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Landratsamt Dachau gegen Tannenhof Oberweilbach: Verwaltungsgericht ringt im Brunnen-Streit um Lösung

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Von: Stefanie Zipfer

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Tiefenwasser als Frostschutz: Dagegen hat das Landratsamt sein Veto eingelegt. Jetzt muss das Münchner Verwaltungsgericht entscheiden.
Tiefenwasser als Frostschutz: Dagegen hat das Landratsamt sein Veto eingelegt. Jetzt muss das Münchner Verwaltungsgericht entscheiden. © Fotos: hab/Archiv

In der Streitsache Tannenhof Oberweilbach gegen den Landkreis Dachau trafen sich beide Seiten am Dienstag vor dem Verwaltungsgericht. Letztlich, so umschrieb es der Vorsitzende Richter Korbinian Heinzeller, ging es dort um die Frage: Was tun, wenn das Kind in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist?

München/Dachau – Vorsitzender Richter Korbinian Heinzeller von der Zweiten Kammer des Münchner Verwaltungsgerichts war gestern nicht zu beneiden. Er sollte ein Urteil fällen in der Streitsache Tannenhof Oberweilbach gegen den Landkreis Dachau. Der Fall, das wurde im Lauf der Verhandlung deutlich, ist nämlich knifflig und das öffentliche Interesse groß. Die Frage, die Heinzeller daher im Lauf der Verhandlung zu ergründen suchte: Ist es zulässig bzw. verhältnismäßig, dass die Wasserrechtsbehörde, also das Landratsamt, den teuren Rückbau eines vom Tannenhof geschaffenen Brunnens fordert, dessen Bewirtschaftung die Wasserfachbehörde, also das Wasserwirtschaftsamt, zuvor befürwortet hatte?

Um diese Frage zu klären, erschien vor Gericht Landwirt Stefan Spennesberger mit seinem Anwalt, Johannes Daseking. Das Team des Landratsamts wurde angeführt von seinem Abteilungsleiter Umweltschutz, Andreas Zeiser. Als sachverständiger Sprecher des Wasserwirtschaftsamts München fungierte Jonas Hürten.

Wie berichtet, hatte das Landratsamt Landwirt Spenensberger die beantragte Erlaubnis zum Betrieb des Brunnens verweigert und dessen vollständigen Rückbau gefordert. Spennesberger hatte dagegen geklagt. Bemühungen des Wasserwirtschaftsamts um einen Kompromiss ließ das Landratsamt ins Leere laufen. Ob sich jetzt noch eine gütliche Lösung finden ließe? „Mir fällt nix ein“, gab Richter Heinzeller zu.

Für die beklagte Seite, also das Landratsamt, begann die Verhandlung mit einem kleinen Sieg. Der Vorsitzende Richter lobte die „vollkommene Transparenz“ in dessen Aktenführung, die sei „super“! Spennesbergers Anwalt Daseking bekam hingegen einen Rüffel: Dass er einen wichtigen Schriftsatz erst am Vortag eingereicht habe, sei „nicht schön“, das „hätte man vorher machen können“.

Dennoch: Dasekings danach vorgetragene Argumente waren stichhaltig. Das Wasserwirtschaftsamt (WWA) habe nun mal im Sommer 2015 mitgeteilt, dass gegen eine Bohrtiefe von 40 Metern keine Bedenken bestünden. Heute wisse man, dass dies ein „Irrtum“ war. „In einer perfekten Welt“, so Daseking, hätte das WWA als Bohrtiefe 30 Meter angegeben, da „wäre dann kein Wasser gekommen“, und „das alles wäre nicht passiert“. Nun aber sei tiefer gebohrt worden – aufgrund eines Fehlers der Bohrfirma sogar bis zu einer Tiefe von 47 Meter – und man müsse fragen, ob es „unter der gegebenen Situation, die dem Kläger nicht anzulasten ist“, nicht eine Möglichkeit der nachträglichen Legalisierung des Brunnens gibt?

Das Landratsamt blieb dabei: Nein, diese Möglichkeit gebe es nicht. Natürlich, so Umweltschutz-Chef Zeiser, sei es ein Fehler des WWA gewesen, „der nicht vorkommen sollte“, doch die fatalerweise erlaubten 40 Meter Bohrtiefe seien „nicht allein das Problem“: Spennesberger hätte den Fehler bemerken und die Bohrung stoppen müssen. So bleibe festzuhalten: Spennesbergers Bohrung sei „eine Gefahr für die Allgemeinheit“. Und an alle anderen landwirtschaftlichen Brunnenbohrer im Landkreis sandte Zeiser eine eindringliche Warnung: „Wir lassen auch andere Brunnen rückbauen, wir gehen nicht nur gegen Herrn Spennesberger vor!“

Jonas Hürten vom Wasserwirtschaftsamt erklärte der Kammer die Sachlage so: Im tertiären Hügelland, in dem der Landkreis Dachau liegt, seien Angaben zu Bohrtiefen „immer nur Abschätzungen“. Die Geologie sei sehr zerstreut, Brunnen weit verteilt. Oberflächennahes Trinkwasser gebe es nur „sehr selten“.

Im „Fall Spennesberger“ sei folgendes passiert: Die Bohrfirma sei in 17 Metern Tiefe auf eine Sandschicht gestoßen, und ab einer Tiefe von 19 Metern auf eine massive Tonschicht. Dort, so betonte Hürten, hätte die Bohrfirma „normalerweise“ wissen müssen, dass darunter besonders geschütztes Wasser liegt und die Bohrung stoppen müssen. Stattdessen wurde weiter gebohrt, bis in 34 Metern Tiefe die Deckschicht final durchstoßen und der Brunnen das Tiefengrundwasser erreicht hatte. „Das war nicht fachgerecht“, so Hürten.

Auf Richter Heinzellers Frage, „wie gehen wir nun damit um, weil es ist ja jetzt passiert“, bot Hürten folgende Lösung: Auch wenn ein Rückbau „zweckdienlich“ wäre, würde es reichen, wenn der bestehende Brunnen technisch ertüchtigt werde, so dass eine Gefährdung des Tiefengrundwassers im Umfeld von Spennensbergers Brunnen ausgeschlossen wäre.

Anwalt Daseking warb vor der Kammer für diese Lösung, zumal ein Rückbau des Brunnens teuer und aufwendig wäre: „Man kann ja nicht einfach einen Deckel draufmachen.“ Vielmehr müssten sämtliche Erdschichten – unter Druck – verfüllt und wieder hergestellt werden. Kostenpunkt: rund 50 000 Euro.

Und dann bräuchte Spennesberger ja weiterhin Wasser für seine Bäumchen, das er sich laut Hürten wohl aus dem Schutzgebiet Arzbach holen müsste. Dieser Brunnen „hat zwar noch Kapazitäten frei“, aber: Das Wasser dort „ist noch älter“. Sprich: Es kommt aus noch tieferer Tiefe und ist damit noch wertvoller.

Landratsamts-Mann Zeiser hatte daher einen ganz anderen Vorschlag: Spennesberger möge doch bitte überdenken, „ob er seine wasserintensive Nutzung überhaupt fortführen“ wolle, „in Zeiten von Dürre und Trockenheit“?

Richter Heinzeller und seine Kammer werden am Mittwoch ihr Urteil öffentlich machen. Sicher ist nur: Die Nutzung des Brunnens zu untersagen, aber den Rückbau nicht zur Auflage zu machen, geht nicht. Fachmann Hürten zufolge ist jeder Brunnen, der nicht fördern darf, „ein instabiles Loch“.

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