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Päckchen zu Weihnachten - gefüllt mit süßen Freuden

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Von: Jörg Domke

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Ingeborg Nünke und Robert Schmitt von der Anzinger Wolinzy-Hilfe
Ingeborg Nünke und Robert Schmitt von der Anzinger Wolinzy-Hilfe waren sehr fleißig in den letzten Tagen und Wochen: 60 Packerl haben sie für belarusische Kinder gepackt. Sie gehen in diesen Tagen auf die Reise. © jödo

Anzing – Es ist ja nicht so, als litten nicht auch andere auf dieser großen weiten Welt irgendwie unter direkten oder indirekten Begleiterscheinungen einer Corona-Pandemie, die bald ihren zweiten „Geburtstag“ wird feiern können. Nach dem, was Ingeborg Nünke, Vorsitzende der Anzinger Initiative „Hilfe für Kinder aus der Gegend von Tschernobyl“ oder ihr Schriftführer Robert Schmitt aus dem belarusischen Dorf Wolinzy nahe der Grenze zur Ukraine in jüngster Zeit immer wieder geschildert bekommen, muss die Lage dort noch viel verheerender sein als hierzulande.

Valentine, Anna oder Maria, mit denen die Anzinger Helferinnen und Helfer es regelmäßig telefonisch zu tun haben, berichten jedenfalls von vielen Menschen in ihrer Heimat, die sehr krank seien. Und von Zuständen, die man sich bei uns nur schwerlich vorstellen kann. Nicht nur, dass der Staat Corona lange Zeit leugnete. Nicht nur, dass Menschen im Gesundheitswesen zur Weiterarbeit gezwungen wurden, obwohl sie sich mit Covid-19 infiziert hatten. In einem Umfeld, in dem sich den Bewohnern nicht einmal im Ansatz die Frage stellt, ob man sich impfen lassen soll oder nicht, sind erste echte Impfoptionen, wie es sie jetzt geben soll, so etwas geworden wie winzige Hoffnungsschimmer.

Viel Kranke in der weißrussischen Provinz

Von welchen Impfquoten gerade in der belarusischen Provinz auszugehen ist? Ingeborg Nünke weiß es nicht, vermutet aber nur sehr geringe Zahlen. „Die Leute dort erfahren ja nichts“, sagt sie. Und fügt an: Alle würden sich bedeckt halten, um nicht unnötig Schwierigkeiten zu bekommen. Am Telefon werde jedenfalls längst nicht alles besprochen, so die engagierte Anzingerin in einem Gespräch mit der EZ.

Für diese Art Zurückhaltung gibt es auch einen zweiten, ganz anderen Grund: Als Verein habe man sich zur Pflicht gemacht, keine Politik machen zu wollen, so die Vereinsgründerin, sondern ausschließlich Menschen zu helfen. Letztlich sei es schon schwierig genug geworden, den Bewohnern im Dorf Wolinzy – und speziell den dort lebenden Kindern – überhaupt Hilfe zukommen zu lassen.

Offiziell ist es vonseiten des belarusischen Staats nicht erwünscht bzw. erlaubt, dass ein ausländischer Verein, noch dazu aus einem westlichen Land, Notleidenden im Inland hilft. Die Anzinger Initiative weiß längst um diese praktischen Probleme, hat aber mithilfe von Vertrauensleuten in Weißrussland gangbare und zugleich legale Wege gefunden. Inzwischen ist es usus, dass Geldtransfers formell von Privatpersonen an Privatpersonen fließen. Und, zweite Bedingung: Die von Bayern überwiesenen Euros sind, weil es anders nicht geht, offiziell als Geschenke zu deklarieren. So will es der belarusische Staat.

Vertrauensleute helfen an Ort und Stelle

Hilfe auf derartige Beine zu stellen, wäre nicht möglich, gebe es nicht in Wolinzy und Umgebung Leute, denen die Anzinger Initiative bedingungslos vertrauen könnte. Maria, eine Dolmetscherin, ist eine davon. Valentina und Anna sind zwei andere. Letztere sind Lehrerinnen an der Dorfschule Wolinzy. Und, was nicht unwesentlich ist, zwei, die schon als Kinder zu Besuch waren bei Gastfamilien in Oberbayern. Außerdem arbeiteten beide einst auch schon als Au pairs; auf einem Pferdehof in Tulling bzw. auf einem Bauernhof in Kronacker.

Corona, sagt Ingeborg Nünke dieser Tage, habe die Vereinsarbeit in vielerlei Hinsicht quasi lahmgelegt. Den letzten Besuch von Kindern aus Wolinzy gab es im Sommer 2019. Vereinsinterne Entscheidungen hatte man seither bestenfalls in Online-Konferenzen treffen können.

Ohne die Besuche sei spürbar auch das Spendenaufkommen eingebrochen, heißt es. Es war also dieser Tage durchaus eine Kraftanstrengung, 60 Packerl für Kinder aus der ehemaligen Sowchose zu Weihnachten zu packen. Die entsprechend geschmückten Säckchen werden in diesen Tagen per Post verschickt, so Nünke und Schmitt. Alle gleichermaßen befüllt mit vorwiegend Süßem. Oder, wie die Klubchefin sagt, mit „Freude“. Der Versand jetzt sei, so die Anzinger HelferInnen, ein starkes Zeichen, dass auch die unsägliche Corona-Krise die entstandenen menschlichen Bande bis jetzt nicht hat zerstören können. Ingeborg Nünke trotzig: „Die Kinder sollen spüren, dass es uns noch gibt“.

Als es unlängst gelang, auf legalem Weg Euros an die Freunde in Wolinzy zu überweisen, konnten die Kinder des Dorfes diese Freude schon einmal buchstäblich mit eigenen Händen greifen. Mit der harten Währung glückte es, allen Winterschuhe zu kaufen. Gleich reihenweise bekamen die Anzinger Helfer danach per Internet Fotos von jungen Leute zugesandt, die mit strahlendem Gesicht nicht mehr und nicht weniger als ein paar neue Schuhe präsentierten.

Große Freude, dass man unlängst für alle Kinder Schuhe kaufen konnte

Ein billiger Spaß war das übrigens nicht: In Belarus kosten Kinderschuhe in Euro durchaus so viel wie hier bei uns. Grund genug für die Vereinsführung, in diesen Tagen mal wieder auf weiteren Finanzbedarf für künftige Hilfsaktionen zu verweisen und um Spenden zu bitten.

Spendenkonto

Die Spendenkontoverbindung lautet: Anzinger Initiative e.V., IBAN: DE 32 7016 9605 0002 5422 00 bei der VR-Bank Erding

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