Dreiste Diebe in Hofläden unterwegs: Betreiber wehrt sich - und schildert filmreife Szenen

Videokameras und Anzeigen: Martin Wegmann und andere Hofladen Betreiber aus dem Landkreis Erding wehren sich gegen diebische Kundschaft.
Taufkirchen/Oberding – Manche Diebe werden immer dreister. Das hat Martin Wegmann an seiner Milchtanke in Stadl westlich von Taufkirchen schon mehrfach erfahren. Was er in den vergangenen sechs Jahren erleben musste, ist fast filmreif. Sogar eine Verfolgungsjagd war schon dabei. Fassungslos erzählt er von dem Wiederholungstäter, der immer wieder mit seinem Hightech-E-Bike vorbeikam, um sich an der Wechselkasse zu bedienen. Doch der „Stola“, so Wegmanns Hausname, hat eine Videokamera in dem kleinen Laden an der B 388 installiert.
Diebe in Hofläden: Wiederholungstäter mit Hightech-E-Bike - Betreiber startet Verfolgungsjagd
Weil ihm und seiner Lebensgefährtin Roswitha Hörl gehäuft Fehlbeträge in der Kasse auffielen, sahen sie sich die Videoaufnahmen an und hatten schnell den Schuldigen gefunden. Maskiert mit Helm, Fahrradbrille und Tuch entwendete der sportliche Biker meist im schicken blauen Radl-Outfit Papiergeld und schwang sich danach auf sein schwarzes Rad oder sein E-Bike. „Solche Fahrräder kosten zwischen 3000 und 7000 Euro“, erzählt Wegmann.
Er hat auch eine Aufnahme, auf der man das Gesicht des schlanken Täters erkennt. Er schätzt ihn auf zwischen 50 und 60 Jahre und rund 1,70 Metern Größe sowie breiter Nase. Als sich der Dieb das letzte Mal nach einem Coup aus der Tanke entfernte und aufs Radl schwang, beobachtete ihn Roswitha und rief sofort ihren Freund Martin an.

Dieser stürmte zum Auto und fuhr dem Mann in Richtung Taufkirchen nach. Vor der Abzweigung nach Kirchlern holte er ihn das erste Mal ein. Bis Wegmann allerdings aus dem Auto stieg, um ihn zu fassen, hatte sich der Täter schon wieder aufs Rad geschwungen und war in Richtung Fichtenstraße davongebraust.
Der Landwirt nahm wieder die Verfolgung auf, hatte zwischenzeitlich die Dorfener Polizei informiert, die eine Streife losschickte.
Diebstahl im Hofladen: Unverschämtes Pärchen fällt Landwirt-Paar auf
Wegmann informierte die Beamten ständig über seinen Standort und den des Diebes. Schließlich flüchtete dieser über Atting Richtung B 15, immer dicht verfolgt von Wegmann. Kurz vor dem Wald, dem „Oachegarten“, musste er die Verfolgung aufgeben, weil er mit seinem Pkw nicht über das frisch bestellte Feld fahren konnte. So entwischte ihm der Radler in Richtung Kleinstockach.
Eine Frau mit Landshuter Kennzeichen nahm ein anderes Mal nur pro forma 20 Euro aus dem Geldbeutel und tat so, als ob sie ihn in die Kasse legen würde, steckte ihn aber wieder in die Börse und machte sich aus dem Staub.
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Ebenso unverschämt war ein Pärchen aus Pocking im Landkreis Passau. Gemütlich packte es zwei Tüten voller Gemüse und anderen Sachen im Wert von 120 Euro ein und legte nur 15 Euro in die Kasse. Auch dies fiel dem Landwirte-Paar auf, weil es kurz vorher eine Waren- und Kassenbestandsaufnahme gemacht hatte.

Über die Videoaufzeichnungen, die die Wegmanns der Polizeiinspektion Dorfen zur Verfügung stellten, wurden die Frau und der Mann ausfindig gemacht. Reue zeigten sie nicht, erst als die Polizei vor der Tür stand und mit Anzeige sowie Eintrag ins Führungszeugnis drohte, rief die Diebin Wegmann an und bat ihn, die Anzeige zurückzuziehen. Sie wisse auch nicht, warum sie die 13 Zweierpacks mit Rinderpatties, zwei Säcke Kartoffeln, Nudeln, Mehl, Gurken und mehr mitgenommen habe.
Doch auf diesen Kuhhandel ließ sich der Enkel des ehemaligen Taufkirchener Bürgermeisters Bartholomäus Wegmann nicht ein. „Jeder, der bei mir klaut, egal wie viel und was, bekommt eine Anzeige“, sagt er verärgert. „Wir sind aber froh, dass die allermeisten unserer Kunden das ihnen von uns seit nunmehr sechs Jahren entgegengebrachte Vertrauen zurückgeben und korrekt bezahlen.“
Dreister Diebstahl im Hofladen: „Jeder, der bei mir klaut, bekommt eine Anzeige“
Michael Kattner geht es ähnlich. Seit vier Jahren betreibt der Landwirt einen Hofladen in Notzing (Gemeinde Oberding), genauso lange hat auch er immer wieder mit Dieben zu tun. Am liebsten stehlen sie teure Waren. Weil sein Hofladen nicht neben einem bewohnten Haus steht, fühlen sich die Diebe wohl sicher, meint er.
Doch dafür hat er eine Überwachungskamera installiert, die alles aufzeichnet. „Mit der Kamera kann ich alles nachvollziehen.“ Um Ausreden seien seine diebischen „Kunden“ nie verlegen. Eine habe behauptet, dass sie so dringend aufs Klo gemusst hätte, dass sie nicht habe zahlen können, trotzdem habe sie es aber vier Mal rein und raus in „Miche’s Haisl“ geschafft.
„Es gibt immer Lumpen, die es ausnutzen. Nach einer Anzeige ist dann wieder Ruhe“, so der 30-Jährige Landwirt. Manche würden sogar alle Hofläden in der Gegend abfahren, um Geld rauszuholen. Bei einer Anzeige wegen Diebstahls müsse der Verurteilte normalerweise 200 Euro an eine soziale Einrichtung als Strafe bezahlen, sagt Kattner. Dann werde das Verfahren wegen Geringfügigkeit wieder eingestellt.
Diebe schlagen auch in Schrebergärten zu - „Die wissen, wann das Sach‘ reif ist“
Ein Pärchen, das bei ihm knapp 20 Euro gestohlen hatte, gestand das Vergehen vor Gericht nicht ein, und jeder Ehepartner sei zu 1300 Euro Strafe plus Verfahrenskosten verurteilt worden. Sie seien in Revision gegangen und hätten letztlich miteinander 1300 Euro zahlen müssen. „Aber zum Glück sind meine Kunden zu 99 Prozent ehrlich und zahlen die Waren.“
Aber nicht nur die Hofladen-Besitzer ärgern sich über Diebe. Auch die Schrebergarten-Betreiber in Taufkirchen können ein Lied davon singen. Immer wieder besorgen sich Unbekannte bei ihnen Gemüse, Obst und Blumen. Erst kürzlich waren die schönsten Kürbisse weg, auch Radi wurde schon gestohlen und einmal alle Salatköpfe von einem Gartler entwendet, verrät Klaus Stimpfl.
Mit den aktuell gestiegenen Preisen hänge dies nicht zusammen. „Wir werden schon seit Jahren immer wieder bestohlen. Einmal mehr, einmal weniger. Die wissen, wann das Sach’ reif ist und kommen ab August zum Ernten.“
Sogar aus dem Gewächshaus stahlen die Diebe schon Gemüse. Deshalb hätten viele Schrebergärtner jetzt Gittertüren davor installiert. Besonders ärgerlich seien diese Diebstähle, weil man ja viel Liebe und Zeit in die Aufzucht stecke und sich schon auf die Ernte freue. „Wir bedanken uns bei unseren anonymen Erntehelfern, die uns in Nacht- und Nebelaktionen unsere Arbeit abnehmen und uns um die Früchte unserer Arbeit bringen“, meint Stimpfl ironisch.
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