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Langfilmdebüt der Röhrmooserin Melanie Waelde kommt ins Kino - Er lief bereits bei der Berlinale

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Von: Christiane Breitenberger

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Eine Frau berührt einen Mann am Hals.
Eine Szene aus dem Kinofilm mit Katja (Marie Tragousti) und Sascha (Sammy Scheuritzel). © déjà-vu film / Czar Film 

Die Röhrmooserin Melanie Waelde hat einen Langfilm gedreht, der jetzt in München ins Kino kommt. Er wurde sogar schon bei der Berlinale gezeigt.

Röhrmoos/Berlin/Potsdam – „Willst du wirklich weg?“, fragt er sie. Pause. Lange genug, um viermal den eigenen Herzschlag zu spüren. „Ja“ sagt sie dann. Es ist eine Szene aus dem Langfilmdebüt von Melanie Waelde. Ein Film, der vor allem diejenigen berühren dürfte, die ihre Jugend im Dachauer Hinterland verbracht haben – in irgendeinem Hinterland. Wer jetzt allerdings in Richtung Rosenmüller-Filme denkt, liegt komplett daneben.

Manchmal muss man im Leben weg. Weg, um herauszufinden, wer man ist, wohin man wirklich will. Wie Melanie Waelde. Was sie wollte, wusste die damals 17-jährige Röhrmooserin ganz genau. Und für ihren Traum – musste sie weggehen. Sie will Filme machen. Also zog sie mit 17 von Röhrmoos nach Potsdam, um dort auf ein Filmgymnasium zu gehen. Heute, elf Jahre später, kommt ihr erster Langfilm ins Kino: Nackte Tiere.

Wer im Dachauer Hinterland seine Jugend verbracht hat, weiß, dass das Ende einer Party meist viele Kilometer Fußweg über Felder nach Hause bedeutet oder, dass derjenige mit Führerschein das dicke Los der Freiheit gezogen hat. Jemand, der hier aufgewachsen ist und Nackte Tiere anschaut, fühlt: Wer diese Geschichte erzählt, ist eine von uns. Eine, die das alles hier kennt, selber gespürt hat, wie es sich anfühlt, wenn man das Gefühl hat, „dass man in der Welt verloren geht“, wie es Melanie Waelde nennt.

Ihr war es wichtig, dass sie bei ihrem ersten Kinofilm nicht einfach einen Film mit „toller Handlung erzählt, sondern etwas, das echt ist“. Echte Gefühle, auch wenn viel Schmerz darunter ist. Schmerz, den viele Jugendliche fühlen, wenn sie an einem Scheidepunkt im Leben stehen und noch nicht richtig wissen, wer sie eigentlich sind.

Vier Menschen stehen nebeneinander vor dem Berlinale Palast.
Stolz bei der Berlinale v.l.: Isabelle C. Schnabel (Szenenbild), Melanie Waelde (Drehbuch & Regie), Marcel Bonewald (Szenenbild), Jessica Schneller (Montage) © Czar Film

In ihrem Film erzählt sie die Geschichte von fünf Teenagern. Fünf Freunden, die kurz vor dem Abi stehen und ihren letzten gemeinsamen Winter zusammen erleben.

Einige dieser Gefühle kennt die Regisseurin aus ihrer Zeit in Bayern. „Man kann, glaube ich, nur wirklich glaubhaft von einer Welt erzählen, wenn man mal auch Teil dieser Welt war. Auch wenn man nicht alles aus einer Geschichte selbst erlebt haben muss.“ Die fünf Freunde, von denen Waelde erzählt, finden sich auf ihrer Suche nach Halt, tun alles füreinander – und trotzdem stoßen sie sich oft voneinander weg, tun sich immer wieder weh. Die fünf leben nach ihren eigenen Regeln.

In ihrem Film lässt Waelde den Zuschauer intensiv die Zerrissenheit spüren, das ständige Wechselspiel aus Abgrenzung, Gewalt, Liebe und Einsamkeit. Oft ist das eine das selbe wie das andere. Das Publikum sieht einen Film voller Zärtlichkeit und gleichzeitig voller Schmerz.   

Deshalb wollte Melanie Waelde Filme machen: „Um Gefühle zu transportieren.“ Mittlerweile hat sie so viele Filme gemacht – auch im Landreis Dachau –, dass sie „irgendwann aufgehört hat, sie zu zählen“. Aber der Kinofilm, das ist einfach nochmal eine ganz andere Nummer.   

Voller Kinosaal, 800 Leute, Berlinale. Als die Zuschauer nach der Premiere klatschen, war das erstmal „einfach groß zu viel für mich, ich wollte am liebsten nur noch da raus laufen“, erzählt Melanie Waelde. Es war der Moment, in dem sie nach vier Jahren Arbeit an ihrem Debüt plötzlich keine Kontrolle mehr über ihren Film hatte. Davor war jedes Wort, jede Einstellung, jedes Gefühl, das was sie transportieren, zeigen wollte. „Doch wie das Publikum alles interpretiert, hast du nicht mehr in der Hand.“

Eine Sache wünscht sich Melanie Waelde allerdings: „wenn sich jemand den Film anschaut, der auch oft dachte, er ist allein mit all diesen verwirrenden Gefühlen, soll merken: Da ist noch jemand, der das alles sehr gut kennt.“ Sie weiß: „Manchmal lassen wir etwas hinter uns, das trotzdem Teil von uns bleibt, das uns geformt hat.“ So ist das auch bei ihr mit ihren Erfahrungen, die sie im Dachauer Landkreis gemacht hat. Mit Röhrmoos wird sie sich immer verbunden fühlen, auch, wenn sie jetzt in Potsdam wohnt.

Karlsfelderin hat den Film geschnitten

In Melanie Waeldes erstem Kinofilm ist noch mehr „Landkreis Dachau“ zu spüren. Den Schnitt für den Film hat ihre langjährige Freundin Jessica Schneller gemacht. Die Cutterin kommt aus Karlsfeld. Die beiden haben sich als Teenager im Internet über Youtube kennengelernt und dann festgestellt, dass sie nur ein paar S-Bahn-Stationen auseinander aufgewachsen sind. Seitdem machen sie gemeinsam Filme. „Es ist etwas ganz Besonderes, wenn jemand deinen Film schneidet, der dich auch kennt“, erklärt die Regisseurin. „Er weiß, welches Gefühl du transportieren willst, ohne, das du dich ständig erklären musst.“

Melanie Waelde studierte von 2013 bis 2017 „Drehbuch“ an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Seitdem arbeitet sie als freie Autorin und Regisseurin. Ihre Kurzfilme wurden auf diversen Festivals gezeigt. 2015 erhielt sie für ihren Dokumentarfilm „Like in Africa“ den „Deutschen Nachwuchsfilmpreis“.

Der Film

ist zu folgenden Zeiten im Werkstattkino, im Rückgebäude der Fraunhoferstraße 9, 80469 München zu sehen: Freitag, 18. September, und Mittwoch, 23. September, jeweils um 20.15 Uhr Sonntag, 20. September, und Montag, 21. September, jeweils um 18.15 Uhr.

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