Dachauer (77) im eigenen Haus misshandelt: „Money, money“, schrie der nur!“

„Money, money, schrie der nur!“, schrecklich war der Raubüberfall in seinem eigenen Haus für Dr. Wolfgang R. - nun erzählt er davon.
Dachau/München – Jahrelang war Dr. Wolfgang R. (77) psychiatrischer Gutachter. Zu Gericht ging er besonders gerne. Gestern war der 77-Jährige wieder einmal vorgeladen – aber als Zeuge. Im Juli 2016 wurde er in seinem Haus in Dachau von einem Einbrecher überfallen. Der Prozess gegen den Täter läuft seit Mitte Januar (merkur.de berichtete).
„Dann war der Einbrecher schon im Zimmer“
Für den Senior war es gestern ein ziemlicher Aufwand, von Dachau zum Landgericht München II zu kommen. Begleitet von einer Betreuerin und einem Fahrer traf er pünktlich um kurz vor zehn Uhr vor dem Sitzungssaal ein. Der 77-Jährige sitzt im Rollstuhl. Seine Füße sind gelähmt. „Da spürt man keinen Schmerz mehr“, frotzelte er über sich selber. Jedem anderen Zeugen wäre gestern wohl nicht zum Lachen zumute gewesen. Der Prozess, zu dem sich der frühere Psychiater mit viel organisatorischer Planung aufgemacht hatte, fand nämlich gar nicht statt. Über das Wochenende war einer der beiden Verteidiger erkrankt. Das Verfahren musste kurzerhand abgesetzt werden.
„Money, money, schrie der nur!“
Doch Dr. Wolfgang R. nahm die ärgerliche Situation erstaunlich gelassen. So gebrechlich er auf den ersten Blick wirkte, so überraschend frisch präsentierte er sich psychisch. An den Überfall konnte er sich noch bestens erinnern. In einer Julinacht hatte er gegen Mitternacht in seinem Haus in Dachau einen lauten dumpfen Knall vernommen. Daraufhin hörte er Füße trampeln, „dann war der Einbrecher schon im Zimmer“, erzählte er im Gerichtsflur. Später erfuhr er, dass der Räuber, ein 38-jähriger Bulgare, das Panzerglas der Terrassentür mit einem schweren Stein gesprengt hatte. Dabei verletzte sich der Mann selber. Vermutlich habe man ihn später über einen Blutgruppenabgleich identifiziert, mutmaßte der 77-Jährige im Nachhinein.
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Einbrecher hält ihm Brotmesser an den Hals
„Money, money, schrie der nur“, erzählte der Mann weiter. „Mir war klar, der ist gefährlich, ich darf ihn nicht provozieren“, gab er seine damaligen Gedanken wieder. „Ich wurde an den Nackenhaaren aus dem Bett gezogen“, sagte er. Er entschied sich, mit dem Täter Englisch zu sprechen. „Danach war er ziemlich höflich zu mir“, berichtete der Senior. Aus einem Gelddepot im Schlafzimmerschrank gab er dem Bulgaren 600 Euro. Doch der Einbrecher ließ nicht locker. Er führte sein Opfer die Treppe runter. „Da konnte ich noch laufen, wenn auch schlecht“, berichtete der 77-Jährige.
Sein Peiniger griff in eine Schublade, nahm sich ein großes Brotmesser und hielt es ihm an den Hals. „Das hat mir signalisiert, er wird weiter vorgehen“, erzählte der ältere Herr. Er gab ihm 200 Euro aus einem weiteren Gelddepot in der Küche. Daraufhin legte der 38-Jährige das Brotmesser wieder zurück in die Schublade.
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Sogar Putenfleisch und Bier nahm er mit
Im Wohnzimmer schaute der Einbrecher anschließend noch in einen antiken Schrank. Er nahm einige dort gelagerte CDs raus, stellte sie nach näherer Betrachtung aber wieder zurück. Dann kam er nochmals in die Küche, öffnete den Kühlschrank, nahm sich sechs Flaschen Bier, Putenfleisch sowie Wurst und Schinken heraus, stopfte alles in einen Beutel mit einer Kordel, die er sich über die Schulter legte und verließ das Haus. „Er hat sich noch nicht mal verabschiedet“, monierte der Senior. Anschließend alarmierte er die Polizei.
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38-Jähriger und sein Neffe (16) angeklagt
So locker, wie er das Geschehen im zugigen Gerichtsflur runtererzählt hatte, ließ ihn das Erlebte aber nicht. Seit dem Überfall kann er nicht mehr alleine leben. Er hat eine nette Betreuerin, die auch in München darauf aufpasste, dass er sich nicht zu sehr aufregte. Aber sie merkte auch, dass er darauf brannte, seine Geschichte zu erzählen. Das Gericht wird sie an einem späteren Termin hören. Im Prozess sind der 38-Jährige und sein Neffe (16) wegen schweren Raubes angeklagt.