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Keine Auftritte, keine Einnahmen: Zirkusfamilie Frank kämpft ums Überleben

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Bild aus besseren Zeiten: Der Zirkus Roberto lockte immer wieder viele Zuschauer an.
Bild aus besseren Zeiten: Der Zirkus Roberto lockte immer wieder viele Zuschauer an. © Wilms

Wie viele in der Branche, kämpft die Zirkusfamilie Frank seit Jahren ums Überleben. Die Corona-Krise macht nun alles noch schlimmer - und bedroht ihre Existenz.

Eching – Der Zirkus Roberto der Familie Frank ist bereits seit 20 Jahren mit dem erlebnispädagogischen Kindermitmach-Zirkus Echolino der Höhepunkt im Kinderferienprogramm von Gemeinde und Jugendzentrum. Nun ist der kleine Familien- und Wanderzirkus aufgrund der Corona-Krise in ernsthaften finanziellen Nöten, weil das Kontaktverbot und die Ausgangsbeschränkungen ihnen keine Verdienstmöglichkeiten lassen und auch das staatliche Sicherheitsnetz offensichtlich das Schausteller- und Zirkusgewerbe – noch – nicht auffängt.

Seit 30 Jahren in und um München unterwegs, bedeuten die behördlichen Auflagen des für Zirkus, Schausteller, Kasperletheater und verwandte Berufsgruppen verhängten Gastspielverbotes in Verbindung mit einem Reiseverbot, dass keinerlei Einnahmen generiert werden können. „Wir mussten deshalb unsere gesamte Tournee absagen“, sagt Seniorchef Renee Frank verzweifelt. In diesen Tagen war eine Projektwoche in einem Kindergarten in Murnau bereits unter Dach und Fach. Doch dann machte Covid-19 einen dicken Strich durch alle Planungen und Zusagen.

Anträge auf Soforthilfe abgewiesen - gestrandet in geschlossenem Freizeitpark

Wie Seniorchef Renee Frank erläutert, ist ein Antrag auf Soforthilfe in München zweimal abgewiesen worden und auch in Summe drei Anträge auf Grundsicherung, die von den zuständigen Jobcentern bearbeitet werden, blieben bis dato ohne Rückmeldung. Glück im Unglück hat das Familienunternehmen, dass es auf dem Gelände von Schwarzhuber’s Abenteuerland, einem Freizeitparkt mit Abenteuerspielplatz zwischen Allach und Karlsfeld, der derzeit auch geschlossen ist, einen geeigneten Aufenthaltsort gefunden hat. Aber nur vorübergehend ist man dort bis auf Weiteres gestrandet.

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© Wilms

Auch ohne die existenzbedrohliche Situation durch den Corona-Stillstand kämpfen die Franks, wie viele Artistenfamilien, um das Überleben ihres Zirkusunternehmens – 52 Wochen im Jahr ein ausgesprochen hartes Brot. Außerhalb der Kinderzirkus-Projekte, die bereits seit 1990 ein wichtiges Standbein darstellen, präsentieren die Franks ihre eigene kleine, aber feine Zirkusshow – unter dem Titel „Zirkus Roberto Showpalast“, hatten sie ihr Zelt dieses Jahr bereits in Bogenhausen, Harlaching und Aubing aufgeschlagen.

Neun Personen und drei Generationen – vom einmonatigen Säugling bis zu den Großeltern Renee und Anna (beide Mitte 60) – gehören zur Zirkusfamilie Frank, darunter zwei behinderte Söhne. André ist von Geburt an auf den Rollstuhl angewiesen, und Joe seit einem Reitunfall ebenfalls gehandicapt. Beide sind auf die tägliche Unterstützung ihrer Eltern angewiesen.

In 30 Jahren nie gebettelt oder hausiert - aber jetzt steht man vor finanziellem Aus

Junior-Chefin im Zirkusunternehmen Roberto ist seit zwei Jahren die 24-jährige Jessica. Auf sie läuft die für einen Wanderzirkus ebenso wie etwa für Schausteller oder Puppenspieler erforderliche Reisegewerbe-Karte. Sie und ihr Bruder Geoffrey trainieren täglich, auch unter freiem Himmel, um für ihr Akrobatik-Repertoire fit und in Übung zu bleiben, aber auch, um neue Nummern einzuüben. Spaziergänger schauen gerne zu, und ab und an wird auch schon einmal etwas gespendet.

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© Wilms

In dieser wirklich schlimmen Lage heißt es für die Franks, über den eigenen Schatten zu springen und ihren Stolz und ihre Prinzipien über Bord zu werfen: „Es ist in den 30 Jahren noch nie vorgekommen, dass wir betteln oder hausieren gegangen sind. Wir hielten dies weder für nötig, noch wollten wir das unterstützen“, heißt es in einem auf Facebook veröffentlichten Spendenaufruf. Und weiter: „Es ist uns sehr unangenehm aber wir wissen einfach nicht mehr weiter. Wir stehen vor dem finanziellen Aus.“

Immer neue Hiobsbotschaften aus der Branche

Das gesamte Gewerbe muss um seine Existenz fürchten. Aus dem Kollegenkreis, so Geoffrey Frank, höre man immer neue Hiobsbotschaften. Viele stünden vor dem Ruin, und der eine oder andere Schausteller habe bereits Insolvenz angemeldet oder musste sein Fahrgeschäft verkaufen. Das sind düstere Aussichten. Die tapfere Devise lautet, weder die Hoffnung aufzugeben noch sich unterkriegen zu lassen. Und Renee Frank spricht auch sich selbst Mut zu, wenn er sagt: Wir halten durch!“ und auch: „Wir sehen uns in Eching wieder!“

Ob es aber zum Ende der Sommerferien tatsächlich mit einer Jubiläumsgala zum 20. Geburtstag des Kinderzirkus Echolino klappt und die Echinger Kinder vom 31. August bis zum 5. September wieder an einem Zirkus-Abenteuer teilnehmen dürfen, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungewiss.

Wer den Zirkus Roberto unterstützen möchte, kann an Jessica Frank, IBAN: DE36 1001 0010 0104 2901 33, spenden.

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