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Wundertüte Dachauer Landratsamt-Neubau

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Von: Thomas Zimmerly

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Bauen oder Projekt verschieben? Zwei Flügel und vier Stockwerke soll das neue Landratsamt einmal haben.
Bauen oder Projekt verschieben? Zwei Flügel und vier Stockwerke soll das neue Landratsamt einmal haben. © Landratsamt

Mit großer Mehrheit hat der Kreistag den Haushalt 2023 verabschiedet. Das Hauptthema war jedoch ein anderes: der Neubau des Landratsamts.

Landkreis – „Fresh money“ war das Zauberwort, das in der Sitzung des Kreistags immer wieder die Runde machte. Frischer Zaster von Bund und Land also, das braucht der Landkreis Dachau. Dringend! „Wenn es so weiter geht im ÖPNV und wir kein fresh money reinbekommen und auch die Umlagekraft nicht nach oben geht, dann reden wir von fünf Punkten Kreisumlage mehr!“ An diesem Beispiel machte Kreiskämmerer Michael Mair den Kreisräten deutlich, dass sich die finanzielle Lage in den kommenden Jahren drastisch verschlechtern wird.

2023 ist im Kreishaushalt noch alles in Ordnung

Mair sagte aber auch, dass beim Haushalt 2023 noch alles „in Ordnung“ sei. Die Kreisräte sagten am Ende der Sitzung bei nur sieben Gegenstimmen „Ja“ zum Entwurf der Kämmerei. Die Eckdaten: Verwaltungshaushalt 203,6 Millionen Euro, Vermögenshaushalt 35,5 Millionen Euro, Kreisumlagehebesatz 49,5 Prozent.

Der Öffentliche Personennahverkehr wird den Kreis als Aufgabenträger in diesem Jahr 12,3 Millionen Euro kosten. Um den ÖPNV sicherzustellen und die politisch gewollten Leistungsverbesserungen zu gewährleisten, braucht es laut dem Landkreis-Verkehrexperten Albert Herbst: „Fresh money.“ Schon im kommenden Jahr Gelder im siebenstelligen Bereich. „So etwas habe in meiner Dienstzeit noch nicht erlebt“, sagte Herbst. Er ist seit 36 Jahren beim Landratsamt Dachau.

Nur: Die Gelder für den ÖPNV sind überschaubar im Vergleich zum Aufwand für die beiden in Karlsfeld und Röhrmoos geplanten Gymnasien, die nach aktuellem Stand rund 160 Millionen Euro verschlingen werden. Wegen der Kredite hierfür wird der Kreis im Jahr 2026 mit mehr als 170 Millionen Euro in de Kreide stehen, rechnete die Verwaltung vor. Und dann ist da noch das dritte Großprojekt: der geplante Neubau des Landratsamts, der an selber Stelle entstehen soll, wo heute das Gebäude steht. Dieses Thema rückte in der Sitzung in den Fokus. Und wer bei den Haushaltsreden der Sprecher der einzelnen Fraktionen und Parteien genau hin hörte, dem wuchsen Zweifel, ob der Kreistag bei dem derzeit mit 100 Millionen Euro taxierten Vorhaben mehrheitlich mitgeht.

Stefan Kolbe (CSU)

Moderate Worte fand zunächst CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Kolbe: „Es ist wichtig, dass das Projekt bis zur Planreife fertig gemacht wird. Dann muss man diskutieren, wie man ein Landratsamt finanzieren kann.“ Zur Erinnerung: Das Bebauungsplanverfahren kommt laut Dachaus OB Florian Hartmann im April oder Mai in den Bauausschuss der Stadt. Und, wie berichtet, strich der Kreisausschuss vor kurzem die für dieses Jahr angesetzten Planungskosten von 6,5 Millionen auf 500 000 Euro zusammen.

Achim Liebl (Grüne)

Vom Sprecher der Grünen-Fraktion, Achim Liebl, kam eine der Gegenstimmen zum Haushalt 2023. Über den Neubau der Landkreiszentrale sagte er: „Angesichts der Kosten und der Zinssteigerungen bei fehlenden Einnahmen ist die Verschiebung der Planungsziele zum Landratsamt der richtige Schritt zur Entzerrung der Lasten schon in 2023. Lassen Sie uns die Zeit nutzen, um dieses Vorhaben unter den stark veränderten Randbedingungen erneut zu bewerten, um den nun besten Ansatz zu finden.“

Michael Reindl (Freie Wähler Landkreis)

Michael Reindl ließ Ähnliches verlauten wie der Kollege Liebl: „Die Freien Wähler sind der Auffassung, dass die Errichtung des Landratsamts unter den gegenwärtigen Voraussetzungen auch im kommenden Jahr nicht realisiert werden kann und der Bau unbedingt bis auf Weiteres zurückgestellt werden muss.“    

Sebastian Leiß (Freie Wähler Dachau)

Sebastian Leiß forderte, dass „dieses undurchdachte neue Amt an diesem Standort nicht kommt. Es wäre an der Zeit, die Planungen aufzugeben.“ Für Landrat Stefan Löwl hatte er den Tipp: „Gehen Sie in sich und schauen Sie doch das MD-Gelände nochmal an. Gehen Sie tief in sich und erkennen Sie, dass der Standort hier ungeeignet ist.“

Peter Heller (Bündnis für Dachau)

Peter Heller schlug vor, das „erst wenige Jahrzehnte alte Gebäude“ gar nicht erst abzureißen. Ein Abriss stelle eine ungeheure Ressourcenverschwendung dar. Heller: „Die Zeit des permanenten Ab- und Neuaufbauens ist angesichts von Klimawandel, Rohstoffknappheit und globaler Energiekrise vorbei.“ Wenn schon neu gebaut werden müsse, dann auf dem MD-Gelände westlich der Bahn, schlug er vor. „Dort könnte die jetzige Planung möglicherweise ohne allzu große Veränderungen übernommen werden.“ Und da ist noch etwas, was den Bündnis-Mann stört: „Bislang sind die Gesamtkosten ja auch für uns Kreisräte noch eine echte Wundertüte!“

Nach den Sprechern meldete sich Dieter Kugler (CSU) zu Wort. Der Röhrmooser Bürgermeister und Ex-Kämmerer wolle „einfach den Blickwinkel erweitern“, wie er sagte. „Jetzt bei der Planreife aufzuhören“, gab er zu bedenken, „das wäre Steuergelder beim Fenster rausgeschmissen.“ Wer so etwas fordere, der handele unverantwortlich.

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