Flughafen-Anwohner fordern Nachtflugverbot

München - Aus regionalem Widerstand soll internationaler Protest werden. So will es die 1. Internationale Flughafen-Anwohner-Konferenz. Es soll ein Manifest verabschiedet werden. Kernpunkt: ein internationales Nachtflugverbot.
Die weiteste Anreise hat John Stewart. Der Londoner hat maßgeblich den Bau einer 3. Startbahn am Großflughafen London-Heathrow verhindert, er gilt als radikaler grüner Umweltaktivist, ein Mann, ledig, verarmt, der praktisch für den Widerstand lebt. Nun soll er über seine Erfahrungen berichten – in 85356 Freising-Attaching, Am Sportplatz 3. Dort, im Sportheim, das einer 3. Startbahn weichen müsste, findet die Erste Internationale Flughafen-Anwohner-Konferenz statt. Nächtigung im Schlafsack, wenig Geld, aber viel Idealismus.
Etwa 200 Teilnehmer erwartet die Sprecherin der Anti-Startbahn-Initiative „Aufgemuckt“, Helga Stieglmeier. Aus Wien, Zürich, Paris, aber auch Frankfurt und Berlin. „Wir wollen uns vernetzen“, sagt Stieglmeier – und betont, dass alle Teilnehmer umweltfreundlich mit der Bahn anreisen werden. Auch John Stewart? Auch John Stewart, versichert Stieglmeier.
Doch die Rednerliste umfasst noch weitere Namen. Etwa Prof. Eberhard Greiser, der über die Auswirkungen von Fluglärm sprechen wird. Oder Michael Wilk, der den Widerstand gegen den Frankfurter Flughafen seit Jahrzehnten begleitet und wohl einen weiten Bogen vom Kampf gegen die Startbahn-West (verloren) bis hin zum Streit für eine restriktive Nachtflug-Regelung (gewonnen) ziehen kann. Der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher spricht das Grußwort.
Florian Sperk ist von der Flughafen-Protestbewegung „Plane stupid“ – ein Wortspiel aus plane (Flugzeug) und plain stupid (sehr doof). Er spricht von einer „guten Mischung aus Aktivisten und Wissenschaftlern“. Der Münchner Sperk hat zuletzt mit unangemeldeten Großplakat-Aktionen gegen die 3. Startbahn Aufsehen erregt. Er kümmert sich bei der Konferenz um den heiklen Programmpunkt „Kampagnen-Training“. Gemeint ist: Die Startbahn-Gegner wollen sich für härtere Zeiten wappnen, wo man eventuell „Dinge tut, die nicht angemeldet sind“.
„Man muss auf alles vorbereitet sein“, sagt dazu der Vorsitzende der Attachinger Bürgerinitiative und Kläger gegen die Startbahn, Franz Spitzenberger, der in der Einflugschneise der Flugpiste wohnen würde. Konkret könnten dabei Besetzungsaktionen und Sitzblockaden eine Rolle spielen, „aber absolut gewaltfrei“, wie Stieglmeier betont.
Am Ende soll ein „Attachinger Manifest“ verabschiedet werden, dessen Entwurf unserer Zeitung vorliegt. So fordern die Flughafen-Kritiker eine europaweite Ticketsteuer, den Abbau von Subventionen im Luftverkehr, den Stopp des Flughafenausbaus und die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene. Außerdem wird ein europäisches Flughafenkonzept vorgeschlagen – „Europa braucht eine gesellschaftliche Diskussion über Luftverkehr“, heißt es im Manifest.
Eine weitere Forderung ist ein europaweites Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Helga Stieglmeier gibt gerne zu, dass der Kampf gegen Nachtflüge ein heikles Unterfangen ist – jüngst hatte die restriktive Nachtflug-Regel in Frankfurt prompt eine Diskussion darüber ausgelöst, ob dann Nachtflüge nach München verlagert werden könnten, wo die Regelung „sehr lax“ (Stieglmeier) ist. „Man darf Betroffenheiten nicht gegeneinander ausspielen“, warnt Sperk. Er plant „eine europaweite Kampagne“ gegen Flughäfen und sieht am fernen Horizont schon „eine neue internationale Bewegung“ aufscheinen.
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Dirk Walter