Wasserdichte Rindviecher

Zorneding - Die rot-braunen Rinder mit den weißen Flecken auf der Weide am westlichen Ortseingang von Zorneding sind zu einem beliebten Ziel für Jung und Alt geworden. „Wir haben auch schon überlegt eine Bank aufzustellen“, erzählt Bio-Landwirt Franz Lenz und lacht.
Die grasenden Rinder auf der Weide, das hätte für viele etwas Beruhigendes. „Ja gibt es denn so was heute auch noch?“, wundern sich nicht nur die Zornedinger. Tatsächlich bauen heute die meisten Landwirte ihren Viehbestand eher ab. Nicht so der Bio-Bauer.
Seit Oktober vergangenen Jahres sind rund 50 waschechte Pinzgauer auf dem Hof Zuhause. Jetzt durften die Jährlinge endlich den Stall verlassen, der extra für die Wintermonate errichtet worden war. Die Pinzgauer stehen wieder auf der Wiese. Auch das ist eine Besonderheit im Landkreis. Denn der große Aufwand und die höheren Kosten machen den Weidebetrieb heute zur Seltenheit. Die Kälber und die Mutterkühe der Herde müssen mit ihrem Freigang aber noch eine Weile warten. Da muss erst noch Stier „Karl“ aktiv werden, erklärt Lenz.
„Die Anschaffung der Rinder war die einzig logische Konsequenz. Sie passen perfekt in das Konzept unseres Hofes. Jetzt haben wir wieder einen geschlossenen Kreislauf“, sagt Lenz. Nun gibt es eine Verwertung für das Kleegras, das auf den eigenen Feldern wächst, wenn die Fläche in der Fruchtfolge still liegt. Zudem kann der Mist der eigenen Kühe als Dünger für die Felder verwendet werden.
Bei der Auswahl der Tiere habe die Familie vor allem darauf geachtet, dass es reinrassige Pinzgauer sind, erklärt Lenz. Diese zählen zu den vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen und gelten als sehr robust. Entschieden habe man sich für die Rasse, „weil es die schönsten Kühe der Welt sind“, schwärmt Lenz. Aber nicht nur die Optik, auch die guten Veranlagungen dieser Tiere haben es ihm angetan, wie die harten Klauen und die vorbildlichen Muttereigenschaften.
Als „Dreinutzungsrind“ dienen die Pinzgauer nicht nur als Milch- und Fleischlieferanten, sondern können auch als Arbeitstiere eingesetzt werden. Bei einer reinen Mutterkuhhaltung, wie es auf dem Biohof in Zorneding der Fall ist, geht es nicht um die Produktion von Milch, sondern um die Fleischvermarktung. Dabei sind der Familie Lenz eine artgerechte Aufzucht der Tiere und der Verkauf des Fleisches direkt vom Hof besonders wichtig. Auch geschlachtet wird selbst. Sohn Martin Lenz hat in der Metzgerei des ökologischen Betriebes der Herrmannsdorfer Landwerkstätten das Handwerk gelernt und kann auf diesem Gebiet viel Erfahrung in den elterlichen Hof mit einbringen.
Als ursprüngliche Steppentiere sind die Pinzgauer Kälte und Hitze gewöhnt und eignen sich besonders gut für die Haltung im Freien. Das versucht Lenz auch besorgten Bürgern zu erklären, die schon des Öfteren aus Sorge um die Tiere bei ihm angerufen hätten. „Die Lage der Weide ist ideal“, sagt Lenz. „Aber man ist auch ständig auf dem Präsentierteller“. Es besteht kein Grund zur Sorge, auch wenn es draußen stürmt und regnet. „Die Tiere haben ein dichtes Fell und sind wasserdicht“, räumt der Landwirt die oft gut gemeinten Bedenken von Zornedinger Bürgern aus der Welt.
Die Familie Lenz will erreichen, dass die Verbraucher wieder mehr über ihre Lebensmittel nachdenken. Wenn die Kunden die Tiere auf der Weide sehen und später das Fleisch im Laden kaufen, „dann ist etwas gewonnen“. Gerade in Zeiten von falsch deklariertem Fleisch sei es wichtig, dass die Leute wissen, woher die Produkte stammen. Die Regionalität stehe im Mittelpunkt.
Interessierte Kunden müssen sich aber noch ein wenig gedulden. Derzeit gibt es am Hof noch kein Pinzgauer Rindfleisch zu kaufen, erst im Herbst soll es dann soweit sein.
Viel Interesse der Kunden hat Lenz auch bei der Finanzierung der Rinder erlebt. In Form eines Beteiligungsmodells konnten Bürger im letzten Jahr „Mutterkuh-Anleihen“ kaufen. In knapp fünf Wochen war das Kapital zusammen. Wählen konnten die Investoren zwischen zwei Prozent Zinsen in Euro oder vier Prozent Zinsen in Form von Naturalien, also Produkten, die direkt am Hof vermarktet werden. Alle entschieden sich für die Naturalien-Variante, die seit diesem Jahr auch eingelöst werden kann. „Wenn man bei unserer Struktur in Bayern in der Landwirtschaft im Geschäft bleiben will, braucht man Ideen“, sagt Lenz.