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Keine Fachkräfte, Schwarzarbeit: Friseurmeister aus Poing berichtet über Probleme bei Personalsuche

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Von: Armin Rösl

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Ein Fächer voller Absagen: Friseurmeister Johannes Mittermeier mit den Jobvermittlungspapieren von der Arbeitsagentur.
Ein Fächer voller Absagen: Friseurmeister Johannes Mittermeier mit den Jobvermittlungspapieren von der Arbeitsagentur. © Armin Rösl

Friseurmeister Johannes Mittermeier hat seinen Herrensalon „Da Boda“ in Poing vorerst schließen müssen. Zum Fachkräftemangel kommen weitere Probleme bei der Personalsuche hinzu.

Poing – Johannes Mittermeier hat alles versucht: Stellenausschreibungen via Zeitungsanzeigen, in sozialen Medien, als Vermittlungsgebühr hat er privat sogar 111 Kisten Bier angeboten. Nichts. „Es gibt keine Fachkräfte“, sagt der Friseurmeister, der in Poing drei Salons betreibt, dazu in Erding und München jeweils einen. Nun musste er den Herrenfriseur „Da Boda“ in Poing schließen. Seit sechs Monaten, erzählt er, seien er sowie die weiteren Geschäftsführer Kathrin Mittermeier und Giuseppe Carlucci auf der Suche. Sind beim Jobcenter gemeldet, doch von den rund 25 Vermittlungsangeboten, die sie bekommen haben, hat sich keiner rückgemeldet. Mittermeier hat die Formulare aufgehoben.

Poing: Auf Jobvermittlung nur Absagen

Oftmals seien es Asylbewerber, die von der Arbeitsagentur vermittelt werden. Aber: „Viele wollen nicht über ein bestimmtes Einkommen hinauskommen, damit sie weiterhin staatliche Förderungen für Wohnung und so weiter erhalten.“ Stattdessen, so berichtet Johannes Mittermeier aus zahlreichen Gesprächen, wollten Interessenten, „von denen viele gar kein Deutsch sprechen“, den zusätzlichen Lohn lieber „schwarz“ erhalten. Das mache er nicht.

Poing: Friseurmeister berichtet, dass viele lieber „schwarz“ mehr Lohn verdienen möchten

Vor rund eineinhalb Jahren habe er einen Asylbewerber aus einer Unterkunft in München geholt, ihm eine Wohnung verschafft und ihn als Friseur im Herrensalon „Da Boda“ angestellt, erzählt der Friseurmeister. Der Neue habe gut gearbeitet, Spaß mit dem Kunden gehabt, Deutsch gelernt. Nach eineinhalb Jahren aber habe er aufgehört. Gefragt nach dem Grund habe der junge Mann geantwortet, dass seine Freunde aus Asylbewerberheimen ihm geraten hätten, sich lieber arbeitslos zu melden und „schwarz“ zu arbeiten.

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Es sei ein generelles Problem, dass die Schere zwischen Berufen im Niedriglohnsektor wie Friseur, Bäcker und Metzger zum Rest immer größer werde, sagt Johannes Mittermeier. Zahle man als Arbeitgeber einen vernünftigen Lohn, um Fachkräfte und somit gute Qualität zu bieten, mache sich dies auf die Preise für den Kunden bemerkbar. Der Mittelstand, so das ernüchternde Fazit des Friseurmeisters, werde vom Staat allein gelassen. Das merke er gerade jetzt wieder, wo Rückzahlungsforderungen für Corona-Soforthilfen eintrudeln.

Poing: Herrensalon soll wieder öffnen

Deutsche Fachkräfte gebe es in seinem Sektor fast gar nicht, sagt Mittermeier. Er aber wolle nicht aufgeben und mit Hochdruck ein neues, qualitativ gutes Team für den Herrenfriseur-Salon aufbauen, damit dieser wieder öffnen kann. „Die Schließung ist nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, das Konzept funktioniert.“ Allerdings nur mit entsprechendem Personal. Hierfür werde er weiter auf die Suche gehen, auch bei Asylbewerbern. In den vergangenen Jahren hatte er schon mehreren die Chance gegeben. Das kann er allerdings nur, wenn sich auf die Vermittlungsangebote des Jobcenters tatsächlich jemand bei ihm meldet.

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