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Islamkritiker Hamed Abdel-Samad: Tumulte bei Mahnwache

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Von: Anna Schwarz

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In Dachau ist eine Mahnwache gegen den Islamkritiker Hamed Abdel-Samad eskaliert. © Habschied

Dachau - Eine Mahnwache gegen die AfD-Veranstaltung mit Islamkritiker Hamed Abdel-Samad ist eskaliert. Es kam zu einem heftigen Gerangel. Abdel-Samad drohte mit einer Anzeige.

Etwa 200 Leute sind Mittwochabend in der Nähe des Thomahauses zusammengekommen, um gegen die Veranstaltung des AfD-Kreisverbandes Dachau-Fürstenfeldbruck zu protestieren. Die hatten Hamed Abdel-Samad eingeladen, einen ägyptisch-deutschen Politikwissenschaftler und Publizisten. Der dort sein Buch vorstellen wollte: „Mohamed: Eine Abrechnung“ – ein Buch voller Islamkritik. Deshalb war die Mahnwache organisiert worden. Eine „Mahnwoche“, also: im Stillen mahnend, friedlich. Kinder, Jugendliche und Erwachsene hielten Kerzenlichter oder Fackeln in ihren Händen oder zeigten große Banner mit den Aufschriften „Rechtspopulistinnen den Tag vermiesen“ oder „Kein Platz für Rassismus“.

Die friedliche Stimmung kippte aber, als ein Herr mit Kamera begann, die Demonstranten zu filmen: der Bundesvorsitzende der rechtspopulistischen Kleinpartei „Die Freiheit“, Michael Stürzenberger. Er trat dabei ganz nah an die Demonstranten heran. Die wiederum wurden dadurch unruhig.

Dann trat Hamed Abdel-Samad auf. Zwei schwarze Limousinen fuhren die Augsburger Straße entlang, vor das Thomahaus, und hielten auf einem Zebrastreifen, direkt vor der Menge. Die Demonstranten begannen mit Buh-Rufen und Pfiffen, die Fahrer der Limousinen, laut zu hupen. Abdel-Samad stieg mit beinahe gleichgültiger Miene aus dem Auto aus.

Doch dann begannen einige junge Menschen „Hau ab“ zu schreien. Schnell schlossen sich weitere Menschen dem Chor an – und schon wurde die Stimmung immer aggressiver. „Warum sprechen Sie bei der AfD oder anderen Burschenschaften?“, warfen Demonstranten den Islamkritiker entgegen. „Ich bin ein deutscher Schriftsteller und will einfach mein Buch vorstellen“, wehrte sich der Islamkritiker. Doch er ließ sich zunehmende von den Demonstranten provozieren: Es kam zu Schubsereien und einem großen Gerangel – die Polizei und die Sicherheitskräfte mussten eingreifen. Die hatte er selber dabei: Seit er das Buch bewirbt, steht er unter einem besonderem Sicherheitsschutz. Etwa eine handvoll Polizeibeamte waren bei der Mahnwache zugegen.

Gerangel vor Vortrag bei AfD: Hamed Abdel-Samad droht mit Anzeige

Doch Abdel-Samad wollte offenbar nicht gehen. Er stellte sich immer wieder den Demonstranten und antwortete auf die Vorwürfe aus der Menge. Die teilweise derb waren: Ein Demonstrant beschimpfte ihn als „Faschist“. 

„Ich werde eine Anzeige gegen all die Beleidigungen und Angriffe machen“, rief Abdel-Samad, der mittlerweile von aufgewühlten Demonstranten und Sicherheitskräften umgeben war. „Halt doch Dein Maul“, tönte es von einer Seite des Bürgersteigs. Immer mehr Leute schlossen sich den aggressiven „Hau- ab“-Sprechchören an. Die 

Schreie wurden immer schneller, immer lauter.

Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten von den Sicherheitsleuten Abdel-Samads gegenüber den Demonstranten, berichten Teilnehmer: „Der Security von hat ihn voll am Hals angepackt, aber wie“, so die Dachauerin Stefanie Mockwitz, und zeigte auf den jungen Mann neben ihr.

15 Demonstranten kommen zum Vortrag

Nach etwa einer Viertelstunde beruhigte sich die Stimmung wieder – aber erst, als sich der Islamkritiker mithilfe der Sicherheitskräfte und der Polizei seinen Weg in das Thomahaus bereitete.

Nur etwa 15 Demonstranten der Mahnwache hörten sich danach auch den Vortrag von Hamed Abdel-Samad an. Die Besucher mussten sich vor der Veranstaltung in einer Liste namentlich eintragen.

„Das ist die traurigste Lesung in diesem Land“, sagte Abdel-Samad zu Beginn seiner Veranstaltung. Er freue sich aber darüber, dass auch einige Demonstranten gekommen waren. Obwohl der 43-Jährige eigentlich sein islamkritisches Buch vorstellen wollte, änderte er sein Programm nach den Tumulten komplett. „Ich will für Meinungsfreiheit eintreten“, sagte er und verurteilte die „Scharfmacher“ der Mahnwache.

Zu der Buchvorstellung kam er dann aber nicht. Sondern: Er warnte. Vor einem „geistigen Bürgerkrieg“, in dem sich linke und rechte Kräfte einfach nicht gegenseitig zuhören. Er mahnte außerdem vor einer Spaltung Deutschlands und plädierte dafür, dass beide Seiten die Ängste der Anderen ernst nehmen müssen. Er ging auch auf Fragen aus dem Publikum ein, auch die der Demonstranten. Abdel-Samad ver

suchte sogar, sie in die Veranstaltung miteinzubeziehen.

Dann beendete er die Veranstaltung nach etwa eineinhalb Stunden, weil er „noch aufrecht“ den Saal verlassen wollte. Und die Zuschauer zollten ihm Respekt: mit stehenden Ovationen. Dabei erhoben sich die Demonstranten zuerst, dann bekamen sie Unterstützung von weiteren Gästen.

Gerangel um Hamed Abdel-Samad: Der Eklat in Bildern

Anna Schwarz

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