Aktuelle Friedensbotschaften direkt vor der Friedensbuche vom 8. Mai 1945

Man kann auch demonstrieren, ohne die Veranstaltung Demo zu nennen, ohne Transparente, Losungen und laute Reden. Wie das geht, erlebte man bei einer Friedenswanderung im Ebersberger Forst.
Landkreis – Wie muss sich einst der 8. Mai 1945 angefühlt haben. Jener Tag, an dem in Europa der Zweite Weltkrieg offiziell zu Ende ging. Ein Tag voller Emotionen wird es damals für nahezu alle gewesen sein. Voller starker Gefühle, für die Begriffe wie Befreiung oder Erleichterung womöglich nur Untertreibungen sein können. Ludwig Neißendorfer, damals Hauptforstwart und Wirt der Anzinger Sauschütt, erlebte dieses Kriegsende. Und pflanzte wohl auch aus unendlicher Dankbarkeit darüber mitten im Ebersberger Forst spontan eine Buche. Eine Friedensbuche, um genau zu sein. Markiert ist sie sozusagen mit einem Gedenkstein, der bis heute auf das historische Ereignis vom 8. Mai aufmerksam macht.
Friedensbuche, gepflanzt am 8. Mai 1945
Das Ganze befindet sich bei der Anzinger Sauschütt, die es als Forstdienstgebäude und Gaststätte längst nicht mehr gibt. In direkter Nachbarschaft befindet sich jedoch die Kapelle „Zu unserer lieben Frau im Wald“ – entstanden durch eine Initiative von Revierjagdmeister Konrad Esterl und Ludwig Neissendorfer. Grundsteinlegung war im Mai 1995, die Einweihung ein Jahr später, fast genau vor 26 Jahren also.
Genau dieses Ambiente tief im Wald war am Sonntag Ziel einer Sternwanderung, die zurückging u.a. auf eine Initiative des Markt Schwabener Altbürgermeisters Bernhard Winter. Der ist zwar seit Jahren schon aus dem unmittelbaren, kommunalpolitischen Geschäft raus, engagiert sich aber gegenwärtig besonders und an vorderster Front in einem namens „Bündnis für den Wald“ (wir berichteten).
Seine Grundidee zur Friedenswanderung von Sonntag: Zeichen setzen und dabei drei Leitgedanken betonen: Frieden in der Welt, Frieden im Wald und Frieden im Landkreis.
Sternwanderung aus zwei Richtungen
Vom Parkplatz bei der Tennishalle bewegte sich am Vormittag bei sonnigem Wetter eine Gruppe Richtung Sauschütt. Mit dabei unter anderem die Forstinninger Blasmusik, die auf dem gut halbstündigen Weg zwischendurch zweimal zu Ständchen aufspielte. Und vor dem Start ein Geburtstagsständchen einspielte, das per Live-Stream nach England verschickt wurde. Zu Ehren der Mutter des Posaunisten Steve. Sie wurde 85 Jahre alt.
Die zweite Gruppe startete zeitgleich von Purfing aus. Musikalisch begleitet von der Jagdhorngruppe des Ebersberger Spielmannszuges. Logistisch klappte das alles vorzüglich. Fast zeitgleich trafen die Wanderer bei der Friedensbuche zusammen, wo bereits Brotzeiten und Getränke vorbereitet waren.
Wie angekündigt und von Winter ausdrücklich zur Bedingung gemacht, handelte es sich in der Tat nicht um eine Demonstration. Was angesichts der lokalen Konflikte um die Frage, ob der Forst auch Standort für Windräder sein könnte, nahegelegen hätte. „Wir wollen zeigen, dass Menschen, die verschiedene Meinungen haben, in der Tiefe oft dasselbe wollen“, betonte Winter dann in einem Grußwort. Und warb zugleich dafür, als Menschen einander zuzugehen. Aber auch zu spüren, dass ein Wald stets ein besonderer Ort sei. Und er machte mit Blick auf die aktuelle Kriegslage deutlich, dass die Menschenauf dieser Welt trotz allem zusammengehörten.
MusikerInnen aus Forstinning und Ebersberg mit dabei
Vizelandrat Walter Brilmayer griff ein Zitat auf, das ihn neulich nach eigenen Worten beeindruckt habe: „Man sieht den Vogel erst, wenn er davonfliegt“. Der Vogel, so der Exbürgermeister, könne in diesem Fall auch durch die Begriffe Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und/oder Gesundheit ersetzt werden. „Wir haben uns an Frieden und Freiheit gewöhnt und gehen damit um, ohne darüber nachzudenken, dass sie nicht selbstverständlich sind“, so Brilmayer. Sein zweiter Hauptgedanke: „Wir müssen in der Lage sein, auch innerhalb unseres Landes friedlich, fair, anständig und respektvoll zu politischen Entscheidungen zu finden. Das ist für mich ein Frieden im Kleinen“.
Forstbetriebsleiter Heinz Utschig übernahm die Aufgabe, Antworten zu liefern auf die Frage: Wer ist der Ebersberger Wald? Nicht Was..., sondern Wer. Seine Gedanken dazu in Stichworten: Der Wald ist unverzichtbar, schön, ist Natur, Leben, ist Schweigen und Emotion. Ist Einsamkeit, Lebensraum, Ressource und Wildnis zugleich. Und gelebter Generationenvertrag. Viele Stichworte also, über die zu reden sich so mancher Teilnehmer auch genügend Zeit nahm.
Mahnung zu mehr Miteinander
Randnotiz zum Schluss: Zur dringend nötigen Sanierung der Gedenksäule bei der Friedensbuche kamen spontan 410,50 Euro zusammen. Das Geld wurde sogleich Anzinger Bürgermeisterin Alte zur Verfügung gestellt.
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