Bei der Mobilität reden die Bürger mit

Die Stadt Erding lässt den kompletten Verkehr im Stadtgebiet untersuchen – vom Auto bis zum Fußgänger, von der Parkplatzsituation bis zu Sharingmodellen. Auch die Bürger werden befragt.
Erding – So wie die Stadt wächst, so nimmt auch der Verkehr zu. Doch die immer mehr Autos rollen nicht nur durch die Straßen Erdings, sie blockieren sie auch: Vielerorts fehlen Parkplätze. Die Stadt will deshalb den Verkehr umfassend untersuchen lassen.
Das gesamtstädtische Mobilitätsentwicklungskonzept (MEK) erarbeitet das Büro Team Red aus Berlin/München. Die Stadträte im Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Verkehrsausschuss haben dafür Grünes Licht gegeben.
Christian Famira-Parcsetich aus der Stadtentwicklung erklärte in der Sitzung, dass bereits 2003 ein Verkehrsentwicklungsplan erstellt und 2011 fortgeschrieben worden sei. Weil der Fokus damals auf Autos lag, sollen nun alle Verkehrsträger wie Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV, aber auch neue Mobilitätsangebote wie Sharingmodelle untersucht werden.
Ziel des Konzepts ist es, Angebote „auszubauen, zu schaffen und zu verbinden, die nicht notwendigerweise auf den Privat-Pkw zurückgreifen“. Die Stadt erhofft sich dadurch, Probleme in bestehenden Wohngebieten wie fehlende private Stellplätze oder Parkdruck auf öffentlichen Straßen lösen zu können. Außerdem will man Ideen entwickeln, wie Stellplatzbedarfe in neuen Wohnquartieren reduziert und Flächen für Autos eingespart werden können.
Dabei soll das Beratungsbüro auch regionale Rahmenbedingungen berücksichtigen – etwa den Ringschluss und die 2. Stammstrecke, aber auch größere städtebauliche Entwicklungen wie den Lab Campus am Flughafen.
Das Büro startet sein Konzept mit einer Bestandsaufnahme und einer Haushaltsbefragung. 150 000 Euro sind für die erste Phase veranschlagt. Tobias Kipp vom Team Red erklärte, dass man mit Stichproben des Einwohnermeldeamts arbeite, mindestens 4000 Bürger befrage und am Ende die ausgewerteten Fragebögen hochrechne. Kipp: „Wir arbeiten sehr gerne mit einer Befragung der Bürger, weil so auch deren Ideen einfließen können.“
Überhaupt sollen in das Konzept „alle Akteure“ einbezogen werden. Das betonte OB Max Gotz (CSU) mehrfach und sagte voraus, „dass wir sicher interessante Diskussionen entfachen werden“ – besonders beim Thema Parken.
In einer zweiten Phase erarbeitet das Büro konkrete Maßnahmen, die umgesetzt und schließlich überwacht werden. Ideen hatten die Stadträte schon mal viele. Für Jakob Mittermeier (CSU) zum Beispiel bereitet der ruhende Verkehr große Probleme. Er plädierte zudem dafür, „alles zu tun, dass die Bahn sich dazu bequemt, die Bahnsteige für Langzüge herzurichten“. Und die Innenstadt solle per Auto erreichbar bleiben.
Horst Schmidt (SPD) sprach Sharingmodelle und autonomes Fahren an, sah aber gerade das Thema Elektromobilität in Sachen Akzeptanz skeptisch. Und Stephan Treffler (ÖDP) meinte, man brauche so ein Konzept für den ganzen Landkreis.
Den vom Büro angepeilten Prognosehorizont von 2030/35 hielt Burkhard Köppen (CSU) für nicht ausreichend. „Wir müssen weiter denken. Allein beim S-Bahn-Ringschluss werden wir über Jahre hinweg Bauphase haben. Da war die Freisinger Brücke ein Klacks dagegen.“
Günther Kuhn (Grüne) pochte darauf, Radfahrer und Fußgänger mehr zu berücksichtigen. „Wir müssen die Mobilität neu denken, wenn wir weiterhin eine lebenswerte Stadt haben wollen.“ Das Konzept müsse „alles von allen Seiten“ beleuchten.
„Ich erwarte mir schon, dass wir den Bürgern am Ende selbstbewusst sagen können: Ihr erzeugt auch selbst die Verkehre“, sagte Gotz. Schließlich gebe es pro Haushalt immer mehr Autos, und auch Online-Bestellungen sorgten für zunehmenden Lieferverkehr.
Zum Zeitfenster des Konzepts meinte der OB: „Das kann kein Prozess sein, der Jahre dauert. Aber es wird dauern.“ Die beauftragte Befragung der Bürger werde heuer „sicher nicht mehr“ starten. Man peile das erste Halbjahr 2019 für weitere Schritte an.