Wider die rechte Gesinnung

Die Geschichtswerkstatt der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befasst sich mit der Vergangenheit Nazi-Deutschlands. Vor allem um einer besseren Zukunft wegen.
Von Fabian Holzner
Dorfen – „Wir sammeln Mosaiksteine über den Nationalsozialismus in Dorfen. Irgendwann wird dann ein Bild zustande kommen“, fasste Schorsch Wiesmaier die Arbeit der Geschichtswerkstatt Dorfen bei einem Vortragsabend im Gasthaus am Markt zusammen. Titel der Veranstaltung war „Gegen den Strom. Verweigerung, Widerstand und Verfolgung während des Nationalsozialismus in Dorfen“. Vier solcher „Mosaiksteinchen“ hatte der Zusammenschluss herausgegriffen und stellte diese in mit Fotos und Schriftquellen visualisierten Vorträgen vor.
Nachdem zu Beginn auf den 99. Jahrestag des Sturzes der Wittelsbacher-Monarchie unter der Führung von Kurt Eisner angestoßen wurde, ging Wiesmaier auf den Wahlerfolg der AfD bei der Bundestagswahl in Dorfen ein. Diese wurde mit über 1000 Stimmen zweitstärkste Partei. „Wir beschäftigen uns mit Geschichte nicht um der Vergangenheit willen, sondern einer besseren Gegenwart und Zukunft wegen“, zitierte er aus der Grundsatzerklärung der Geschichtswerkstatt und spannte so den Bogen von deren Recherchen zur aktuellen Politik. Nicht soziale Benachteiligung, wie oftmals vorgeschoben, sondern eindeutig rechte Gesinnung sei der Grund, dieser Partei die Stimme zu geben, so Wiesmaier.
Zurück in die späten 30er Jahre versetzte dann Heidi Oberhofer-Franz das Publikum. Sie berichtete von der Wetzlinger Bauerstochter Maria Stöbeck, die 1939 einen Kolonialwarenladen im heutigen Bahnweg in Dorfen betrieb. Das misslungene Attentat Georg Elsers auf Adolf Hitler im Bürgerbräukeller soll sie mit „Jetzt ist er ihnen schon wieder ausgekommen, der Bazi“, vor Kunden kommentiert haben. Über Umwege gelangte diese Aussage an den Taufkirchener SA-Sturmführer Johann Hütter. Stöbeck wurde in Schutzhaft genommen. Dass sie nach über einmonatiger Haft entlassen wurde, verdankte die Krämerin ihrem Gatten Alois, der zwei Zeuginnen auftreiben konnte, die von seiner Frau nur den Ausspruch „hat er’s schon wieder geschmeckt, dass er so früh fort ist“, gehört haben wollen.
Der Eglafinger Bauer Franz Winkler, von dem Hans Elas erzählte und dessen Nachfahren im Gasthaus anwesend waren, machte die Nationalsozialisten durch Schreiben, die die soziale Lage von Dienstboten anprangerten, auf sich aufmerksam. In einem anonymen Brief forderte der über 60-jährige den Dorfener Bürgermeister Georg Erhard (NSDAP) auf, den Bauern am 1. Mai (Nationaler Feiertag des deutschen Volkes) das Arbeiten zu erlauben: „Denn der Bauer will ja von diesem Zeug nichts wissen, es ekelt ihm davor“. Nach einigen Monaten im Dorfener Gefängnis wurde er wegen seines „fortgeschrittenen Alters“ wieder auf freien Fuß gesetzt.
Im Weiteren rekonstruierte Wiesmaier das Wirken des KPD-Anhängers und „Hochverräters“ Andreas Dörr aus Stollnkirchen, der zwei Jahre im Konzentrationslager Dachau verbrachte. Gleich nach dem Reichstagsbrand als Ortsgruppenführer der KPD Dorfen inhaftiert wurde Andreas Ostermeier, den Hans Elas schließlich vorstellte. Er überlebte die NS-Zeit, wurde trotzdem Opfer seiner Gesinnung. 1966 erstach ihn der 70-jährige Matthias Kreitmayer, nachdem er diesen in einem Dorfener Wirtshaus als „Kommunistenschwein“ beschimpft hatte.