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Dachau probt Aufstand gegen Kreisumlage

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Von: Stefanie Zipfer

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Die Stadt Dachau will die angekündigte Erhöhung der Kreisumlage nicht mitgehen © dpa / Patrick Pleul

Die Stadt Dachau will die angekündigte Erhöhung der Kreisumlage nicht mitgehen. Begründung: Wenn schon alle sparen müssen, dann bitte auch der Landkreis! Landrat Stefan Löwl jedoch verweist auf anstehende Großprojekte – und würde einen Rechtsstreit nicht fürchten.

Dachau – Dass die Kreisumlage bis 2022 schrittweise von 46,5 auf 48,5 Prozentpunkte erhöht werden soll, ist im Dachauer Rathaus seit langem so bekannt wie unbeliebt. Zuletzt aber, so erklärte am Dienstag Kämmerer Thomas Ernst dem Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats, sei ein Brief aus dem Landratsamt ins Rathaus geflattert. Inhalt: Die Landkreisverwaltung werde dem Kreistag eine weitere Erhöhung um einen Prozentpunkt vorschlagen.

Statt 47 Prozent würde die Große Kreisstadt damit im kommenden Jahr 48 Prozent Kreisumlage zahlen müssen, in Summe 32 Millionen Euro. In den Folgejahren würde die Umlage dann auf 49 sowie 49,5 Prozent ansteigen. In Zeiten, in denen die Stadt angesichts enormer Investitionen schon ohne Umlageerhöhung „keinen Ausgleich im Verwaltungshaushalt“ mehr schaffe, sei daher der Zeitpunkt gekommen zu sagen: „Die Situation ist für alle schwierig. Deshalb muss der Landkreis versuchen, auch mit 47 Prozent Kreisumlage auszukommen.“

Um diese Dachauer Sicht der Dinge zu unterstreichen, nahm Ernst – mit Zustimmung des Finanzausschusses – diese Verweigerung auch in seine Haushaltsplanung mit auf: Die Stadt kalkuliert ihre Ausgaben für den Landkreis weiter mit einem Umlagesatz von 47 Prozent. Oberbürgermeister Florian Hartmann sah darin ein „Signal“, das den Verantwortlichen auf allen politischen Ebenen zeigen soll: „So kann’s nicht weitergehen! Es kann nicht sein, dass immer alles auf Kosten der Kommunen geht.“

Tatsächlich hat die Große Kreisstadt drei große Ausgabenblöcke: die stetig steigenden Kosten für Kinderbetreuung, stetig steigende Personalausgaben und die Kreisumlage. Das Defizit bei der Kinderbetreuung etwa wächst seit Jahren stetig, Kosten von zuletzt 24 Millionen Euro stehen Einnahmen von knapp 11 Millionen Euro gegenüber. Das Wachstum der Stadt schlägt sich aber nicht nur in einem wachsenden Bedarf nach Kitas, Kindergärten und Schulen nieder – auch die Verwaltung wächst. Die Feuerwehr etwa musste um hauptamtliche Kräfte aufgestockt werden, in der Bauverwaltung sind allein wegen der von der Landesregierung geplanten Einführung einer 90-Tage-Genehmigungsfrist bei Bauanträgen drei weitere Neueinstellungen nötig.

Hinzu komme: Die Konjunktur wird sich abschwächen, es werden Ernst zufolge „trockene Jahre“ kommen. Wenn also der Landkreis jetzt schon, wenn die Umlagekraft der Gemeinden noch hoch ist, mit seinem Geld nicht auskommt, wie wird es dann erst in ein paar Jahren werden? Stefan Kolbe, Bürgermeister von Karlsfeld und Obmann der Landkreis-Bürgermeister, ist hier sehr klar: „Ich habe dem Landrat schon gesagt: Eine Kreisumlage über 50 Prozent werde ich nicht mitgehen!“

Das Problem ist jedoch: Nicht nur der Stadt Dachau stehen große Investitionen ins Haus. Während die Kreisstadt neue Schulen braucht und massiv in ihre Sportanlagen investieren muss, hat der Landkreis den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, den Bau zweier Gymnasien und eines neuen Landratsamts zu schultern. Das Grundproblem ist Löwl zufolge einfach, „dass zu wenig Geld im kommunalen System“ ist. Daher sollte man sich nicht „kleinlich gegenseitig das Leben schwer machen. Wir sitzen ja alle in einem Boot“. Schließlich müssten nicht nur die Gemeinden immer mehr Aufgaben schultern, sondern auch die Kreise.

Wie es nun weitergehen soll? Die Stadt hofft, so Ernst, „auf ein Einlenken des Landkreises“. Landrat Löwl dagegen verspricht, „mit Herrn Ernst zu jedem Minister zu fahren“, um eine strukturelle Lösung des Problems zu erreichen. Rein rechtlich sieht er sich bis dahin auf der sicheren Seite: In Bayern, so Löwl, ist eine Klage gegen einen Kreisumlagebescheid „eigentlich nicht zu gewinnen“.

Im Kampf gegen das ungerechte Umlagesystem hat Löwl die Unterstützung von Vierkirchens Bürgermeister und Kreisrat Harald Dirlenbach. Er findet, „wir sollten gemeinsam auf den Staat losgehen und nicht auf den Landkreis“. Den Politikern in München und Berlin müsste endlich klar gemacht werden, dass das angebliche „Luxusproblem“ der Metropolregion München „für uns eine Existenzfrage“ ist.

Interview mit Stefan Kolbe, Bürgermeister-Obmann im Landkreis Dachau

Herr Kolbe, was halten Sie von dem Dachauer Vorgehen, einfach die Kreisumlage einzufrieren? 

In der Sache kann ich es verstehen, aber ob es das rechtlich Richtige ist, finde ich fraglich. 

Das heißt, Sie können die Probleme nachvollziehen, die Dachau gerade plagen? 

Ja, natürlich! Wenn ich an meinen eigenen Haushalt in Karlsfeld denke, wird mir Himmelangst. Der Punkt bei der Kreisumlage ist natürlich die Ausgewogenheit, aber man muss den Kommunen am Ende so viel Luft lassen, damit die ihre Pflichtaufgaben erfüllen können. Ich habe die Luft nicht. Zumal ja dann auch noch die Rechtsaufsicht ins Spiel kommt, die beim Landratsamt sitzt und einen genehmigungsfähigen Haushalt fordert.

Worin sehen Sie das Kernproblem? 

Dass Bund und Freistaat viel Geld in strukturschwache Regionen pumpen und nicht anerkennen, dass der Großraum München eben auch ein sogenannter Raum mit besonderem Handlungsbedarf ist. Insofern wird es tatsächlich Zeit, dass wir beim Freistaat und beim Bund ein Signal setzen und sagen: Wir haben ein Problem! Das Umlagesystem funktioniert einfach nicht mehr. 

Allerdings werden sich ja nicht nur die Gemeinden verschulden, sondern auch der Landkreis... 

Ja klar muss sich der Landkreis auch verschulden. Das ändert aber an meinem Problem nichts, dass ich seit zehn Jahren in Karlsfeld den Kita-Ausbau zahlen muss, von staatlicher Seite kriege ich dafür keine Unterstützung. 

Wo könnten Sie als Gemeinde dennoch den Rotstift ansetzen? 

Sagen wir es anders: Ich werde nicht so weit gehen, einem Verein zu sagen, dass er jetzt die 200 Euro Zuschuss von der Gemeinde nicht mehr bekommt. Damit mache ich mir nämlich vor lauter Sparen am Ende das Ehrenamt kaputt. Interview: Stefanie Zipfer

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