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Pellheimer Windrad vor Gericht: Betreiber wehren sich gegen zu strenge Auflagen

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Von: Stefanie Zipfer

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Durch den Stillstand geht viel Energie verloren: Das Windrad der Ziegelei Hörl und Hartmann bei Pellheim darf sich aus Gründen des Fledermausschutzes nachts nicht drehen. Gegen den Umfang der Auflagen wehrt sich das Unternehmen jetzt.
Durch den Stillstand geht viel Energie verloren: Das Windrad der Ziegelei Hörl und Hartmann bei Pellheim darf sich aus Gründen des Fledermausschutzes nachts nicht drehen. Gegen den Umfang der Auflagen wehrt sich das Unternehmen jetzt. © Christian Fischer

Seit rund sechs Jahren betreibt die Firma Hörl und Hartmann auf ihrem Pellheimer Firmengelände ein Windrad zur Energiegewinnung. Allerdings sind die vom Landratsamt gestellten Auflagen so streng, dass das Rad während der Sommermonate praktisch jede Nacht stillstehen muss. Das Unternehmen will sich dies nun nicht mehr gefallen lassen.

Dachau/München – Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 den Anteil des Stromverbrauches aus Ökostrom auf 65 Prozent zu erhöhen. Das Problem: Die Auflagen zum Artenschutz im Bundesnaturschutzgesetz sind so streng, dass es hierzulande fast schon unmöglich ist, sein Windrad für einen ganztägigen Betrieb genehmigt zu bekommen.

Zumindest bislang. Denn seit 29. Juli ist ein geändertes Bundesnaturschutzgesetz in Kraft, das in seinem Paragraph 45b – unter anderem – Windenergieanlagen als „überragendes öffentliches Interesse“ bezeichnet und auch die sogenannte Zumutbarkeit von temporären Abschaltungen neu regelt. 

Bei der Firma Hörl und Hartmann sieht man dieses von der neuen Bundesregierung im Zuge des erhofften Windkraftausbaus modifizierte Gesetz als große Chance, ihr Pellheimer Windrad auch in der Nacht zum Laufen zu bringen. Denn seit es das Windrad gibt – in Betrieb genommen wurde es Anfang 2016 – darf es praktisch nur tagsüber laufen. Grund: Fledermausschutz.

Verwaltungsgericht muss klären: Wie viele Auflagen sind vertretbar?

Bei der Pellheimer Ziegelei betreut das Münchner Planungsbüro Beermann Energiesysteme GmbH das Projekt. Die Auflagen des Dachauer Landratsamts für das rund 200 Meter hohe Rad, so Ingenieur Günter Beermann, waren in seinen Augen von Anfang an nicht nachvollziehbar. Andere Landratsämter seien da für Windenergie immer schon offener gewesen. Unternehmer Matthias Hörl klagt: „Das Landratsamt wollte von Anfang an immer nur den strengsten Wert.“ Am Donnerstag, 13. Oktober, um 10 Uhr sehen sich daher beide Seiten vor dem Münchner Verwaltungsgericht wieder – in der Hoffnung, dass die Richter anhand der geltenden Rechtslage eine Antwort auf die Frage finden: Wie viele Einschränkungen für eine Windenergieanlage sind vertretbar?

Aktuell ist die Sache nämlich – zumindest aus Sicht der Betreiber Hörl und Hartmann – nur wenig Energie-gewinnbringend. Entsprechend den Auflagen des Dachauer Landratsamts darf das Windrad als sogenannte Nebenanlage des Ziegeleibetriebs nämlich zwischen 1. April und 31. Oktober in der Nacht – als solche gilt die Zeit ab zwei Stunden vor Sonnenuntergang bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang – nur laufen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Die Temperatur liegt unter 10 Grad Celsius, der Niederschlag beträgt weniger als 0,004 Millimeter pro Minute und die Windgeschwindigkeit liegt im Mittel bei über 6 Metern pro Sekunde. Einfach formuliert: Das Windrad darf sich nur drehen, wenn es den Fledermäusen zu kalt, zu nass oder zu windig zum Fliegen ist. In diesem Jahr bedeutete diese Regelung laut Matthias Hörl: „Unser Windrad steht jede Nacht.“

Planer: „Fledermäuse fliegen gar nicht so hoch!“

Ingenieur Beermann hält diese Auflagen aus verschiedenen Gründen für zu streng. So würden die Fledermäuse während ihrer Jagdflüge „nie höher als 30 Meter über den Bäumen“ fliegen – und damit den Flügeln des Windrads gar nicht in die Quere kommen. Und selbst wenn man in Betracht ziehe, dass die Fledermaus-Art des Großen Abendseglers auf ihrem Weg in ihre im Süden gelegenen Winterquartiere in höherer Höhe über Dachau fliegt, dann, so Beermann, würden diese Zugflüge ja nur zweimal im Jahr, im Frühling und im Winter, stattfinden. Wieso also sollte man dann den ganzen Sommer über das Windrad nachts ausschalten müssen?

Beim Landratsamt beruft man sich derweil kurz und knapp auf das Gesetz, wonach Fledermäuse „streng geschützt sind und dem Artenschutz unterliegen“. Daher, so Sprecherin Sina Török, „darf die Windkraftanlage nur so betrieben werden, dass keine Fledermäuse getötet werden“.

Ingenieur Beermann und Unternehmer Hörl betonen, dass ihr Windrad in Pellheim noch nie eine einzige Fledermaus getötet habe und sie im Prinzip auch kein Problem mit dem Schutz der Tiere hätten. „Wir sind ja nicht gegen die Auflagen!“ Nur sollten diese so ausgestaltet sein, dass das Windrad sich in Zukunft zumindest ein bisschen häufiger drehen darf. Durch den Stillstand, so Hörl, „geht nämlich viel Energie verloren, die wir derzeit eigentlich dringend bräuchten“.

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