Das steckt hinter dem Öko-Zauberwürfel

Im Ebersberger Stadtteil Hupfauer Höhe soll ein zukunftsweisendes Öko-Hochhaus entstehen. Wir sprachen mit einem der Investoren über das Projekt.
Ebersberg – Das Modewort in der Öko-Architektur lautet „vertikale Begrünung“. Die Welt blickt auf Mailand, wo die beiden Hochhaustürme „Bosco Verticale“ wie zwei riesige grüne Laubhaufen emporragen. Nacheiferer dieses wegweisenden ökologischen Vorzeigebaus tüfteln in europäischen Großstädten an ähnlichen Projekten wie etwa am Münchner Arabellapark.
Neue ökologische Maßstäbe
Dass aber ausgerechnet in der Kleinstadt Ebersberg ein grüner Zauberwürfel entstehen soll, lässt erstaunen. Im Stadtviertel Hupfauer Höhe soll ein Hochhaus gebaut werden, das ökologisch neue Maßstäbe setzt.
Hinter dem für das Stadtviertel Hupfauer Höhe entworfenen Bau steht eine Vision: Der Grafinger Immobilienunternehmer Jens Schild brütet seit vielen Jahren über seiner Idee, die nach einem grundsätzlichen Okay des Stadtrats nun in greifbare Nähe gerückt ist (wir berichteten).
Das Besondere: Das siebenstöckige, komplett barrierefreie Hochhaus mit Ladengeschäften, Praxen und etwa 45 Eigentumswohnungen soll mehr Energie erzeugen, als seine Bewohner verbrauchen können. Dafür sollen nicht nur das Dach, sondern auch die freien Elemente auf der Südseite großzügig mit Solarpaneelen bestückt werden. Geheizt werden soll per Fernwärme.
Begrünte Fassade
Die reichliche Begrünung tut ihr Übriges zu einer exzellenten Wärmedämmung. Es sei „gigantisch“, so Schild, wie man die Dämmfähigkeit von biologischen Materialien, also lebenden Bäumen, Büschen und Pflanzen, nutzen könne: „Im Sommer halten sie kühl, im Winter warm.“
Grafinger Architekt hat das Haus entworfen
Gemäß dem Entwurf des Grafinger Architekten Niko Rinkes (rinkes-architekten.de) sollen unter anderem die gesamten Ost- und Westfassaden begrünt werden. Außerdem entstehen durch eine Verschiebung der einzelnen Ebenen zueinander am Rand eines jeden Stockwerks Dachterrassen, Balkone und Freiflächen, die entsprechend bepflanzt werden sollen.
Auch an Carsharing ist gedacht
Die ökologischen Gedanken der Eigentümer- und Investorengruppe, der ausschließlich Bürger und Unternehmer aus dem Landkreis Ebersberg angehören, enden aber nicht bei der Energie. Sie wollen Ideen des Carsharings und der Elektromobilität mit in die Planung einbeziehen. Das könnten laut Schild etwa Autos und Lastenfahrräder sein, die sich die Hausgemeinschaft teilt, und Stromladesäulen in der etwa 70 Parkplätze bereithaltenden Tiefgarage unter dem Haus.
Letztere könne übrigens für eine Parkflächenentlastung der gesamten Umgebung sorgen, sagt Schild. Auch die benachbarten Mehrfamilienhäuser aus den 1960er Jahren – bisher gänzlich ohne unterirdische Stellplätze – könnten durch eine Erweiterung der Tiefgarage „ohne weiteres“ Parkplätze unter der Erde schaffen.
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Das Ganze wird sicherlich nicht gerade günstig, gibt Schild unumwunden zu. Den Investoren sei bewusst, dass das Gebäude ohne all seine Vorzüge vielleicht 20 Prozent teurer würde als herkömmliche Bauten. „Aber wir sind nachhaltig und langfristig orientiert“, betont Schild. Nach einigen Jahren würden sich die Mehrkosten durch die marginalen Betriebskosten spielend amortisieren.
Investor: Nachfrage wird gewaltig sein
Zumal die Nachfrage nach den Eigentumswohnungen „gewaltig“ sein wird, davon ist der Immobilienfachmann und Chef einer Grafinger Hausverwaltung überzeugt. Dennoch wolle man nicht nur für wohlhabende Münchner bauen, die sich im Speckgürtel eine Wohnung mit Bergblick leisten möchten. Etwa ein Viertel der Wohnungen würden verhältnismäßig günstig bevorzugt an Ebersberger vergeben werden, verspricht Schild, der nicht nur ökologisch, sondern auch sozial „ein ganzheitliches Zukunftspaket“ schnüren möchte.
Ebersberger bevorzugt
Im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags soll das Rathaus die Kriterien vorgeben, nach denen die Käufer ausgewählt werden sollen. „Dadurch, dass auf dem Grundstück mehrgeschossig gebaut wird, entsteht ja ein Gewinn. Diesen wollen wir zumindest teilweise weitergeben, um Ebersbergern zu ermöglichen, sich vor Ort Eigentum zu leisten“, so Schild. Bisher steht auf der Fläche schräg gegenüber von der Realschule ein einstöckiges Gebäude mit Ladengeschäften.
Stadtrat sagt: „Interessante Geschichte“
Der Stadtrat will das Viertel ohnehin stärken und war bei der Entwurfsvorstellung im Rathaus einhellig der Meinung, dass „das eine interessante Geschichte“, so Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) ist. Das Haus mit Café, Bäcker sowie im Idealfall Frisör, Arzt oder Physiotherapeut im Erdgeschoss sei als stadtteilbildendes Konzept zu sehen. „Die Leute sollen hier wieder zusammenkommen“, schwebt Schild vor.
Uta Künkler