Die Volksseele kocht weiter: Wieder Demonstration gegen Bahn-Vorschläge zum Brenner-Nordzulauf

Aus Protest gegen den geplanten Bau einer neuen Bahntrasse zum Brenner sind am Samstag in Grafing mehrere hundert Menschen auf die Straße gegangen. „Stopp den W(B)ahnsinn“ und „Ist die Bahntrasse gebaut, ist die Heimat versaut“, war auf Transparenten zu lesen.
Grafing – Etwa 300 Demonstranten, gut 20 landwirtschaftliche Fahrzeuge mit großen Transparenten, viele Kinder mit Plakaten („Ich schütze Heimat und Natur“) und jede Menge Politprominenz: Auch die jüngste Demonstration auf einem freien Feld zwischen Eisendorf und Oberelkofen machte am Samstag deutlich: Der Widerstand gegen die vier Wahltrassen zum Brenner-Nordzulauf wird nicht weniger. Und: Es gibt neue Aspekte.
In der Wochenendausgabe stellte die Ebersberger Zeitung die „Bürgertrasse“ vor. Erarbeitet hat diesen Vorschlag der Projektcontroller Andreas Brandmaier aus Niclasreuth. Kurz gesagt besteht seine Planungsalternative aus einem Gleisverlauf, der sich nahe an der Bestands-trasse entlangschlängelt – zum größten Teil auf bahneigenem Gelände, was von Vorteil ist. Im Aßlinger Bahnhof kommt dieser Vorschlag mit nur einem zusätzlichen Gleis zurecht – wegen der damit geschaffenen Ausweichoption für die hier durchfahrenden Züge.

Nach einer Pressekonferenz im Grafinger Rathaus am Samstagvormittag nutzte aber auch der Brucker Bürgermeister Josef Schwäbl das Forum der Demonstration, um unter Beifall seine eigene Trassenvariante vorzustellen. Die verläuft fast durchweg östlich der bestehenden zwei Gleise und mündet in Grafing-Bahnhof wieder auf den alten Gleiskörper. Vorteil: Der Soldatenfriedhof in Elkofen wird nicht tangiert, der bestehende Golfplatz nicht zerschnitten, es müssen keine Gebäude weichen und das an der Attelleiten befindliche FFH-Gebiet wird nicht berührt. Außerdem seien so Zuggeschwindigkeiten von 230 Stundenkilometern möglich. Dafür gab’s von den Demonstranten spontanen Beifall, noch dazu, wo Schwäbl als Politpraktiker auf eines hinwies: Für den Neubau nach seinem Vorschlag könnten die alten Bahngleise abgebaut werden. Es würde ein wertvolles Biotop entstehen ähnlich dem des alten Moosacher Bahndammes. Damit würde die Problematik der Ausgleichsflächen gleich mit erschlagen, denn der Brucker Bürgermeister ist der Ansicht, dass es für alle vier von der Bahn vorgeschlagenen Trassen tatsächlich keine ausreichenden Ausgleichsflächen geben würde. Schwäbl: „Nicht eine einzige“.
Brenner-Nordzulauf: Bürgermeister Schwäbl macht konkreten Vorschlag
Zusätzlicher Vorteil von Schwäbls Planung: Im Aßlinger Bahnhofsbereich könnte für die neuen Gleise durch den Einbau von einfachen Stützmauern mit einem Betondeckel obendrauf eine lärmschutztechnische Verbesserung erreicht werden auch für diejenigen, die jetzt bereits unter dem Krach der durchfahrenden Züge leiden. Ein Plus für alle Anlieger.
Nachdem jetzt zwei neue Alternativen zur Planung der Bahn vorliegen, forderte Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) unmissverständlich: „Einen Flächenverbrauch wollen wir nicht und halten ihn auch nicht für notwendig.“ Die zwei neuen Trassenvorschläge erscheinen ihm „machbar“. Es sei „lohnenswert, sich das genauer anzuschauen“, fand auch der CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber. Dass die betroffenen Gemeinden vorübergehend aus Protest aus dem Bahndialog ausgestiegen seien, sei „ein Hilferuf nach Berlin“ gewesen, so Huber. „Wir wollen Antworten auf unsere Fragen, dann werden wir an den Verhandlungstisch zurückkehren“, meinte der Abgeordnete und fügte hinzu: „Sonst ist das ein Placebo-Dialog.“ Die zwei neuen Trassenvorschläge seien eine „gute Grundlage für weitere Diskussionen.
Brenner-Nordzulauf: Verkehrsministerin Schreyer fordert Schutz von Landschaft und Anwohnern
„Laut und deutlich sein“ und sich „konstruktiv einzubringen“, riet SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher den Beteiligten. „Wir sind darauf angewiesen, dass der Bund anständig mit uns umgeht“, sagte die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) , die mit einer halben Stunde Verspätung zu den Demonstranten stieß. Die „Landschaft und Anwohner schützen“ und „möglichst viel unterirdisch“ müsse bei der Trassenplanung das Ziel sein, so Schreyer. „Der Protest flaut nicht ab“, freute sich der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz darüber, dass trotz schönsten Ausflugswetters so viele Demonstranten gekommen waren. Lenz wollte in Zukunft selbst eine „Demonstration vor dem Bundesverkehrsministerium“ nicht ausschließen, sollte die Bahn sich nicht bewegen.

Brucks Bürgermeister Schwäbl legte Wert auf die Feststellung, dass sein Vorschlag keine Fundamentalopposition gegen die Vorschläge der Bahnverantwortlichen sei, sondern eben eine neue Variante zur „orangenen Trasse“ der Bahn darstelle. Susanne Höpler vom Arbeitskreis Bahnlärm machte noch auf einen zusätzlichen Kummerpunkt aufmerksam. „Wir werden von der Bahn immer wieder vertröstet und mit Uraltzahlen abgespeist“, sagte sie und verwies darauf, dass es bisher keinerlei Lösungsansätze gebe, wie der durch den neuen Brenner-Zulauf generierte zusätzliche Zugverkehr durch den „Flaschenhals“ bei Kirchseeon durchgeschleust werden soll.
Bürgermeister Bauer freute sich darüber, dass inzwischen viele Bürgermeister „aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus“ zu den Demonstranten zählen. Auch der Rosenheimer Landrat Otto Lederer und Ebersbergs Vize-Landrat Walter Brilmayer waren mit dabei.
Lesen Sie auch den Kommentar zum Alternativvorschlag eines Aßlingers.
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