Wunder-Nebel aus Niederding lässt Kulturszene weltweit hoffen

Kaum zu glauben, aber die Kulturlandschaft weltweit - und nicht nur die - blickt derzeit hoffnungsvoll auf das kleine Unternehmen BPS aus Niederding. Dieses hat ein derzeit einzigartiges Mittel im Lufthygiene-Kampf gegen Corona entwickelt. Der Wunder-Nebel sorgt dafür, dass die Telefone der Firma derzeit nicht mehr still stehen. „Schuld“ daran hat auch das renommierte Berliner Ensemble.
Niederding – Bedeutet eine kleine Firma aus Niederding die Rettung der großen Kulturszene weltweit? Diese hat bekanntlich wegen all der Auflagen besonders schwer mit Corona zu kämpfen. Das Unternehmen Bedo Production & Services, kurz BPS, hat mit seinem Produkt einen bislang einzigartigen Beitrag zur Umsetzung von Hygienekonzepten geliefert: ein Art Nebel, der die Luft desinfiziert und im Gegensatz zur Konkurrenz für den Menschen verträglicher ist. Das Berliner Ensemble, eine der bekanntesten Bühnen der Hauptstadt, setzt nun auf „Amoair“. Medial hat das große Wellen geschlagen und dafür gesorgt, dass sich BPS gerade vor Aufträgen aus aller Welt kaum retten kann.
Das Telefon von Sprecher Rolf Hajek steht nur noch selten still. Grund ist ein ganz besonderes Desinfektionsmittel. Nicht etwa, weil es auf Wasserstoffperoxid basiert. „Das gibt es schon seit 100 Jahren“, so Hajek. Sondern: „Soweit wir wissen, besitzt keine andere Firma einen nachhaltigen Stabilisator.“
Einen solchen braucht es, damit sich das für die Desinfektion nötige Wasserstoffperoxid in der Luft nicht zu schnell verflüchtigt. In der Regel kommen Schwermetalle als Stabilisator zum Einsatz, etwa Silber. „Aber es wird gesagt, dass das nicht gerade förderlich für den Menschen ist“, sagt Hajek. Stichwörter: Augenjucken oder Halskratzen. Also hat man sich in Niederding eine magische Mixtur überlegt, die nachhaltig ist und gesundheitlich unbedenklich. Sie ist ein streng gehütetes Firmengeheimnis.

Weniger geheim ist dafür, wie Amoair – beispielsweise im Konzertsaal – verteilt wird. Vereinfacht gesagt stelle man sich eine Schneekanone vor, die den Desinfektionsnebel in den Raum bläst. Wobei die Schneekanone halt keine Schneekanone ist. In Räumen für bis zu maximal 150 Personen sind es Ultraschallgeräte, die das Mittel im Raum verteilen, bei größeren Sälen für Publikum im vierstelligen Bereich, wie etwa dem Berliner Ensemble, kommen Düsenvernebelungsanlagen zum Einsatz. „Sie reichen mehr in die Höhe als Ultraschallgeräte“, erklärt Hajek. „Die Geräte bilden feine Aerosole, die rauskommen wie eine Art Dampf.“ Rund 99 Prozent oder sogar 99,99 Prozent der Luft – „100 Prozent zu sagen, wäre gefährlich“, so Hajek – würde von dem absteigenden Nebel von Viren, Bakterien und Co. befreit.
Die Verteilung erfolge gleichmäßig, „wir erreichen auch Schattenflächen“, sagt Hajek. Sprich: In Büros verteile sich das Mittel zum Beispiel auch hinter TV-Geräten. Und eben überall im Veranstaltungssaal, wie das Berliner Ensemble an 50 unterschiedlichen Stellen getestet hat. Das Ergebnis hat die Kulturinstitution so sehr überzeugt, dass das BPS-Aerosol bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs im August zum Einsatz kommt.
Allerdings nicht während der Aufführungen, wie Hajek betont. Die rund drei Stunden in Anspruch nehmende Desinfektion erfolge vor und nach der Veranstaltung. Wer jetzt denkt, er stellt sich gemütlich ins Konzert, und ein möglicherweise neben ihm stehender, mit Covid 19 Infizierter könne ihn nicht anstecken dank des Aerosols in der Luft, der irrt also. Das Amoair ergänze lediglich Hygiekonzepte, betont Hajek.
Ist es dann überhaupt vorstellbar, den Nebel auch während der Veranstaltung zu verteilen? Quasi für mehr Sicherheit auch während eines Konzerts? Jetzt müsse man erst mal die Vorführungen in Berlin abwarten, sagt Hajek. Nach entsprechenden Tests müssten dann die Gesundheitsämter ihre Bereitschaft dazu signalisieren. Der BPS-Sprecher will sich noch nicht zu sehr auf diese Diskussion einlassen.
Die Konzentration des Aerosols kann beliebig geändert werden. Je nach Einsatzgebiet gibt es von Amoair derzeit 50 Produkte. Es war ursprünglich, also vor Corona, alles andere als für den Kulturbetrieb angedacht, sondern zunächst zum Beispiel für die Desinfektion in Krankenhäusern. Dort wird Hajek zufolge mit einer höheren Konzentration gereinigt als etwa bei Lebensmitteln.
Lebensmittel? Beispielsweise für die Hygiene beim Transport, oder wenn Obst schon im Supermarkt ausliegt, kann das Produkt aus Niederding eingesetzt werden. Hier geht es auch um die Verlängerung der Haltbarkeit. „Wir bieten grundsätzlich biologische Lösungen – biologisch abbaubar und ohne negative Wirkung auf den Menschen“, erklärt Hajek. Auch in Klimaanlagen komme Amoair zum Einsatz. Ein weiteres Aufgabenfeld der Firma: nicht-toxische Bio-Pestizide in der Landwirtschaft.
Doch nun eröffnet Corona dem Niederdinger Unternehmen eben auf dem Kultursektor ungeahnte Wachstumspotenziale. Eine spannende Entwicklung, wie Hajek findet: „Es geht um das Sicherheitsgefühl der Menschen. Unser Ziel ist, dass es mit der Kulturlandschaft wieder nach oben geht.“
Und natürlich auch, dass die Firma selbst demnächst wachsen kann. Derzeit zählt BPS rund 20 Mitarbeiter in Niederding – Verkäufer, Ärzte, Planer, Techniker etcetera. Hinzu kommen rund 50 Handelsvertreter deutschlandweit. „Hoffentlich haben wir bald Möglichkeiten, zu expandieren“, sagt Hajek. BPS ist der Entwickler des Desinfektionsmittels und lässt nach seiner Rezeptur extern herstellen, ebenso wie die Geräte. Die fremdproduzierten Mittel werden dann in ein BPS-eigenes Lager gebracht, dessen Standort Hajek nicht verraten will.
Das Wachstumspotenzial ist jedenfalls enorm. Alleine über das vergangene Wochenende habe man 30 Anfragen verzeichnet. Darunter seien mehrere Kulturhäuser gewesen, auch von der Größe vergleichbar mit dem Berliner Ensemble. Auch Filmstudios, Hotels, Anwaltskanzleien, Arztpraxen oder Betreiber von Sportveranstaltungsflächen hätten schon angefragt. „Das Anwendungsgebiet ist groß“, sagt Hajek.
BPS ist ein Familienunternehmen, das 2015 unter der Federführung von Markus und Tobias Besendorfer einen Neustart erfahren hat. Sein Produkt Amoair wird seit jenem Jahr produziert und wurde 2017 zufälligerweise sogar auf einen Corona-Stamm getestet. Drei Jahre später sorgt nun jene Virusfamilie in einer kleinen Firma in Niederding für nicht mehr stillstehende Telefone.
Zu der neuen Erfindung der Niederdinger Firma sagt ein Konkurrent aus Dachau: heiße Luft - und zieht vor Gericht.