Viel Rückenwind im Kampf ums Kloster Reutberg

Von dieser Veranstaltung ging ein Signal aus: Die Stühle im Saal reichten nicht aus, als rund 250 Interessierte zu einem Infoabend zur Zukunft des Klosters Reutberg strömten. Die „Sachsenkamer Gruppe“, die sich für den Erhalt einsetzt, baut jetzt auf Aktionen nach dem Vorbild Schlehdorfs, wo man dem Ordinariat auch schon einmal die Stirn bot.
Sachsenkam – Viel Applaus erntete die „Sachsenkamer Gruppe“ am Sonntagabend – und es ging immer wieder ein Raunen durch den übervollen „Altwirt“-Saal, wenn die Redner das Verhalten des Ordinariats in Sachen Zukunft des Klosters Reutberg aus ihrer Sicht darstellten. 250 Interessierte waren der Einladung der Sechser-Gruppe, die sich für den Erhalt des Konvents einsetzt, gefolgt. Den Tenor des Abends formulierte Helmut Rührmair vom Verein „Freunde des Klosters Reutberg“: „Wir sollten als Christen aufstehen. Ich appelliere an Sie, das mit uns gemeinsam zu tun!“
Aus den Zuschauerreihen kamen immer wieder Ideen, wie sich die Gläubigen vor Ort gegen die drohende Auflösung des Klosters stemmen könnten. „Was, wenn wir alle aus der Kirche austreten?“, hieß es da – oder zumindest keine Kirchensteuer mehr zahlen. Andere setzten auf das tägliche Gebet. Aber auch von Mahnwachen war die Rede, konzertierten Briefen ans Ordinariat und die Medien, gemeinsamen Fahrten zum Ordinariat nach München und öffentlichkeitswirksamem Rosenkranz-Beten. Am Ende trugen sich viele in Listen ein, um für Aktionen kontaktierbar zu sein.
Auch wenn es das Ordinariat anders sieht – die „Sachsenkamer Gruppe“ ist überzeugt, dass das Reutberger Konvent noch eine Chance hat. Die Begründung, „dass ein Kloster mit nur noch zwei Schwestern eben nicht zu halten ist“ und es keinen Nachwuchs gebe, hinterfragte Helmut Rührmair. Seit 2012 hätten sich sechs geeignete Frauen für einen Eintritt ins Kloster interessiert. Fünf davon hätten sich inzwischen anderweitig orientiert, die sechste habe vom Prälat Lorenz Kastenhofer Hausverbot bekommen.
Die „Sachsenkamer Gruppe“ stellte ein Kompromissangebot ans Ordinariat vor, das, so Ulrich Rührmair vom Pfarrgemeinderat, dem jetzigen Konvent „eine faire Chance“ geben soll. Konkret seien die Salzburger Kapuzinerinnen bereit, drei Gastschwestern an den Reutberg zu entsenden, das Kloster Bethlehem in Koblenz eine, zudem verspüre weiterhin eine Kandidatin eine „Berufung an den Reutberg“. Nach zehn bis 15 Jahren könne man Bilanz ziehen. „Wenn das Kloster bis dann nicht in Schwung gekommen ist, bleibt tatsächlich nur die Auflösung.“ Die vom Ordinariat vorgesehene Ansiedlung einer Priestergemeinschaft solle parallel zum bestehenden Konvent erfolgen. „Reutberg ist groß genug.“
Das Ordinariat jedoch sieht in der Ansiedlung anderer Ordensgemeinschaften am Reutberg keine Option. Pressesprecherin Bettina Göbner erklärt auf Anfrage: „Bemühungen, den Konvent auf dem Reutberg durch neue Schwestern zu retten, kommen mehrere Jahrzehnte zu spät.“ Und die Ausbildung von Novizinnen in einer „sterbenden Gemeinschaft“ sei letztlich unrealistisch.
Der Sachsenkamer Vorschlag sieht zudem vor, dass Spiritual Josef Beheim am Reutberg bleiben kann, „bis er ihn aus freien Stücken verlässt“, so Ulrich Rührmair. Wie berichtet, war der Seelsorger vom Ordinariat eigentlich zum 31. Mai abberufen worden. Daran übte Gerald Ohlbaum, Vorsitzender der „Freunde des Klosters“, noch einmal scharfe Kritik: „Wir sind über dieses rücksichtslose Vorgehen zutiefst erschüttert“, sagte er. Er wertete Beheims Entpflichtung als „reine Machtdemonstration des Ordinariats“, die ihn und seine Mitstreiter „sehr zornig“ mache. Laut Bettina Göbner ist die Priesterpersonalabteilung des Ordinariats aktuell im Gespräch mit Beheim.
Insgesamt aber sieht das Ordinariat im Sachsenkamer Angebot keine neue Perspektive. Göbner: „Der sogenannte Kompromissvorschlag wiederholt lediglich die bekannte Position der Sachsenkamer Gruppe.“

Als Beispiel für den Widerstand gegen die Linie des Ordinariats dient den Sachsenkamern nun der Schlehdorfer Kampf um den Erhalt der dortigen Mädchenrealschule. In den „Altwirt“ hatte man daher auch die damalige Elternbeiratsvorsitzende Heidi Hofmann als Rednerin eingeladen. „Wenn Ihr das Kloster erhalten wollt, geht das nur, wenn Ihr alle zusammenhaltet“, sagte sie. „Dabei geht es nicht darum, Stunk zu machen, sondern mit Nächstenliebe und Respekt um das zu kämpfen, was man hat.“
Von aus ihrer Sicht negativen Erfahrungen mit dem Ordinariat berichtete Claudia Schwarz, ehemalige Postulantin im inzwischen aufgelösten Kloster Altomünster. Über den Zulauf bei der Versammlung in Sachsenkam freute sie sich: „Der Herrgott lässt so etwas nicht unbelohnt.“
Und wie bewertet das Ordinariat die Solidaritätswelle? „Die positive Identifikation der Gläubigen aus der Region mit dem Kloster Reutberg zeigt, welch eine segensreiche Rolle Klöster über Jahrhunderte in Altbayern gespielt haben und teilweise auch heute noch spielen können“, erklärt Bettina Göbner. „Leider ist es ein Zeichen unserer Zeit, dass die Ordensberufungen seit Jahrzehnten in dramatischem Ausmaß zurückgehen. Der Schmerz um diese Entwicklung verbindet uns als Erzbistum mit allen katholischen Christen.“
Zuletzt hat das Ordinariat die jüngere der verbliebenen Schwestern „gebeten, mitzuteilen, ob sie in eine andere Gemeinschaft übertritt, wenn ja, in welche, oder ob sie aus ihrem Orden austritt“, wie Göbner auf Anfrage bestätigt. „Für die beiden älteren, über 90-jährigen Schwestern übernimmt die Erzdiözese die Sorge.“ Eine dieser Schwestern lebt seit Jahren im Seniorenheim der Barmherzigen Schwestern in Adelholzen.
Ohlbaum bezeichnet diesen jüngsten Vorgang als „Ultimatum“ und sagte in der Versammlung: „Mir kommt das vor wie eine Vertreibung.“ Göbner erklärt: „Die Erzdiözese hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass die beiden Franziskanerinnen weiterhin auf dem Reutberg leben, und wäre auch bereit gewesen, sich bei der vatikanischen Religiosenkongregation dafür einzusetzen. Verbunden wäre damit gewesen, dass sich die Franziskanerinnen einer Oberin eines anderen Frauenordens zuordnen lassen.“ Dies habe die jüngere Schwester aber „vehement“ abgelehnt.