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Vom Lebenslauf der Lämmer: Ein Besuch bei einem Wackersberger Schafhalter

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Von: Andreas Steppan

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Mit viel Liebe züchtet Agilolf Perras Walliser Bergschafe. Das Tier im Vordergrund wurde im November geboren. Bis zum Alter von zwölf Monaten spricht man von Lämmern. © Krinner

Das Lamm zählt zu den wichtigsten Symbolen des Osterfestes. Wie das Leben eines realen Lamms im Idealfall aussehen kann, davon vermittelt ein Besuch auf dem Hof von Agilolf Perras in Wackersberg-Prösteln einen Eindruck.

WackersbergKnapp 30 Lämmer kommen bei dem Wackersberger Schafhalter Agilolf Perras jedes Jahr zur Welt. Der 28-Jährige bezeichnet sich selbst als „modernen Landwirt“ – was bereits verrät, dass bei ihm manches etwas anders ist als bei den meisten Schafhaltern. Perras konzentriert sich auf eine besondere Rasse, das Walliser Bergschaf. Während viele Schafzüchter ihr Geld mit dem Fleisch verdienen, geht es Perras in erster Linie um die Wolle. „Ich arbeite mit den letzten Wollfirmen Bayerns und Tirols zusammen, die noch die alte Handwerkskunst pflegen“, sagt er.

Vom Walliser Bergschaf gibt es nach letzten Zählungen weltweit nur mehr 800 bis 1000 Tiere, zumeist in der Schweiz, aktuell 52 bei Perras. „Ich bin derzeit der einzige Züchter in Bayern, ich weiß nicht, ob es noch andere in Deutschland gibt.“

Vor fünf Jahren gründete er die Firma Lolfinger. In Prösteln hat er auch einen Hofladen eingerichtet, mit vielen mittlerweile über 50 Schafsprodukten vom Lammfell-Schlafsack bis zur Schafsmilchseife.

Als Züchter richtet er es so ein, dass die Lämmer im Herbst und frühen Winter auf die Welt kommen. „Das hat den Vorteil, dass sie ihre ersten Lebensmonate im Schutz des Stalles verbringen. Schafe seien fünf Monate trächtig. Die Geburt eines Lamms verlaufe zumeist problemlos. „Man kommt auf die Weide oder in den Stall, und das Lamm ist einfach da“, sagt Perras. „Es ist selten, dass der Tierarzt dabei sein muss.“

Nur jedes fünfte „Flaschen-Lämmchen“ überlebt

Bei der Geburt sei ein Lamm 800 bis 1000 Gramm schwer. Die Mutter säubert das Neugeborene und schleckt es trocken. „Innerhalb der ersten drei Stunden wird das Lamm aufstehen und zum ersten Mal versuchen zu trinken“, erklärt der Landwirt. „Wenn es nicht auf Anhieb funktioniert, muss man manchmal etwas helfen.“ Bei etwa 20 Lämmern habe er in seinem Leben versucht, sie mit der Hand aufzuziehen, weil sie zu schwach waren. „Sehr zeitintensiv“ sei das, sagt Perras. Das Lämmchen wolle alle drei Stunden trinken – rund um die Uhr. Nur jedes fünfte dieser „Flaschen-Lämmchen“ habe überlebt. Auch anderweitig fordere der Zyklus der Natur immer wieder Tribut. Es komme vor, dass ein schwaches Lamm den Anschluss zur Herde verliere. Es wird dann zum gefundenen Fressen für Raben oder Füchse.

In der Sicherheit des Stalls wiederum ist es laut Perras wichtig, dass es genug Platz gibt, kein Futterneid entsteht und die Lämmer nicht totgetrampelt werden. Es gebe einen eigenen „Lämmerschlupf“ – ein kleines Loch in der Wand, durch das nur die Lämmer passen. So gelangen sie zu frischem Heu, zu Lämmerkorn und zu Wasser auf Bodenhöhe.

Für ihn persönlich sei es dann ein „Highlight“ mitzuerleben, wie die Lämmer im Frühjahr „die Welt draußen entdecken“. Es sei schön mitanzusehen, „wie 25 Lämmer in der Gruppe spielen, um die Wette rennen, die Hinterfüße hochwerfen und mit dem Schwanz wedeln – ein Zeichen absoluter Freude.“ In der Herde würden die Lämmer alles lernen, was sie fürs Leben brauchen. Ihm sei wichtig, „dass die Tiere Freiheit haben“. Das ist auf dem weitläufigen Areal um den Hof garantiert.

„Das ganze Tier ist edel“

Mit ungefähr drei bis vier Monaten werden die Bocklämmer von der Herde getrennt, da sie dann bereits geschlechtsreif werden. Inzucht soll aber genauso vermieden werden wie dass die weiblichen Schafe trächtig werden, bevor sie selbst voll entwickelt sind. Erst mit zwei Jahren seien sie soweit, selbst Mutter zu werden, erläutert Perras.

Dieses Alter erreichen die männlichen Tiere nicht. „Es darf nur einen Hauptbock geben“, sagt der Züchter. Die anderen Böcke werden geschlachtet, wenn sie acht bis zwölf Monate alt sind. Die weiblichen Schafe hingegen dürfen bei ihm weiterleben, bis sie eines natürlichen Todes sterben. „Das ist zwar nicht wirtschaftlich, aber es geht mir um den Respekt“, sagt der Wackersberger.

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Eine Frage des Respekts ist es für den 28-Jährigen auch, dass das äußerst gesunde Lammfleisch wertgeschätzt wird – und zwar das gesamte Fleisch. „Das ganze Tier ist edel, nicht nur die Edelstücke.“ Zusammen mit der Lenggrieser Metzgerei Weber hat Perras einen „Schafburger“ entwickelt, der neben Filet auch Bauchlappen beinhaltet. Allgemein wünscht sich Perras, dass die Menschen sich stärker auf regionales Lammfleisch besinnen. „Dank unserer guten Wiesen in der Gegend haben wir hier eine sehr gute Qualität.“

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