1. Startseite
  2. Lokales
  3. Erding
  4. Dorfen

Kommentar: Gefangen im Alltagsgeschäft, in Dorfen fehlt die große Linie

Erstellt:

Von: Timo Aichele

Kommentare

Timo Aichele, stellv. Redaktionsleiter
Timo Aichele, stellv. Redaktionsleiter © Aichele

Die großen Entwürfe fehlen allzu oft in der Dorfener Stadtpolitik. Liegt es daran, dass das Rathaus keinen Geschäftsleiter hat und Bürgermeister zu sehr im Kleinklein der Verwaltungsaufgaben gebunden ist? Kommentar.

Dorfen - Narrenmund tut Wahrheit kund. Bei der Maschkera wurde der Dorfener Politik Handlungsunfähigkeit diagnostiziert, das Rathaus als Schlaflabor bezeichnet. Tatsächlich scheint die To-do-Liste immer länger zu werden. Gerade auf die Lösung der großen Themen warten die Bürger.

Es wäre sicher unfair zu behaupten, dass am Rathausplatz die Zukunft Dorfens verschlafen würde. Gearbeitet wird dort viel. Die Stadtverwaltung ist am Anschlag, insbesondere die Bauabteilung gilt als überlastet. Und auch Bürgermeister Heinz Grundner ist ein versierter Kenner aller Probleme seiner Stadt. Er fuchst sich in jedes Detail hinein. Verliert er sich in diesen Details?

Ob Stadtentwicklung, Verkehrsüberlastung oder Zukunft der Sportstätten: Die Visionen kommen eher von außen – und werden nicht selten im Kleinklein des Debatten- und Verwaltungsbetriebs aufgerieben. Die Diskussionen im Stadtrat gleiten allzu oft in die Niederungen persönlicher Animositäten ab. Zu beobachten war das erst wieder am Mittwoch.

Dass ein Trinkbrunnen für die Innenstadt den größten Teil der Sitzungszeit beanspruchte, war skurril und einschläfernd. Fast wären Zuschauer und Presse zu Schlaflabor-Kandidaten geworden. Nur ungläubiges Schmunzeln über so viel unsachliche Unversöhnlichkeit hielt das Publikum noch wach. In der Debatte fehlte einfach die Linie. Anstatt über die Sache wurde über Aspekte der Geschäftsordnung gestritten. (Es soll übrigens nun doch ein Trinkbrunnen errichtet werden, Bericht folgt).

Dieser Stadtrat ist halt auch ein Sack Flöhe, in dem einige kritische Geister sitzen. So wurden über das Thema Freiflächen-Photovoltaik zum hundertsten Mal die gleichen Argumente ausgetauscht. Das mag ermüdend sein, aber die Wichtigkeit des Themas ist unbestritten. Die Fundamentalopposition gegen alle Sonnenäcker, LDW und AfD, hat zwar wieder gekrittelt, aber dieses Mal zugestimmt. Die Wiederholung der Fakten scheint ja doch zu fruchten.

Es ist allerdings nicht nur der notorische Dorfener Widerspruchsgeist, der in den Debatten die großen Linien verwischt. Diese große Linie fehlt aber allzu oft. Sie müsste erst einmal formuliert werden – und zwar von der Stadtspitze. Ob es daran liegt, dass sich Grundner im Rathaus für eine Führungsstruktur ohne Geschäftsleiter entschieden hat? Fehlt ihm zwischen Abteilungsleiterbesprechungen die Zeit für konzeptionelle Arbeit? Ungewöhnlich ist ein Rathaus ohne Geschäftsleiter allemal, auch wenn Grundner die flachen Hierarchien lobt.

Ein Schlaglicht auf dieses Problemfeld wurde diese Woche geworfen. Der letzte Dorfener Geschäftsleiter – im Amt von 2012 bis 2014 – prozessiert seit Jahren gegen die Stadt, ob seine Ruhestandsversetzung rechtens war. Am Dienstag gab es mal wieder eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Bis zur Klärung der Sache ist der Beamte weiter im Staatsdienst. Einen Geschäftsleiter hat das Dorfener Rathaus dennoch nicht. Der Bürgermeister verzichtet darauf, das Alltagsgeschäft leitet er selbst. Und allzu oft leitet es auch ihn.

Auch interessant

Kommentare