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Weihnachten, auch im Islam ein Fest der Freude

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Von: Mayls Majurani

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Vor dem Christbaum auf dem Wartenberger Marktplatz: Für Islam-Lehrer Levent Balci ist vieles an Weihnachten nicht nur Religion, sondern auch Kultur.
Vor dem Christbaum auf dem Wartenberger Marktplatz: Für Islam-Lehrer Levent Balci ist vieles an Weihnachten nicht nur Religion, sondern auch Kultur. © Roland Albrecht

Wie Muslime Weihnachten sehen, erklärt der Wartenberger Islam-Lehrer Levent Balci.

Wartenberg – Weihnachten ist das Hochfest der Christen. Doch ganz so fremd ist es den Muslimen gar nicht, sagt Levent Balci. Der 55-jährige Islam-Lehrer aus Wartenberg, der unter anderem an der Lodererplatz-Schule in Erding und der Mittelschule Altenerding unterrichtet, hat ein Beispiel parat: „Der Heilige Nikolaus lebte in Myra. Das liegt in Anatolien, also in der Türkei.“ Das macht den römischen Bischof natürlich noch nicht zum Muslimen. Aber: „Arme und Kinder zu beschenken, sie glücklich zu machen – das ist auch ein fester Bestandteil des Islam.“

Diese gleichen, guten Seiten der beiden Religionen betont Balci nicht nur im Unterricht. „Ich habe auch meinen Kindern viel vom Nikolaus erzählt. Dass er aus dem gleichen Land kommt wie wir, macht das alles natürlich spannend.“

Ein Weihnachtsfest gibt es bei den Balcis Zuhause trotzdem nicht. „Dafür haben wir die zwei großen Feste im Islam, das Fest des Fastenbrechens und das Opferfest.“ Aber wünschen sich die Kinder denn nichts? Schließlich feiert fast der ganze Freundeskreis Weihnachten. „Sie mögen diese Zeit. Die Lichterketten und die geschmückten Bäume sind auch schön zum Anschauen. Aber Geschenke waren nie ein Thema bei uns.“

Das Gemeinschaftsgefühl in der Adventszeit schätzt der Islam-Lehrer dennoch: Spenden, sich gegenseitig unterstützen, an Arme und Hilfsbedürftige denken oder auch nur Plätzchen teilen – „das ist doch etwas sehr Gutes“. So gesehen ist die Adventszeit vergleichbar mit dem Fastenmonat Ramadan im Islam. Denn dann wird immer besonders viel gespendet und gemeinsam Fasten gebrochen.

Im Islam-Unterricht wird Weihnachten jedes Jahr behandelt. Dann erklärt Balci seinen Schülern, wie die Situation im Islam ist und was die Unterschiede zum Christentum sind, aber auch die Gemeinsamkeiten. Über Jesu Geburt wird im Koran zwar ausführlich berichtet, die Geschichte unterscheidet sich aber von den Evangelien. „Für uns ist Jesus ein Prophet Gottes, nicht sein Sohn“, erklärt Balci. „Und Maria, also Meryem, ist für uns auch heilig. Sie ist die einzige Frau, die im Koran namentlich erwähnt wird. Es gibt ein ganzes Kapitel, das nach ihr benannt ist.“ Ein Geburts- oder ein Festdatum gibt es im Koran nicht, ebenso wenig wie in der Bibel. Erst viel später legten sich die Römer auf den 24. beziehungsweise 25. Dezember fest.

Deshalb ist für Balci auch vieles an Weihnachten nicht nur Religion, sondern auch Kultur: „Der Weihnachtsbaum ist ursprünglich auch nicht christlich, glaube ich. Beispielsweise werden auch in der Türkei Neujahrsbäume aufgestellt. Ich finde das schön, auch wenn ich selbst keinen aufstelle.“

Und auch wenn Muslime Weihnachten nicht feiern, zumindest mitfeiern kann man, sagt der Islam-Lehrer. „Hier geht es darum, eine Freude, die Freude unserer Mitmenschen zu teilen.“ Deshalb würde er auch beim Wichteln mit den Kollegen mitmachen, und vor der Pandemie sei er auch zu Weihnachtsfeiern gegangen. Das gehöre zur Integration und trage auch dazu bei, das Verständnis für die eigene Religion zu erhöhen. „Bei solchen Feiern kommt man ins Gespräch, lernt die christliche Kultur besser kennen, kann aber auch erzählen, wie es bei uns im Islam ist.“

Deshalb findet Balci es schade, dass schon zum zweiten Mal die Christkindlmärkte ausgefallen sind: „Ich hoffe wirklich sehr, dass dieser Spuk bald ein Ende findet und die Menschen ihr Fest wieder ganz normal feiern können.“ Weihnachtsfeiern der Vereine oder Schulen seien auch für seine eigenen Kinder und seine muslimischen Schüler etwas Besonderes: „Es ist schön, wenn auch Muslime auf Weihnachtsfeiern eingeladen werden. Dahin zu gehen, ist nichts Schlimmes. Man konvertiert ja nicht zum Christentum. Man teilt die Freude seiner Mitmenschen.“ Und ihnen wünscht er frohe Weihnachten, auch wenn es heuer wieder etwas anders ist als sonst.

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