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Coronavirus: Jung und trotzdem gefährdet - Natalie H. gehört zur Risikogruppe

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Von: Christiane Breitenberger

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Liebt es in der Natur zu sein: Natalie H. hier mit ihrer Hündin Hanna beim Wandern. Wegen ihrer Autoimmunerkrankung ist das Coronavirus besonders gefährlich für sie. © privat

Natalie H. ist jung, sieht gesund aus, doch: Sie gehört zur Risikogruppe. Die Gruppe, die im Bezug auf die Corona-Pandemie besonders geschützt werden muss.

Dachau - Wenn Natalie H. ganz oben auf dem Gipfel steht, das Tal und andere Berge unter sich, fühlt sie sich frei. Ganz klein und ganz groß und alles zur selben Zeit. Vor allem aber fühlt sie sich dann glücklich. Normal. So wie die meisten anderen auch. Natalie H. gehört zur so genannten Risikogruppe. Das Wort, dass im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie immer wieder auftaucht.

Risikogruppe bedeutet laut Robert Koch Institut (RKI) Personen, die nach bisherigen Erkenntnissen ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Zu ihnen zählen Ältere – das Risiko steigt ab 50 bis 60 Jahren mit dem Alter zunehmend an und Menschen mit Vorerkrankungen sind laut RKI ebenso gefährdet wie Menschen mit unterdrücktem Immunsystem.

Corona-Risikogruppen: Natalie H. leidet an Lupus Erythematodes

Natalie H. aus dem Landkreis Dachau ist nicht alt, wirkt nicht krank, nicht gebrechlich. Doch das Coronavirus ist höchstgefährlich für sie. Natalie ist erst 40 Jahre alt. Seit 27 Jahren leidet sie an der Autoimmunerkrankung Lupus Erythematodes – eine chronische entzündliche Autoimmunerkrankung des Bindegewebes, bei der Gelenke, Nieren, Haut, Schleimhäute und Wände der Blutgefäße betroffen sein können.

Bisher wissen nur sehr wenige Menschen, dass Natalie H. krank ist. Das hat sie bisher immer für sich behalten – wollte kein Mitleid, will nicht, dass Menschen sie deshalb anders behandeln, anders sehen. Die meisten kennen sie nur als reiselustige, fröhliche Hundenärrin, die sich ehrenamtlich beim BRK engagiert.

Viele Corona-Risikopatienten sehen häufig gesund aus

Natalie H. sieht gesund aus „wie ganz viele Menschen, die zur Risikogruppe gehören“, weiß sie. Deswegen will sie, dass der Begriff weniger abstrakt ist, will ihm „ein Gesicht geben“. Die jetzige Situation ist für chronisch Kranke besonders hart, weiß Natalie. „Ich bin seit Tagen nur zuhause, meide alle sozialen Kontakte – auch zu meiner Familie, die ich über alles liebe und vermisse... aber es hilft nichts.“

Natalie H. fühlt sich hilflos. Deswegen will sie jetzt etwas dazu beitragen, dass Menschen verstehen, warum es so wichtig ist, sich jetzt zurückzunehmen und einzuschränken. Sie kann einfach nicht verstehen, wie es grade in der jetzigen Zeit Menschen geben kann, die einfach keine Rücksicht nehmen. Wie die beiden Männer, als Natalie H. neulich mit ihrem Hund beim Gassigehen war. Anstatt ihr aus dem Weg zu gehen, „kamen sie noch extra auf meinen Gehweg und haben mich dann absichtlich beim vorbeigehen am Arm gestreift“.

Corona-Risikopatienten: Infektion kann fatal enden

Was für manche wie ein schlechter Scherz wirkt, kann für Natalie H. bei einer Infektion fatal enden. Denkt sie noch an die vielen, die Hamsterkäufe tätigen und beim Einkaufen keine Rücksicht nehmen, wird ihr schlecht. „Ich will jetzt einfach für all diejenigen sprechen, denen es körperlich oder psychisch nicht gut genug geht.“ Die 40-Jährige appelliert wirklich an alle: „Wir gehören doch alle zusammen. Wir müssen jetzt alle bewusster leben. Uns alle für die anderen zurücknehmen. Jeder einzelne muss sein Ego runterschrauben, sich einfach mal auf das Nötigste besinnen. Dann schaffen wir das auch!“ Helden sind für sie unter anderem Ärzte, Rettungsdienste, Verkäufer und Lkw-Fahrer. „Die sind alle für uns da, wir müssen ihnen auch etwas zurückgeben und aufeinander Rücksicht nehmen!“

Natalie war als junges Mädchen und junge Frau so lange in Krankenhäusern, umso stärker ist jetzt ihre Lebensfreude, ihr Drang, die Welt zu sehen, ihr Drang, Dinge positiv zu sehen. Mit 18 lag sie nach einem Krankheitsschub zwei Wochen im künstlichen Koma, musste anschließend alles neu lernen. Natalie weiß, wie lebenswichtig es ist, auf sich zu achten. Trotzdem hat sich immer auch Andere im Blick. Sie engagiert sich seit zwei Jahren ehrenamtlich beim BRK, ist für den Rettungsdienst unterwegs. „Es gibt mir einfach so viel, wenn ich anderen Menschen helfen kann. Wenn ich ihnen beistehen kann.“ Auch wenn diese Situationen gefährlich für sie sein können. „Ich kann niemanden mit meiner Krankheit anstecken. Das ist umgekehrt nicht so. Aber ich liebe es nun mal, zu helfen.“

Corona-Risikopatientin Natalie H. versucht trotz Krise positiv zu bleiben

Natalie H. muss ständig Medikamente nehmen. Ein Teil ihrer Basismedikation ist Hydroxychloroquin. Ein Medikament, das möglicherweise für die Therapie für die Covid-19 bedingte Lungenentzündung eingesetzt werden kann. „Ich wünsche mir so sehr, dass den Patienten damit geholfen werden kann. Ich würde sofort meine Dosis teilen, wenn ich damit jetzt helfen könnte.“ Trotzdem hat Natalie H. auch Angst. „Ich mache mir auch Sorgen, ob es mit dem Medikament langfristig zu Engpässen in der Versorgung kommen könnte.“ Trotzdem überwiegen für sie immer die positiven Gedanken. Sie versucht, stets stark zu sein – auch für die, die sich um sie sorgen. „Ich versuche, auch jetzt immer schöne Dinge zu sehen – zum Beispiel, dass sich die Natur gerade wieder etwas erholen kann.“ Natalie H. liebt es, draußen zu sein, liebt die Berge, das Reisen und mit ihrer treuen Gefährtin, der braunen Labradorhündin Hannah die Welt zu entdecken.

Natalie H. feierte im Dezember ihren 40. Geburtstag. Von ihren Freunden wünschte sie sich Geld für eine Rucksacktour durch Schottland. Darauf freut sie sich nach der Krise am meisten. „Ich will wieder reisen, Berge besteigen, die Natur genießen und irgendwann wieder im Rettungsdienst arbeiten!“

Alle Entwicklungen rund um Corona im Landkreis Dachau finden Sie in unserem Live-Ticker. 

cb

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