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Pro und Contra Windräder im Ebersberger Forst: Eine Redaktion, zwei Meinungen

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Von: Armin Rösl, Michael Acker

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Windrad im Wald
Ein Windrad im Wald. Sollen auch im Ebersberger Forst Energieriesen gebaut werden? Darüber wird heftig debattiert © Armin Weigel/dpa

Das Thema lässt die Emotionen hochkochen. Sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass im Ebersberger Forst fünf Windräder gebaut werden können? Bis zum 16. Mai kann abgestimmt werden. Hier ein Pro und Contra aus der Redaktion.

PRO

Nutzen größer als Schaden

Der Mensch sollte sich, auch im Landkreis Ebersberg, an das Bild von Windrädern gewöhnen. In Zeiten, in denen der Klimawandel nicht mehr zu leugnen ist und in denen endlich gehandelt werden muss, statt immerzu nur diskutiert, sind Windkraftanlagen ein guter und wichtiger Beitrag für eine bessere Welt. Für die umweltfreundliche Energieerzeugung, die, im Falle der fünf Windräder im Ebersberger Forst, laut Berechnungen etwa 40 bis 45 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt – womit ein Fünftel der Haushalte im Landkreis Ebersberg versorgt werden könnten.

Ob es tatsächlich dazu kommt, wird im Bürgerentscheid noch gar nicht entschieden. Zugegeben, die Fragestellung ist kompliziert – das ist sie meist bei Bürgerentscheiden. Darüber zu diskutieren, ist müßig. Es geht schlichtweg um die grundsätzliche Frage, ob im Ebersberger Forst maximal (!) fünf Windräder errichtet werden sollen.

Ich sage: ja.

Erstens: Weil jede Möglichkeit der ökologischen Energiegewinnung genutzt werden sollte. Zweitens: Die Fläche im Ebersberger Forst ist, gemessen an der Gesamtgröße des Waldes, mit 1,5 Hektar (entspricht etwa zwei Fußballfeldern) sehr gering. 0,02 Prozent des Landschaftsschutzgebietes. Das ist verschmerzbar, für Mensch und Tier. Der Nutzen für alle ist weitaus größer.

Nicht vergessen: Es handelt sich hier nicht um eine großflächige Rodung aus wirtschaftlichen Gründen, wie sie tagtäglich im brasilianischen Regenwald geschieht (wo pro Minute eine Fläche von etwa drei Fußballfeldern abholzt wird), sondern um eine von allen Seiten und Behörden streng bewachte und reglementierte Maßnahme, die unserer Umwelt, unserem Klima nutzt.

Ebenso, wie es schon die vielen und hoffentlich immer mehr werdenden Photovoltaikanlagen tun, die es auch im Landkreis Ebersberg gibt. Auf Dächern oder aufgeständert am Boden entlang an der A 94. An das Bild dieser großflächigen Anlagen haben sich die Menschen hierzulande bereits gewöhnt.

Apropos Landschaftsbild: Würden es der Wind und die nur in Bayern geltende 10H-Regelung (Windenergieanlage muss einen Abstand zur nächsten Wohnbebauung haben, der das zehnfache ihrer Gesamthöhe entspricht) zulassen, würde ich auch einen Windpark zwischen Grub und Parsdorf (A 94) befürworten. Dort aber entsteht ein weiteres Gewerbegebiet. Ohne große Abstandsregelung.

Natürlich ist der Ebersberger Forst ein hohes Gut im Landkreis Ebersberg, das es vorzugsweise zu pflegen und zu erhalten gilt. Das wird in großen Teilen gemacht, daran ändert sich auch künftig nichts. Aber er ist auch: ein Staatsforst und ein Nutzwald. Als letzterer kann er noch mehr ein Nutzen für die nächsten Generationen sein, wenn er fünf Windräder beherbergt.

Armin Rösl

CONTRA

Forst soll für Fehler herhalten

Auf seinem Weg zur Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern braucht der Landkreis nicht nur fünf Windräder, er braucht viele mehr. Das wurde schon vor knapp zehn Jahren klug erkannt. Die Verantwortlichen erstellten für viel Geld einen Konzentrationsflächenplan, der mögliche Standorte für die Rotoren quer über den Landkreis verteilt festlegte.

Dieser Plan verschwand kurz nach seiner Präsentation im Mülleimer der Geschichte. Warum? Der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer und seine CSU hatten kalte Füße bekommen. Sie fürchteten den Widerstand aus der Bevölkerung und erfanden die unselige 10H-Regelung, die Ruhe bringen sollte. Die brachte sie in der Tat. Gleichzeitig war sie aber der Todesstoß für den Ausbau der Windenergie im Freistaat. Noch heute steht die CSU zu dieser populistischen Regelung. Schon deswegen sollte man den Bau von Windrädern im Ebersberger Forst verhindern. Der Wald soll – als schwächstes Glied in der Kette – für eine verfehlte Energiepolitik herhalten.

Es gibt aber weitere gute Gründe für ein Nein beim Bürgerentscheid am 16. Mai. Es kann nicht richtig sein, für den Umwelt- und Klimaschutz das anzutasten, was wie nichts anderes im Landkreis für eben diesen Klimaschutz steht. Der Forst, der seit Jahrzehnten erfolgreich zu einem Mischwald umgebaut wird, ist ein Juwel: Wasserspeicher, Sauerstoffspender, Heimat für zahlreiche Tierarten, Naherholungsgebiet im Speckgürtel Münchens mit all seinen Straße und Gewerbegebieten. Nicht umsonst genießt er hohen Schutzstatus, der – nach ablehnendem Gutachten – mit dem Zauberwort „Zonierung“ nun so hingebogen werden soll, dass es irgendwie passt.

Zugegeben: Seine Funktionen hätte der Forst auch mit fünf Windrädern noch. Aber: Deren Bau wäre ein Dammbruch, das kann die Phalanx der Befürworter nicht wegdiskutieren. Natürlich stehen Landrat Niedergesäß und der Kreistag im Wort, dass es bei fünf Rotoren bleiben soll. Niemand will ihnen hier unterstellen, sehenden Auges in den Wortbruch zu steuern. Doch: Was ist in der Zukunft, vielleicht in ein paar Jahrzehnten, wenn ein anderer Landrat und ein anderer Kreistag die Geschicke lenken? Halten sie sich an ein Wort, das sie nie gegeben haben? Man kann getrost Zweifel haben. Ist die Tür für bauliche Eingriffe in den Forst einmal geöffnet, kriegt man sie nie mehr ganz zu.

Überdies: Landrat und Kreistag haben sich einen schlanken Fuß gemacht und die Entscheidung in Bürgerhand gegeben. Das taten sie, weil sie natürlich von der hohen Emotionalität des Themas wussten. Gewählt wurden sie aber, um Entscheidungen (auch wichtige) für die Region zu treffen. Sie haben gekniffen, um am Ende nicht als Verlierer dazustehen. Auch deswegen: Nein!

Michael Acker

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