Häsin „174“ ist ein echtes Prachtstück

Seine Tiere sehen aus wie aus dem Bilderbuch. Damit hat es Sebastian Exinger aus Lenggries vor Kurzem zum Titel des Deutschen Vizemeisters gebracht. Der 19-Jährige steckt viel Leidenschaft in ein Hobby, das mittlerweile seltener und – zu Unrecht – manchmal belächelt wird: das Kaninchenzüchten.
Lenggries – Die Häsin mit der ins Ohr tätowierten Nummer „174“ ist ein wahres Prachtstück. Bei ihr stimmt alles: Das seidige, fahlrote Deckhaar, die wohlproportionierten Ohren, die elegant geschwungene Körperform, der straffe Stand. Laien würden sagen, es sei ein Kaninchen wie aus dem Bilderbuch. Experten haben gesagt, dass die Häsin eine Spitzenpunktzahl von 97,5 wert ist – theoretisch wären 100 möglich, die aber nie erreicht wurden. Mit diesem Top-Ergebnis hat das Tier maßgeblich dazu beigetragen, dass seinem Züchter, Sebastian Exinger aus Lenggries, ein außergewöhnlicher Erfolg gelungen ist: Bei der Bundesschau in Leipzig errang er den Titel des Deutschen Vizemeisters.
„Ich konnte es erst gar nicht glauben, als ich die Ergebnisliste im Internet gelesen habe“, sagt der junge Zimmerer. Züchterkollegen hatten Exingers Tiere mit zur Bewertung nach Leipzig genommen. Der Lenggrieser reiste erst zum letzten Tag der großen Kaninchenschau an, bei der 26 468 Tiere aller Rassen und Farben präsentiert wurden. Um Mitternacht fuhr der Lenggrieser los, um 4 Uhr morgens war er dort. Dann hieß es erst einmal drei Stunden Schlange gehen, um Tiere zu kaufen – „zur Blutauffrischung“, wie Exinger sagt. Selbst verkaufte er einen Rammler nach Slowenien und eine Häsin nach Baden-Württemberg.
Von Deutschen Riesen auf Burgunder umgestiegen
Am Tag vorher waren die Resultate der Deutschen Meisterschaft veröffentlicht worden – und die machen nicht nur Exinger stolz, sondern auch den Kaninchenzuchtverein Hausham, dem er angehört.
Vielen mag es ungewöhnlich erscheinen, dass ein 19-Jähriger das seltener werdende Hobby Kaninchenzüchten pflegt, mancher mag es sogar belächeln. Das aber tut der Begeisterung, mit der Sebastian Exinger bei der Sache ist, keinen Abbruch. Mit zwölf Jahren hatte er zum ersten Mal zwei Hasen, „keine Rassetiere, sondern normale Stallhasen“, wie er sich erinnert. Später züchtete er die größte Kaninchenrasse, den Deutschen Riesen, der bis zu acht Kilogramm auf die Waage bringt. Erst vor zwei Jahren stieg er auf die weniger empfindlichen und weniger kostspieligen, aber sehr schön anzuschauenden Burgunderkaninchen um.
Die Tier- und Naturliebe des 19-Jährigen gilt aber nicht allein den Kaninchen. Außerdem züchtet er braune Bergschafe, hat Gänse und Hennen, ist Imker und bereitet sich auf die Jägerprüfung vor.
Im Verschlag mit den Kaninchen neben dem Haus der Familie an den Rieschenhöfen leben derzeit vier Zuchthäsinnen und zwei Rammler in Ställen, die Exinger gebaut hat. Hier läuft den ganzen Tag leise Musik aus dem Radio. Die Geräuschkulisse soll die Kaninchen darauf vorbereiten, auf einer Ausstellung die Nerven zu bewahren.
An manchen Türen von drei Häsinnen kleben Streifen mit Aufschriften wie „11.12.“ oder „23.12.“. „Das sind die Deckdaten“, erklärt der Züchter. Folgerichtig ist damit zu rechnen, dass diese Häsinnen 31 Tage später Junge bekommen. Ob es pro Häsin drei sind oder im Extremfall bis zu zwölf – der Halter muss sich überraschen lassen. Am Tag vor der Niederkunft werden die Häsinnen in einer Ecke ihres Stalls ein Nest bauen, in die sie dann die nackten und blinden Jungen hineinlegen, um sie mit ausgerupften Fellhaaren zuzudecken. „Gute Muttereigenschaften“ sind dem Züchter besonders wichtig. 20 bis 25 Jungtiere wachsen so pro Jahr bei Exinger heran. Nach fünf bis sechs Monaten muss er entscheiden, welche Kaninchen er behält, welche er verkauft – oder auch, welche geschlachtet werden.
Das große Ziel: Europaschau 2021 in Österreich
Vor allem aber sieht er seine Aufgabe darin, dass es den Tieren möglichst gut geht. Sie haben ständig frisches Heu und erhalten ihre Leibspeisen: ganz klassisch gelbe Rüben, außerdem Weißkohl, besonders gerne auch mal Fenchel, dazu Sonneblumenkerne für ein glänzendes Fell, ein Spezial-Kraftfutter mit Kräutern und Mineralien und im Sommer frisches Gras im Freigehege.
„Genau abgestimmte Fütterung“ und „gezielte Verpaarung“: Das sind laut Exinger Bausteine für den Züchtererfolg. Auf den Schauen werden Kriterien wie Gewicht, Körper- und Kopfform, Ohrenlänge (idealerweise 13,5 bis 14,5 Zentimeter), Deck-, Unter- und Krallenfarbe bewertet. Es werden je vier Tiere präsentiert. Die von Exinger brachten es in Leipzig zusammen auf 387 Punkte.
Die nächsten Ziele hat der 19-Jährige vor Augen: die Landesschau im Dezember in Ulm, im Februar 2019 die Bundesrammlerschau in Halle/Saale. Die lange Fahrt zur nächsten Europaschau in Dänemark ist ihm zu weit, doch bei der folgenden „EM“ 2021 im oberösterreichischen Wels, da wird er sicher vertreten sein. „Da wird dann richtig was geboten sein.“