Corona-Lage in oberbayerischem Hotspot kritisch: Landrat und Ärzte prophezeien Kollaps - Triage droht
Die Notfallversorgung im Dachauer Krankenhaus gerät an ihre Grenzen. Bald tritt das Szenario ein, das in der Corona-Pandemie so gefürchtet ist: die Triage. Ärzte müssen dann entscheiden, welche Patienten lebensrettende Behandlungen erhalten – und welche nicht.
Landkreis – „Wir werden das nicht mehr verhindern können: Wir werden in die Triage gehen.“ Landrat Stefan Löwl sprach am Ende der Pressekonferenz aus, was Klinikärzte und niedergelassene Ärzte zuvor nur angedeutet hatten: Ärzte müssen bald entscheiden, welche Patienten lebensrettende Behandlungen erhalten – und welche nicht. „Bei einer 93-jährigen Covid-19-Patientin in einem Altenheim überlegen wir, ob wir sie überhaupt in ein Krankenhaus verlegen“, sagte Ärztesprecher Hans-Ulrich Braun. „Es wird auch zu Fällen kommen, wo wir die Patienten zu Hause sterben lassen.“
(Unser Dachau-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)
Corona-Kollaps in Dachau: Dem Klinikum fehlt das Personal
Im Klinikum ist die Lage dramatisch: Sowohl die Intensivstation als auch die Intermediate Care (IMC) werden regelmäßig überbelegt, sagte Professor Hjalmar Hagedorn, Ärztlicher Direktor des Helios Amper-Klinikums. Patienten müssen verlegt, Personal zur Betreuung der Patienten müsse umgeschichtet werden - das hat zur Folge, dass Abteilungen geschlossen werden müssen. Das bedeutet, „dass wir hauptsächlich den Operationstrakt reduzieren“, so Hagedorn. Das Problem sei schlichtweg das Personal: „Es ist einfach nicht da.“
Nach der Sitzung der Koordinierungsgruppe Pandemie am Mittwoch, 10. November, hatte Landrat Stefan Löwl gemeinsam mit den Vertretern des Gesundheitsamts, der Ärzteschaft, der Apotheken und der Polizei zu der Pressekonferenz geladen, um über die aktuelle Lage im Landkreis zu informieren. „Die Lage hat sich verschärft“, sagte Löwl. Innerhalb weniger Tage stieg die Zahl der Corona-Infizierten rasant an. Am Donnerstag lag die Inzidenz für den Landkreis Dachau bei 359 – „so hoch wie nie, und sie wird noch steigen“, so Dr. Monika Baumgartner, Schneider, Leiterin des Gesundheitsamtes.
Corona-Kollaps in Dachau: Bald könnte es zur Triage kommen
Angesichts dieser Zahlen – und einem Verdopplungszeitraum von 10 bis 14 Tagen – prognostizierte Alexander von Freyburg, Leiter der Notaufnahme am Helios Amper-Klinikum, die Überlastung der Intensivstation in Kürze. Er erklärte die Triage: In der Notaufnahme werde innerhalb kurzer Zeit identifiziert, welche Erkrankung der Patient habe, welche Therapie er brauche, ob diese zur Heilung führe oder sein Leid verlängere. „Die Entscheidung darüber, welcher Patient welche Versorgung erhält, verschiebt sich jetzt“, so Freyburg. In diese Priorisierung fließe etwa auch Genesungsaussicht und Patientenwille mit ein.
Die Ursache für die jetzige Situation sei laut Alexander von Freyburg das Problem, dass Menschen sich in unübersichtlichen Situationen treffen. Die vierte Welle müsse gebrochen werden, sagte der Leiter der Notaufnahme und zitierte einen Wiener Virologen, der für einen harten Lockdown plädiert. Freyburg appellierte an jeden, „sich impfen zu lassen, sich testen zu lassen und sich an die AHA-Regeln zu halten“.
Noch mehr Nachrichten aus der Region Dachau lesen Sie hier.