Die Vorreiter der Energiewende aus Ried

Selten, dass Kommunalpolitiker von einem Projekt so begeistert sind. Die Rede ist von einem „visionären Vorhaben, das zukunftsweisend ist“, so sehen es die Indersdorfer Gemeinderäte. Der Landwirt und Unternehmer Josef Götz plant in Ried einen Energiepark. Hier soll, so die Vision, Wasserstoff aus regenerativen Energien hergestellt werden – für die Energiewende vor Ort.
Ried – Josef Götz, 50, braun gebrannt von der Feldarbeit, liebt diesen Platz. Er blickt auf eine Ackerfläche. Er hat für diesen Ort eine Vision: Geht es nach ihm, soll hier, auf 7,7 Hektar, eine Freiflächenfotovoltaikanlage entstehen und: Wasserstoff erzeugt werden – der Energiepark Ried, ein in der Form bayernweit einzigartiges Konzept. Hinter Götz’ Rücken befindet sich seine Biogasanlage, dreht er sich jetzt nach rechts, sieht er am Horizont die Dachauer Windräder. Er grinst. Er sieht nicht schwarz für die Zukunft, er sieht „viele grüne Möglichkeiten“. Für ihn ist „hier der Platz schlechthin für die Energiewende vor Ort“.
Nie wurde so viel über Naturschutz und Energiewende gesprochen wie in den vergangenen zwei Jahren. Josef Götz ist seit zwei Jahrzehnten im Biogas-Geschäft, er weiß: „Wir müssen weg von Atomkraftwerken und fossilen Energieträgern.“ Gleichzeitig nehmen die Ansprüche der Menschen zu, der Energiebedarf steigt exponentiell. Deshalb hat er sich zusammen mit seinem Sohn Maxi (25) ein visionäres Projekt entwickelt – Menschen sollen Energie nutzen können, ohne schlechtes Gewissen.
Maxi Götz brennt genauso für regenerative Energien wie sein Vater. Seine Masterarbeit handelte genau davon: Wasserstofferzeugung über eine PV-Anlage – und, perfekt für den Götz-Betrieb: Wie man diesen Wasserstoff dann mit Biogasanlagen in Verbindung bringt. „Das Interessante ist, man kann daraus zum Beispiel nachhaltiges Methan erzeugen“, erklärt Maxi Götz. Er weiß, die Zukunftsfrage ist: Wie gelingt es, erneuerbare Energien langfristig speicherbar zu machen? „Und hier kommt unser Wasserstoff ins Spiel – er könnte die erneuerbare Speicherform sein“, sagt er und lacht. Das Grinsen, wenn es um nachhaltige Energie geht, liegt in der Familie.
Der geplante Energiepark soll auf einer Ackerfläche hinterhalb der Biogasanlage der Familie entstehen. Das Besondere an diesem Projekt: Während es früher – auch in der Gemeinde Indersdorf – Widerstand gegen geplante Freiflächenfotovoltaikanlagen gab, sind die Nachbarn von Josef Götz begeistert von der Idee. So begeistert, dass sie ihm nicht nur Ackerflächen dafür verpachtet haben – die Familien Wackerl und Zotz haben zusammen mit Familie Götz die Gesellschaft Energiepark Ried gegründet.
Götz will die erzeugte Energie aus der PV-Anlage aber nicht nur einfach ins Stromnetz einspeisen, das hätte wenig Innovatives. Die Energie soll für unterschiedliche Verfahren genutzt werden. Das außergewöhnlichste – genau: Götz will hier in einer Anlage, die gerademal so groß ist wie zwei Schiffscontainer, vor Ort Wasserstoff erzeugen – und zwar „komplett grünen“, wie er sagt. Da ist es wieder, das Grinsen, wenn er weiß: Seine Ideen, für die ihn manche belächeln, bringen die Energiewende vor Ort ein großes Stück weiter voran.
Das weiß auch die Gemeinde Indersdorf. Götz ist in der Behörde bereits seit Jahren als innovativer und verlässlicher Partner in Sachen Versorgung mit regenerativer Energie bekannt, vor 20 Jahren, als noch kaum jemand über Biogasanlagen sprach, die Energiewende noch in weiter Ferne war, errichtete er die größte Biogasanlage im Landkreis Dachau und konzipierte bereits ein Fernwärmenetz für die Gemeinde. Heute werden damit 70 Objekte im Gewerbe- und Neubaugebiet am Bahnhof sowie die Indersdorfer Grund- und Mittelschule versorgt. Zudem erzeugt er grünen Strom für über 3000 Haushalte. Mit dem neuen Energiepark sollen nochmal 2000 obendrauf kommen.
Jetzt, 20 Jahre nach den Anfängen, ist Götz wieder an einem ähnlichen Punkt. Wieder hat er eine Vision, „die andere vielleicht noch nicht so sehen können, die wir aber schon groß denken“. Doch belächelt wird Götz in Indersdorf für seine Ideen längst nicht mehr. Sein neues Projekt begeistert Gemeinderäte wie Verwaltung gleichermaßen (siehe Infokasten). Das ist genau das, was sich die Götz’ mit ihrem Projekt wünschen: die Energiewende vor Ort ermöglichen.
Startschuss für die Planungen des Energieparks
Der geplante Energiepark war Thema in der jüngsten Sitzung des Indersdorfer Gemeinderats. Für seine Realisierung müsste zuerst der Außenbereich neu überplant werden: Es müssen ein Sondergebiet ausgewiesen und der Flächennutzungsplan geändert werden. Den Planungen dafür stimmten alle Gemeinderäte zu.
Die Verwaltung betonte die große Bedeutung des Projekts für die Gemeinde: „Die Überplanung ist von großem Interesse für den Markt. Einerseits, weil hier von einem ortsansässigen Betrieb unmittelbar für den Markt Energie erzeugt wird und damit die Wertschöpfung tatsächlich im Gemeindebereich stattfindet.“ Darüber hinaus leiste das Unternehmen bereits heute „einen wichtigen Beitrag, Markt Indersdorf mit regenerativer Energie zu versorgen“.
Durch die geplante Erweiterung um die Freiflächen-PV-Anlage sowie die geplante Erzeugung von Wasserstoff könne der Standort auch für die Zukunft gesichert werden. Damit gibt es die Perspektive, dass das bestehende Fernwärmenetz weiter ausgebaut werden könne, so Bauamtsleiter Erich Weisser. Er betonte: „Das alles ist auch erforderlich, um den Verbrauch fossiler Energieträger im Gemeindebereich weiter zu verringern und damit einen wichtigen Beitrag für den langfristigen Schutz der Umwelt und der Natur zu leisten. Idealerweise hat sich hier ein Unternehmer gefunden, welcher sich dieser Aufgabe angenommen hat.“
Auch Bürgermeister Franz Obesser ist begeistert: „Das ist wegweisend. Eine tolle Sache, die zukunftsweisend ist, ich bin beeindruckt.“ Er betonte: „Sind wir froh, dass wir hier so findige Mitbürger haben, sie in Sachen Umweltschutz so vorrausschauend sind!“
Helmut Ebert (FW) lobte den Tatendrang von Josef und Maxi Götz: „Ich bin froh, dass wir hier so einen Betrieb haben, dass in Sachen Energiewende was weitergeht – wenn von der Regierung schon nichts kommt.“ cb