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Archäologische Funde: Reich und mächtig im frühen Mittelalter

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München/Langenpreising - Es muss eine hochstehende Familie gewesen sein, die im siebten Jahrhundert bei Langenpreising beerdigt wurde. Der Grabhügel war sieben Meter hoch. Begraben wurde unter anderem ein Mädchen mit einem Kleid aus Goldfäden.

„Das, was wir in Langenpreising gefunden haben, ist bayernweit einmalig“, erklärte Generalkonservator Mathias Pfeil gestern in München. Archäologen hatten bei Ausgrabungen im neuen Langenpreisinger Gewerbegebiet ein Mädchengrab entdeckt - und komplett als Block ausgegraben. Dieser knapp ein Meter lange Quader aus Erde birgt Artefakte von derart großer Bedeutung, dass es noch Monate dauern wird, bis die letzten Details feststehen. Experten arbeiten in den Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in München daran.

So viel ist sicher: Das aus Goldfäden bestehende Kleid des etwa vier Jahre alten Mädchens ist laut Pfeil „ungeheuer wertvoll“. Das Alter der Gegenstände schätzen die Wissenschaftler auf 1400 Jahre. Die kleine Prinzessin könnte im siebten Jahrhundert nach Christus, also im frühen Mittelalter, gelebt haben.

Sie war etwas abseits von einer mächtigen Grabanlage beerdigt: Eine Einfriedung aus Holzpalisaden mit 25 Metern Durchmesser, darin ein sieben Meter hoher Grabhügel. Diese letzte Ruhestätte wurde vor Jahrhunderten mehrfach ausgeraubt.

Für die Archäologen steht fest: Hier ist das Grab einer Familie entdeckt worden, die gleich unter dem Landesherrscher gestanden haben muss. Diesen Schluss lassen auch Funde im Hauptgrab zu. Die Grabräuber haben dort einen Pyramidenknauf übersehen, der an der Befestigung des Schwertes angebracht gewesen sein muss. Allein dieses kleine Stück aus purem Gold gibt Aufschluss darüber, dass es sich um einen sehr mächtigen Mann gehandelt haben muss. Das wertvolle Stück könnte nach der Ansicht der Experten älter sein.

Solche Kunstgegenstände würden eher in Südengland vorkommen. Das wiederum lasse auf weite Handelsbeziehungen schließen. Denkbar sei, dass es sich um ein Erbstück gehandelt hat, so Jochen Haberstroh vom Landesdenkmalamt, der die Grabungen vor Ort begleitet hat.

Außerdem fanden die Archäologen das Grab eines Buben von etwa vier Jahren. Er war mit einer kompletten Kriegerausrüstung beerdigt worden, die für seine Größe angefertigt worden war. Dieses Skelett ist besser erhalten als das des Mädchens, dessen Schädel vom Erdreich zusammengedrückt ist. Die Forscher bescheinigten dem jungen Krieger: „Kein Karies, keine Parodontose.“ Im Grab des Mädchens fanden die Forscher noch ein Objekt aus Gold, wahrscheinlich ein Goldblattkreuz. Bruchstücke davon seien nur durch Röntgenaufnahmen nachgewiesen, weil die ganze Grabstätte noch als ein Block in der Restaurationswerkstatt liegt.

Hier zeigten sie ihre Funde gestern auch der Presse - und Bürgermeister Peter Deimel, der klar machte, dass in seiner Brust zwei Seelen sind: Er sei mächtig stolz, dass man sowas in Langenpreising habe, meinte er. Auf der anderen Seite: „Die Gemeinde gibt hier einen sechsstelligen Betrag aus, und wir werden damit ziemlich allein gelassen.“

Das mochte auch Pfeil nicht kleinreden, sagte aber der Gemeinde die Unterstützung zu bei den Bemühungen, die Fundstücke in einem passenden Rahmen der Öffentlichkeit zu zeigen. Hierzu hat der Gemeindechef bereits klare Vorstellungen: „Wir müssen ja eine neue Schule bauen“ sagte er. „Da besteht die Möglichkeit, diese Dinge dann auch auszustellen.“

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