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Einbahnstraße: Erst mal abwarten

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Von: Stefanie Zipfer

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Problem „Geisterbusse“: Viele Bürger verstehen nicht, warum die – meist leeren – Fahrzeuge in der Altstadt in beiden Richtungen unterwegs sein dürfen.
Problem „Geisterbusse“: Viele Bürger verstehen nicht, warum die – meist leeren – Fahrzeuge in der Altstadt in beiden Richtungen unterwegs sein dürfen. © habschied

Seit sieben Wochen kann man die Dachauer Altstadt nur noch in einer Richtung befahren. Und schon gibt es den ersten Bürgerprotest, eine Unterschriftenliste sowie eine Klage gegen die neue Regelung. In der Stadt herrsche „entweder Leere oder Chaos“, schimpft ein Anwohner. Doch es gibt auch Befürworter der Einbahnstraße.

Dachau – Juwelier Ludwig Stöckl zählt zu den frühesten und verbissensten Gegnern der seit Anfang Oktober geltenden Einbahnstraßenregelungen durch die Altstadt. Nun, nach sieben Wochen, sieht er sich in seinen seit Monaten vorgetragenen Bedenken bestätigt: „Selbst beobachten konnte ich zwischenzeitlich entweder eine Leere oder das totale Chaos“ , schreibt er nun in einer ersten Bilanz der Einbahnstraßenregelung „an den sehr geehrten Herrn Oberbürgermeister“. Das Chaos entstehe, weil den Autofahrern die Parkplatzsuche erschwert werde; Kunden – vor allem aus dem Hinterland – bräuchten aber nun mal ihr Auto: Wer es daher „vermeiden kann, der besucht die Stadt einfach nicht mehr“, so Stöckl. Da der Stadt mit dieser geschäftsschädigenden Entscheidung auch Gewerbesteuern durch die Lappen ginge, erschließe sich ihm „der tiefere Sinn dieser unausgegorenen Aktion mit dem Ziel einer befriedeten Altstadt“ einfach nicht.

114 Unterzeichner fand Stöckl, der die Stadt wegen der vermeintlich „rechtswidrigen“ Einbahnstraße auch verklagt hat, für sein Schreiben. Sie alle würden sich nämlich die Frage stellen: Was gedenke die Stadt zu tun, um das Überleben der Ladengeschäfte und deren Eigenschaft als „Schmuckstücke“ zu sichern?

Doch es gibt auch andere Stimmen in der Altstadt. Diejenigen etwa, die finden, dass es durch die Einbahnregelung stressfreier geworden ist. Und dass dank der „Schlupflöcher“ Burgfrieden- und Wieninger Straße sowie Färbergasse ja weiterhin die Möglichkeit bestehe, mit dem Auto durch die Altstadt zu kommen.

Was viele Bürger allerdings nicht verstehen: die „Geisterbusse“. Die zumeist so gut wie leer durch die Stadt gondelnden Busse dürfen nämlich weiterhin in beiden Richtungen unterwegs sein. Die Verantwortlichen der städtischen Verkehrsbetriebe hatten vor Einführung der neuen Einbahnregelung betont, dass es einen Vorlauf brauche, um die Linienführung der Busse zu ändern. Heinz Riedlbeck, der zwar nicht in der Altstadt, sondern in der Ostenstraße wohnt, glaubt daher zu wissen: „Die Nasa ändert schneller ihre Raketenstartpläne wie der MVV die Buspläne für unsere kleine Altstadt!“ Dass es weiter eine Ausnahme für Busse gebe, sei in seinen Augen jedenfalls „eine unglückliche Entscheidung“.

Oberbürgermeister Florian Hartmann verfolgt die Diskussion um die Einbahnstraße seit Monaten. Er selbst hatte sie – wie die große Mehrheit des Stadtrats – befürwortet. Er betont zudem, dass sich jetzt, nur sieben Wochen nach der Einführung, „die Wirkungen von Verkehrsregelungen seriös nur schwer beurteilen lassen“. Grundsätzlich seien bei ihm – abgesehen vom Schreiben Ludwig Stöckls – „noch keine Beschwerden von ansässigen Händlern eingegangen“. Er habe daher „den Eindruck, dass die Geschäftsleute ebenso wie die Anwohner und Verkehrsteilnehmer geduldig und interessiert abwarten, wie sich die Probephase weiter entwickelt“.

Dennoch macht man sich auch im Rathaus Gedanken, wie man das eine oder andere verbessern könnte, wie Hartmann auf Nachfrage erklärt. So hatten zuletzt viele Bürger vorgeschlagen, „mehr Schrägparkplätze, wenn möglich sogar beidseitig der Fahrbahn“, zu schaffen. Hartmann zufolge hat man dies „an manchen Stellen“ auch schon geprüft, das Problem sei nur: „Viel gewinnen wir nicht mit Schrägparkplätzen.“ Und auf beiden Fahrbahnseiten schräg einparken sei ohnehin so gut wie nicht machbar: „Dafür ist die Straße zu schmal.“

Die Angst, dass die Stadt die „Schlupflöcher“ Wieninger und Burgfriedenstraße schließt, kann er ebenfalls entkräften: „Es ist nicht vorgesehen, dass wir an der derzeitigen Situation etwas ändern.“ Allein die Färbergasse dürfte bald – nach Beschwerden – nur noch für Anlieger befahrbar sein.

Was sich viele Dachauer – Bürger wie Gewerbetreibende – seit Jahren wünschen, ist eine Aufstiegshilfe von der Thomawiese hinauf in die Altstadt. Die solle nun im Rahmen des sogenannten integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) verwirklicht werden, erklärt der OB. Anfang nächsten Jahres würde es ein Treffen mit den Planern geben. Hartmanns große Hoffnung in Zeiten knapper Kassen: „Dass wir dafür vielleicht sogar Fördermittel kriegen.“

Maximilian Lernbecher, der in der Altstadt seine Obere Apotheke betreibt, hofft derweil, dass die Stadtpolitik, bei allem Wunsch nach einer Verkehrswende, schon auch den Wert ihrer „individuellen, nicht digitalisierten Läden in der Altstadt“ erkennt. Langfristig dürfe es in der Altstadt nämlich „nicht nur Gastro geben“.

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