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Entlassungswelle am Flughafen München droht - Luftverkehr in „fragiler Situation“

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Von: Dirk Walter, Hans Moritz, Christian Deutschländer

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Leere Schalter: Die Passagierzahlen am Flughafen München sind durch die Pandemie drastisch eingebrochen
Leere Schalter: Die Passagierzahlen am Flughafen München sind durch die Pandemie drastisch eingebrochen. © Marcus Schlaf

Ausbleibender Flugverkehr aufgrund von Corona verringert die Einnahmen des Münchner Flughafens. Die FMG kündigt "ziemliche Einschnitte" an - Wie drastisch fallen diese aus?

Update von 20.26 Uhr: Die Nachricht, dass am Flughafen München ein massiver Stellenabbau droht, hat den Betriebsrat des Konzerns kalt erwischt. „Betriebsrat und Geschäftsführung sind am gleichen Tag wie der Aufsichtsrat zusammengesessen“, sagt der Vorsitzende Orhan Kurtulan. „Da war von Kündigungen keine Rede.“

Wie wir berichteten (siehe unten), sind rund 20 Prozent der Stellen bei der Flughafen-Gesellschaft FMG in Gefahr. Phasenweise sei in der Pandemie nur noch ein Prozent der geplanten Passagiere in München gestartet und gelandet, auch die Restaurants und Läden am Airport haben mit dramatischen Einbußen zu kämpfen.

Flughafen: Personalschwund bei der FMG? Luftverkehr derzeit in "fragiler" Situation

Die FMG reagierte auf unseren Bericht mit einer Presseerklärung. Die Begriffe „Entlassung“ und „Kündigung“ tauchen darin zwar nicht auf, können aber hineininterpretiert werden. „Exakte Prognosen sind angesichts der fragilen Situation des Luftverkehrs momentan noch sehr schwierig“, schreibt sie. „Vor diesem Hintergrund kann über mögliche Kapazitätsanpassungen am Airport auch erst in den nächsten Monaten im Detail entschieden werden.“ Alle Maßnahmen würden in enger Abstimmung mit den FMG-Gremien und den Arbeitnehmervertretern geplant und sozialverträglich gestaltet.

Der Betriebsratsvorsitzende Kurtulan wundert sich, dass bereits jetzt Stellenstreichungen im Raum stehen. „Die Kurzarbeiterregelung geht noch bis März 2021, wir haben also noch acht Monate“, sagt er. Er hofft, dass die Luftfahrt sich bis dahin „berappelt“ habe. Bei dem Gespräch mit der Geschäftsführung sei es vor allem um die aktuelle Entwicklung gegangen, berichtet der Chef der Mitarbeitervertretung. Dennoch: „Natürlich sind wir in Sorge.“ Viele FMG-Beschäftigte seien davon ausgegangen, sie hätten einen sicheren Arbeitsplatz, betont der Erdinger OB Max Gotz (CSU). Er erwartet, dass Freistaat und Landeshauptstadt als Miteigentümer „ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden“ und auf Kündigungen möglichst verzichten.

Massiver Stellenabbau am Münchner Flughafen? „Stehen vor ziemlichen Einschnitten“

Ursprungsartikel vom 23. Juli: Am Flughafen München* droht ein massiver Stellenabbau. Nach Informationen des "Mü haben am Mittwoch Gespräche zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat über Einsparungen in der Krise begonnen. Rund 20 Prozent der Stellen bei der Flughafen-Gesellschaft FMG stehen im Feuer, heißt es im Aufsichtsrat, es könnten aber mehr oder weniger werden.

Dramatische Flaute am Münchner Flughafen: Viele Arbeitsplätze rund um den Flugbetrieb sind bedroht
Dramatische Flaute am Münchner Flughafen: Viele Arbeitsplätze rund um den Flugbetrieb sind bedroht. © Marcus Schlaf

In der Corona-Krise sind phasenweise nur noch unter ein Prozent der geplanten Flüge gestartet und gelandet. Auch Restaurants und Läden am Airport erleiden dramatische Einbußen. Einige Betreiber müssen sogar schließen und weichen auf andere, günstigere Standorte aus.

Der Aufsichtsrat hat von der Geschäftsführung nun Prognosen für die weitere Entwicklung verlangt. Liquiditätsprobleme bestehen nicht. Vorerst federt zudem Kurzarbeit die Folgen für die rund 10.000 direkten Mitarbeiter ab. „Wir stehen aber vor ziemlichen Einschnitten“, heißt es im Gremium. Intern stehen alle Investitionen auf dem Prüfstand.

Denkwürdiger Tag für den Flughafen München - Wie wahrscheinlich sind Kündigungen?

Aufsichtsratschef Albert Füracker, Bayerns Finanzminister, sagte unserer Zeitung, man versuche nun, die wirtschaftliche Entwicklung einzuschätzen und sich dann Schritte zu überlegen. Man tue alles dafür, damit die Passagierzahlen wieder steigen. „Je mehr Flugverkehr, desto unwahrscheinlicher sind Kündigungen“, sagte der CSU-Politiker. Mit Entscheidungen sei aber nicht vor dem Herbst zu rechnen.

Am Mittwoch kam der Betriebsrat der FMG (31 Mitglieder) den ganzen Tag über zu Sitzungen zusammen. Erst beriet man alleine, am Nachmittag kam die Geschäftsführung um Flughafen-Chef Jost Lammers* dazu. Ein Flughafen-Sprecher bestätigt das. Das sei aber nichts ungewöhnliches. „Arbeitnehmer und Arbeitgeber beraten regelmäßig.“ Das Thema Stellenabbau sei konkret nicht besprochen worden, heißt es auch von anderer Seite zu den Beratungen. Es wäre auch ein harter Schlag, gerade für die Beschäftigten der großen Töchter wie Aeroground - der Flugzeugabfertiger hat viele gering qualifizierte Beschäftigte, die woanders nur schwer einen Job fänden.

Video: Fakten rund um den Flughafen München

Wohl aber ging es um die Konsolidierung des Konzerns, um Einsparungen, auch um die über 600 Azubis der FMG und deren Zukunftsaussichten. Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem bekannt wurde, dass die FMG künftig den Flughafen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia mitbetreiben wird.

Flughafen München: Ein wichtiger Arbeitgeber von München bis nach Landshut

Dass es in München noch in diesem Jahr zu Stellenabbau kommt, hält man in Gewerkschaftskreisen für unwahrscheinlich. Bis März 2021 ist per Betriebsvereinbarung Kurzarbeit beschlossen. Kündigungen sind solange nicht möglich, ehe diese Vereinbarung nicht im beiderseitigen Einvernehmen aufgekündigt wird. In der Region bis nach Landshut ist der Flughafen einer der wichtigsten Arbeitgeber, selbst aus der Stadt München pendeln täglich fast 9000 Beschäftigte an den Airport.

Die Corona-Auswirkungen am Flughafen München waren schon länger deutlich spürbar. Die Airlines Lufthansa und Emirates haben den Riesen-Flieger A380 aus dem Programm genommen*.

Am Flughafen München und weiteren bayerischen Flughäfen kann man sich nun kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Ministerpräsident Markus Söder hat eine weitere radikale Forderung.

Auch die Gastronomie-Branche ist von der Corona-Krise hart getroffen. TV-Köchin Sarah Wiener musste Insolvenz anmelden.

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