Eine Million Schulden: Der Glücksspiel-Pate von Vaterstetten

Ein Metzger und Glücksspielunternehmer aus Poing ist am Amtsgericht Ebersberg zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt worden. Grund: Er betrieb eine illegale Spielhölle.
Vaterstetten – Ein Mafia-Imperium hinter der Fassade eines Fleischerladens: mit diesem Konzept hat die amerikanische Kult-Fernsehserie „Die Sopranos“ fünf Golden Globes gewonnen. Drehbuchverdächtig war auch die abgespeckte, dafür reale Version der Geschichte – ohne Drogen, Waffen und Gewalt, aber mit Hinterzimmer-Glücksspiel, angeblichen Affären und Bedrohung. Der Spielort: Vaterstetten.
Kammerl voller Spielautomaten
Ein Metzger und Glücksspielunternehmer aus Poing hatte dort, im Hinterzimmer seiner Metzgerei, sieben Automaten aufgestellt, zwei eines Sportwettenanbieters, fünf für klassisches Bargeld-Glückspiel. Vor dem Ebersberger Amtsgericht ging es nun darum, ob es sich bei dem Kammerl um eine illegale Spielhölle handelte – oder nur um einen Lagerraum, wie der 40-jährige Angeklagte wortreich versicherte. „Ich war richtig schockiert, als die da reinmarschiert sind“, sagte er über die polizeiliche Durchsuchung seiner Räume im April 2022.
Der Verteidiger des Mannes hatte sich für Angriff als effektivste Form der Verteidigung entschieden. „Die Vorwürfe werden komplett bestritten, das hat nie stattgefunden!“, legte er los. Sein Mandant habe die Spielautomaten in dem Raum nur zum Ausschlachten aufgestellt – als Ersatzteillager für die insgesamt fünf Spielstätten, die er zwischenzeitlich betrieben habe, etwa an der Wasserburger Landstraße in München sowie in Markt Schwaben.
Ex-Angestellte hatte den Angeklagten angezeigt
„Die Leute regen sich auf, hauen auf die Knöpfe und die Scheibe“, erklärte das der Angeklagte. Displays, Geldeinzugsschächte und andere Verschleißteile müssten eben ausgewechselt werden, dafür habe er gebrauchte Automaten herumstehen gehabt. Im Übrigen habe er im Verkaufsraum seiner Metzgerei bis kurz vor dem ersten Corona-Lockdown ganz legal drei Wettautomaten betrieben. Seine Ex-Angestellte (48), die den Mann übrigens in der Sache angezeigt hatte, müsse das legale Glücksspiel vorn und das legale Lager hinten gedanklich zu etwas Illegalem vermengt haben, so sinngemäß die Argumentation.
Im Übrigen habe er eine sexuelle Affäre mit der Frau gehabt, die damals für ihn gearbeitete habe. Es sei zwischen ihm, ihr und dem gehörnten Ehemann viel Porzellan zerbrochen, weshalb das Paar Geld von ihm gewollt habe. Das unterstrich auch der Verteidiger in seinem Plädoyer.
Staatsanwalt: Jede legale Nutzung scheidet aus
Zudem hatte die Polizei trotz vier teils nächtlicher Observationen des Ladens keine illegalen Aktivitäten dokumentieren können. Ein Aufsteller vor dem Fenster und Folie an den Scheiben erschwerten das Hineinschauen. Dafür habe man bei der Durchsuchung aber festgestellt, dass die Automaten betriebsbereit und an Strom und Internet angeschlossen waren – und nicht die vorgeschriebenen Prüfzeichen trugen. „Damit scheidet jede legale Nutzung aus“, argumentierte der Staatsanwalt.
Die 48-jährige Zeugin und ihr in einem Laden nahe der Metzgerei arbeitender Ehemann bestritten nicht nur die Affäre, die die Frau mit dem Angeklagten gehabt haben solle. Sie sagten aus, dass selbst im Corona-Lockdown sowie wochenends und feiertags die Spieler im Hinterzimmer der Metzgerei ein- und ausgegangen und dort bewirtet worden seien, während eine vorgebliche Putzfrau Unbekannte am Eingang abwimmelte, um das Geschäft zu decken. Der Angeklagte habe ihnen angedroht, sie fertigzumachen, wenn die Sache justiziabel würde.
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Amtsrichterin Frances Karn reichte das für einen Schuldspruch: „Ich finde die Lichtbilder sehr eindeutig“, sagte sie über die Durchsuchungsfotos. Der Mann gab an, aus seinen allesamt legalen Unternehmungen 2000 Euro netto im Monat zu verdienen und auf einer Million Euro Schulden zu sitzen. Die Richterin urteilte auf 150 Tagessätze à 70 Euro, macht 10 500 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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