- vonJörg Domkeschließen
Poing steht finanziell noch lange nicht am Abgrund. Aber es sind wichtige Einnahmen weggefallen. Jetzt wurde über den Haushalt für das kommende Jahr debattiert.
Es gibt hier zulande Gemeinden, die wären froh, hätten sie jährlich verlässliche Gewerbesteuereinnahmen von fünf Millionen Euro. Die Gemeinde Poing hatte dagegen vor einigen Wochen die Nachricht erhalten, einen Gewerbesteuereinbruch in genau dieser Höhe verschmerzen zu müssen.
Vor genau diesem Hintergrund verlief am Donnerstag die Haushaltsdebatte im Poinger Gemeinderat, in der am Ende ein 72-Mio.-Gesamtpaket für 2020 bei einer Gegenstimme des FDP-Ratsherrn Wolfgang Spieth (er wollte dem mehrteiligen Beschluss nicht ungeteilt zustimmen) verabschiedet wurde. Ein Etat unter einem gewissen Vorbehalt, wie Bürgermeister Albert Hingerl betonte. Sollte der neue Gemeinderat grundsätzlich andere Prioritäten setzen wollen, könne man noch immer entsprechende Korrekturen über einen Nachtragshaushalt vornehmen, so der SPD-Rathauschef. Für ihn, Hingerl, war es die letzte Haushaltsdebatte, er scheidet im kommenden Frühjahr bekanntlich aus.
Kreditaufnahme von 8 Millionen Euro steht an
Der Etat für das nächste Jahr sieht eine Kreditaufnahme in Höhe von acht Mio. Euro vor. Dass man mit Darlehen den Wegfall von Steuereinnahmen zu kompensieren versuche, sei womöglich gesetzlich unzulässig, so Spieth. Er verwies auf frühere Stellungnahmen des Landratsamtes, die der Gemeinde Poing zuletzt eine bereits „angespannte Finanzlage“ attestiert hatten. Dem hielt Gemeindekämmerer Holger Schmidt sinngemäß entgegen, dass aus Ebersberg durchaus auch seltsame Briefe kämen. Einerseits bestätigte er ein solches Schreiben, andererseits gebe es aber auch ganz gegenteilige Stellungnahmen aus der Kreisstadt. Etwa, wenn es um die Beurteilung Poings als Zahler bei der Kreisumlage gehe.
Spieth kritisierte gleichsam eine weitere Verschuldung auf insgesamt wohl 33,25 Mio. statt der zuletzt kolportierten 30 Mio. Euro. Man müsse mehr Einnahmen generieren, doch genau das sei nicht erkennbar.
Haushaltsrechtlich sei alles in Ordnung, antwortete Schmidt. Als Kämmerer sehe er keine juristischen Schwierigkeiten. Hingerl konterte derweil mit einer Gegenfrage Richtung Spieth, wo denn zuletzt Vorschläge der FDP zur Einsparung gewesen seien. Alles, was im Haushalt 2020 stehe, gehe auf entsprechende Ratsbeschlüsse zurück. Poing habe, so der Rathauschef zusammenfassend, seit Jahrzehnten eine solide Finanzpolitik betrieben.
FWG-Gemeinderat Günter Scherzl verwies wie sein Grünen-Kollege Manfred Kammler auf die vielen Pflichtaufgaben. Mittelfristig sei man aber in der Tat gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen.
CSU-Fraktion fordert ein Wirtschaftskonzept
Eva-Maria Lawes (CSU) signalisierte im Plenum als Erste die Bereitschaft ihrer Fraktion, dem Etat in der vorgelegten Fassung zuzustimmen. An einer Konsolidierung im größeren Stil werde man aber angesichts der Gesamtverschuldung nicht herumkommen. Für die CSU-Fraktion forderte sie ein kommunales Wirtschaftskonzept ein. Ideen des politischen Mitbewerbers auf Erweiterung des Bürgerhauses in einem zweiten und dritten Bauabschnitt erteilte sie im Namen der Fraktion eine Absage.
Als man die Bürgerhaus-Erweiterung ins Spiel gebracht hatte, war von den Einbußen bei der Gewerbesteuer noch nichts bekannt, erwiderte Bärbel Kellendorfer-Schmid für die SPD. Ihr Fraktionskollege Rainer Koch nutzte die Haushaltsdebatte zu einer persönlichen Bilanz und gleichzeitigem Ausblick nach Jahrzehnten im Gemeinderat. Koch steht im nächsten Rat nicht mehr zur Verfügung. Man könne, mahnte er in alle politischen Richtungen, nicht warten und dringend benötigte Einrichtungen für Kinder und Jugendliche erst bauen, bis die Schulden wieder weg seien. Stattdessen gelte es, jetzt die günstigen Zinsbedingungen zu nutzen, zumal die Gemeinde nach wie vor in der Lage sei, die Kredite auch zu bedienen.
Rainer Koch: Günstige Zinsbedingungen nutzen
Der Ort Poing habe sich aus seiner Sicht in den letzten drei Jahrzehnten nur deshalb so gut entwickeln können, weil es politischer Konsens gewesen sei, für möglichst viele Bürger Infrastruktureinrichtungen zu schaffen. Einrichtungen, die Begegnungen in einem großen Umfang erst haben möglich werden lassen. Damit sei auch ein Beitrag für den innerörtlichen Frieden geleistet worden.
Koch sprach sich mit Blickrichtung auf den nächsten Gemeinderat dafür aus, an der geplanten Erweiterung des Bürgerhauses festzuhalten. Und er warnte davor, den Eindruck zu hinterlassen, die Gemeinde stehe womöglich finanziell am Abgrund.