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Kunstwerk ist „Amtsanmaßung“: Landratsamt droht Arakadien-Macher

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Peter Kees, Festivalleiter, und der Stein des Anstoßes. Dieses Kunstwerk stellt nach Meinung der Unteren Straßenverkehrsbehörde eine „Amtsanmaßung“ dar.
Peter Kees, Festivalleiter, und der Stein des Anstoßes. Dieses Kunstwerk stellt nach Meinung der Unteren Straßenverkehrsbehörde eine „Amtsanmaßung“ dar. © Rossmann

Kurz vor Schluss gerät das Arkadienfestival des Ebersberger Kunstvereins in die Mühlen der Bürokratie. Das Landratsamt Ebersberg holt den schweren Hammer raus und wirft Festivalleiter Peter Kees „Amtsanmaßung“ vor. Es droht mit dem Strafrecht.

Ebersberg – Der Ebersberger Kunstverein hat für sein Arkadien-Festival ein hohes Maß an Wohlwollen von der Stadt Ebersberg und vom Landratsamt erfahren. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) und Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) unterstützten die Macher des Festivals tatkräftig. Dennoch gibt es jetzt Ärger. Nicht jedem Mitarbeiter im Landratsamt scheint sich der Sinn von Kunst gleichermaßen zu erschließen.

Böse Post von der Straßenverkehrsbehörde

Festivalleiter Peter Kees flatterte jetzt ein Brief von der Unteren Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt ins Haus. In dem wird ihm mitgeteilt, dass das Aufstellen des Entschleunigten Parkplatzschildes – ein Kunstwerk des „Vereins zur Verzögerung der Zeit“ – unter der Rampe in der Ebersberger Altstadtpassage eine Amtsanmaßung darstelle und strafrechtlich geahndet werden könne, „da nur die Straßenverkehrsbehörde eine derartige Beschilderung anordnen kann. Die Beschilderung müsste dann jedoch StVO-konform sein, was hier nicht der Fall ist.“

Zur Erinnerung: Am entschleunigtem Parkplatz wird das Parken immer billiger, je länger man sein Fahrzeug dort stehen lässt. in den Augen vieler ein durchaus anregender Beitrag zur gegenwärtigen Mobilitätsdebatte. Ärger gibt es noch wegen eines weiteren künstlerischen Beitrages: der Innehaltestelle des „Vereins zur Verzögerung der Zeit“. Auch hier würde Amtsanmaßung betrieben: „Bei der Haltestelle mit Sitzbank befinden wir uns neben der Amtsanmaßung im Bereich einer verbotenen Werbung/Propaganda für Ihren Kunstzweck im außerörtlichen Bereich. Dies ist nach § 33 StVO ebenfalls nicht zulässig. Des Weiteren befindet sich die Örtlichkeit an einer Staatsstraße. Hier könnte auch das Staatliche Bauamt in Rosenheim eine große Rolle hinsichtlich der Anbauverbotszonen spielen. Aktuell gehen wir von einem Hindernis im Straßenraum aus,“ heißt es in dem Schreiben wörtlich.

Landratsamt: „Kunstobjekte“ sind zu entfernen

Festival-Chef Kees wird aufgefordert sowohl die „Parkplatzbeschilderung unter der Rampe (Altstadtpassage) Ebersberg und die Haltestelle mit Sitzbank vorm Ortseingang Ebersberg aus Wasserburg kommend umgehend zu entfernen.“ Zudem wird ihm mitgeteilt: „Sollten sich noch weitere „Kunstobjekte“ im Landkreis befinden, sind auch diese zu entfernen.“

Kunst muss also grundsätzlich weg, jedenfalls wenn es nach der Unteren Straßenverkehrsbehörde geht. Sowohl Landrat Robert Niedergesäß – mit einem Augenzwinkern auch Landrat von Arkadien genannt –, als auch Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske reagierten Kees gegenüber entspannt, wie der Arkadische Botschafter erzählt. Was wäre Kunst, wenn sie nicht auch zu provozieren vermag? Proske sagte, die Behörde habe „komplett spaßbefreit“ reagiert. Er werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Ihm falle zu diesem Schreiben eigentlich nichts ein. „Da fehlen mir die Worte“.

Landrat Niedergesäß kommentierte den Brief seiner Mitarbeiterin nicht, er ließ aber über seine Sprecherin Evelyn Schwaiger mitteilen, dass die „Kunstwerke bis zum Ende der Aktion an diesem Sonntag vor Ort bleiben können und dann wieder entfernt werden“. Das sei mit Kees vereinbart worden.

Arkadienfestival fühlt sich geadelt

Das Schreiben der Unteren Straßenverkehrsbehörde hat das Arkadien-Festival in den Augen von Kees jedenfalls geadelt. „Etwas Besseres hätte uns zum Abschluss gar nicht passieren können,“ sagt der Steinhöringer. Ob nun die Polizei, der das Schreiben der Behörde in Kopie zuging, aktiv wird, wird sich zeigen. „Wenn, dann hätten wir in Ebersberg auch einen arkadischen Polizeichef,“ schmunzelt Kees, „wobei, so etwas wie Polizei braucht es in Arkadien gar nicht.“

Dem Arkadien-Festival kann man jetzt jedenfalls attestieren: Auftrag erfüllt, wollte man sich doch mit der Kunst im Öffentlichen Raum in den derzeitigen gesellschaftlichen Wandel einmischen, Fragen stellen, Ausrufezeichen setzen und Denkanstöße geben – das ist ganz offensichtlich treffsicher gelungen.  

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