nach Nordskandinavien am liebsten ins Flugzeug steigen, wollten BR-Journalist Andreas Pehl und seine Frau Eva mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen Selbstversuch wagen – und darüber auch berichten. Mit vielen schönen Eindrücken sind die beiden nun wieder in der Heimat.

Kilometer für Kilometer die Veränderung der Landschaft erleben
„Klimaschutz ist uns wichtig“, sagt Eva Pehl, wenn sie über die Motivation spricht, warum sie ausgerechnet öffentliche Verkehrsmittel wählten. Für ihren Mann war diese Tour eine der sensationellsten überhaupt. „Es ist einfach etwas ganz anderes, wenn man Kilometer für Kilometer die Veränderung der Landschaft erlebt, anstatt in München ins Flugzeug nach Tromsø zu steigen“, erklärt Andreas Pehl.
Wer durchfährt, braucht 2 Tage von Lenggries nach Narvik
Die beiden reisten mit einem Interrail-Ticket. Die Pehls gönnten sich ein Ticket erster Klasse, das für fünf Tage pro Person 376 Euro kostet. Der Clou ist: Die fünf Tage beziehen sich auf die reinen Fahrtage. Man kann zwischendurch also Pausen machen für Stadtbesichtigungen. Das taten die Pehls auch, unter anderem in Schwedens Hauptstadt Stockholm. „Wer aber durchfahren möchte, kann mit dem Zug in zwei Tagen von Lenggries über Hamburg und Stockholm mit dem Polarexpress in Narvik sein“, sagt Andreas Pehl.
Nachfrage beim Polarexpress ist groß
Der Polarexpress fährt nur nachts. 20 Stunden dauert die Fahrt von Stockholm bis Narvik. „Der Schlafwagen mit Waschbecken war sehr gepflegt“, berichtet Eva Pehl. Auch Dusche und Toilette auf dem Gang seien in einem sehr guten Zustand gewesen. „Man sollte die Reise aber früh planen, denn die Nachfrage ist groß.“ Kein Wunder, denn ein bisschen abenteuerlich ist die Reise im Winter schon.
„Es ist nicht immer garantiert, dass es der Zug im Winter aufgrund der Wetterbedingungen ohne Probleme bis Narvik schafft“, sagt Eva Pehl. Je weiter sie gen Norden fuhren, desto widriger wurde auch bei ihnen das Winterwetter. Deshalb mussten alle Passagiere im Bahnhof einer Kleinstadt morgens um 5.30 Uhr ausnahmsweise vom Schlafwagen in die Sitzwagen umsteigen. So sind die Passagiere im Notfall leichter zu evakuieren.
Durch starken Sturm und viel Schnee schaffte es der Polarexpress aber dann trotzdem bis nach Narvik. „Das Personal an Bord war sehr hilfsbereit, das Essen prima“, sagt Eva Pehl voll des Lobes über die schwedische Eisenbahngesellschaft.
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Ein Wintersturm wirbelte die Reisepläne der Pehls durcheinander
Um eine Rundreise zu machen, wollten die Pehls von Narvik aus auf norwegischer Seite zurückreisen. Der nächste Bahnhof mit Normalspuranbindung liegt von Narvik aus allerdings rund 300 Kilometer weiter südlich in Bodø – und dahin gelangt man nur per Bus. Ein Wintersturm wirbelte dann die Reisepläne der Pehls aber buchstäblich durcheinander, und Flexibilität war gefragt. Schließlich war der Bus auch auf eine Fährverbindung angewiesen. Von Bodø ging es dann über Trondheim Richtung Oslo.
Auch auf dieser Verbindung klappte nicht alles wie am Schnürchen, die Lok war kaputt und das Wetter schlecht. So wurde aus einer erhofften Fahrt am Tag – weil die Gegend dort sehr schön ist – doch eine Nachtfahrt. „Zur Sicherheit fährt im Winter hinter der Lokomotive immer noch ein großer Generator mit, damit es im Zug warm bleibt, falls die Lok schlapp macht oder man mitten im unwegsamen Gelände wegen Lawinen oder Muren liegen bleibt“, berichtet Andreas Pehl.
Reise „wird noch lange nachklingen“
Von Oslo ging es dann mit der Fähre nach Kiel und von dort mit dem Zug zurück nach Lenggries. Elf Tage waren die beiden unterwegs und haben dabei über 6000 Kilometer zurückgelegt. Andreas Pehl wird demnächst in der Reihe „RadioReisen“ im BR darüber berichten. Unterwegs führte er einige Interviews. Trotz einiger Widrigkeiten ist das Ehepaar begeistert.
„Es war eine Reise, die nicht nur bei der CO2-Bilanz relativ nachhaltig war. Sie wird noch lange nachklingen“, sagt Eva Pehl. Wenn der Zug den Polarkreis passiere, fahre er langsamer und es ertönt ein Hinweis. Das Ehepaar war angetan von den gepflegten Zügen, nettem Personal und guter Verpflegung an Bord – typisch skandinavisch gab’s unter anderem Zimtschnecken und Elchburger.
Schon von zu Hause aus könne man sowohl in Schweden als auch in Norwegen vieles online vorab buchen, berichten die Pehls. Nur eines klappte wider Erwarten nicht: Die Buchung des Zugtickets von Trondheim nach Oslo. „Aber hier konnte uns tatsächlich am Bahnhof in Lenggries geholfen werden“, sagt Andreas Pehl lächelnd.
Bericht im Radio: In der BR-Sendung „Reisegeschichten aus dem Nachtzug“ von Andreas Pehl geht es um den Polarexpress und Interrail. Die Sendung in der Reihe „RadioReisen“ wird am Sonntag, 5. März, um 13.05 Uhr im Programm Bayern 2 ausgestrahlt und ist als Podcast verfügbar.
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