1. Startseite
  2. Lokales
  3. Erding
  4. Dorfen

Erinnerung an eine großen Literaten: zum 100. von Heinar Kipphardt

Erstellt:

Von: Michaele Heske

Kommentare

Tontechniker Alexander Urban zeichnet ein Interview von Schorsch Wiesmaier mit Peter B. Heim über den Literaten auf (Bild, l.).
Tontechniker Alexander Urban zeichnet ein Interview von Schorsch Wiesmaier mit Peter B. Heim über den Literaten Heinar Kipphardt auf (Bild, l.). © Michaele heske

Heinar Kipphardt wäre heute 100 Jahre alt geworden. Der Autor von „Bruder Eichmann“ lebte zuletzt im Landkreis Erding.

Dorfen/Fraunberg – Über zehn Jahre lang, bis zu seinem Tod 1982, lebte Heinar Kipphardt mit seiner Familie in Angelsbruck, einem Weiler bei Reichenkirchen. Dort schrieb der Schriftsteller den Roman „März“ sowie das Schauspiel „Bruder Eichmann“. Heute wäre Kipphardt 100 Jahre alt geworden. Der Dorfener Lokalhistoriker Schorsch Wiesmaier und der Autor Peter B. Heim aus Fraunberg erinnern an den wohl bekanntesten Nachkriegsliteraten des Landkreises.

Zu Beginn der 60er Jahre hatte Kipphardt mit dem Theaterstück „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ weltweit Erfolg. Seine Thematik: Die Frage nach Verantwortung und Moral des Individuums während der NS-Zeit. „Heinar Kipphardt war ein unbequemer, weil politischer Schriftsteller“, erklärt Wiesmaier, Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Dorfen e.V.. „Es ging ihm um Verantwortung, darum, dass man sich nicht hinter einer Befehlskette verstecken kann. Von ihm kann man heute noch viel lernen.“

Kippardt habe Fakten aufgegriffen und diese literarisch verarbeitet, ergänzt Feuilletonist Heim. „Er erzählt Geschichte, die sich in seinen Stücken nicht verändert, sondern intensiviert.“ Dabei erinnert der Fraunberger an „Bruder Eichmann“. Der Prozess gegen Adolf Eichmann gilt als Zäsur in der Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus. „Kipphardt hat Eichmann nicht erfunden, sondern ihn gezeichnet, so dargestellt, dass der Leser ihn besser erkennen kann.“

Wäre heute 100 Jahre alt geworden: Heinar Kipphardt.
Wäre heute 100 Jahre alt geworden: Heinar Kipphardt. © picture alliance

Auch das Residenztheater in München fragt mit einem aktuellen Filmprojekt zu „Bruder Eichmann“, was uns heute mit dem Mann verbindet, der vom Schreibtisch aus die Ermordung von Millionen Juden plante. Wenn man etwas über die deutsche Geschichte erfahren möchte, werde man bei Kipphardt fündig, meint Heim. „Trotz der in Teilen grausamen Aspekte, sind seine Texte Lesevergnügen.“

1972 zog Kipphardt, der in Schlesien geboren ist, in Krefeld aufwuchs und dort nach seiner Rückkehr von der Front als Arzt gearbeitet hat, zuerst nach Ostberlin, dann nach München und von dort aus mit seiner Frau Pia nach Angelsbruck in eine umgebaute Mühle. „Von Erding aus muss man Richtung Wartenberg fahren und das seit Monika Gruber berühmte Tittenkofen passieren, um nach Reichenkirchen zu kommen“, beschreibt Heim den Weg zum Hause des Schriftstellers, in dem er selbst kurzfristig gewohnt hat. Acht Jahre nach dem Tod von Kipphardt lernte Heim dessen Familie kennen: Stieftochter Bella, Ehefrau Pia und die beiden Söhne Franz und Moritz. „Über ein paar Ecken bin ich Kipphardts Schwiegersohn.“

Der Journalist Heim, der sich viel mit Literatur über den Zweiten Weltkrieg beschäftigt, fühlt sich angesichts des Krieges in der Ukraine „ohnmächtig“. „Ich bin natürlich beunruhigt“, sagt er, „und gleichzeitig fühle ich sowas wie Wut, wegen der durchaus sehr verschiedenen Fehler auf unterschiedlichen Seiten, die in diese Kriegssituation geführt haben“, sagt er.

Die Werke Kipphardts sollen nicht vergessen werden, sagt Wiesmaier. Deshalb habe er gemeinsam mit Heim ein Interview in Dorfen aufgezeichnet, das ab heute auf der Homepage der Geschichtswerkstatt unter www.geschichtswerkstatt-dorfen.de zu sehen ist.

Zudem erinnert er an den Heinar-Kipphardt-Preis, den die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bei der sich der ehemalige Lehrer engagiert, 2019 erstmals ausgelobt hat: Die erste Preisträgerin war Maria Brand aus Inning: „Sie hat den Preis für ihren bewundernswerten, mutigen Einsatz für Geflüchtete erhalten“, so Wiesmaier.

Auch interessant

Kommentare