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„Respektlos“ und „unzumutbar“: Minderheit im Freisinger Kreistag kippt hybride Sitzungen

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Eine Hand berührt den Touchbildschirm eines Tablets.
Freisings Kreisräte können Sitzungen ab Januar nicht mehr von zu Hause aus bestreiten. Symbolbild © Cavan Images via IMAGO

Ab Januar müssen Freisings Kreisräte wieder in Präsenz zu den Sitzungen erscheinen. Möglich machte das eine Minderheit im Kreisausschuss - zum Unmut vieler.

Landkreis – Aus ist’s : Ab 1. Januar 2023 wird es für Kreisräte nicht mehr möglich sein, Sitzungen via Bildschirm von zu Hause aus zu verfolgen und von daheim aus abzustimmen. Die sogenannten Hybrid-Sitzungen, die aufgrund der Corona-Pandemie eingeführt worden waren, wurden nämlich in der jüngsten Kreistagssitzung überraschend gekippt. Vor allem für Kreisrat Gregor Wild (CSU) geht eine digitale Sitzungsbeteiligung „von der Küche aus“ und Respekt gegenüber dem Amt „beim besten Willen“ nicht zusammen.

Eines war deutlich zu spüren in der jüngsten Kreistagssitzung im rappelvollen Sitzungssaal: Kreisrat Wild brannte das Thema schon lange auf den Nägeln. Weil jetzt allerdings die Regelung in der Geschäftsordnung des Kreistags zur audiovisuellen Teilnahme bei Sitzungen zum Ende des Jahres ausläuft und eine mögliche Verlängerung ins Haus stand, nutzte Wild die Gunst der Stunde, um seinem Unmut über digitale Zuschaltungen Luft zu machen. Für ihn sei eine Teilnahme an Kreistagssitzungen via Bildschirm „respektlos“ –gegenüber dem Landrat Helmut Petz, aber auch gegenüber den Bürgern.

„Keine Kreisräte zwischen Tür und Angel“

„Wir sind doch keine Kreisräte zwischen Tür und Angel“, betonte Wild. Für ihn sei der Kreistag vor allem ein „Ort der Begegnung“. Außerdem kritisierte Wild den deutlichen Mehraufwand für den Sitzungsdienst aufgrund der technischen Vorbereitungen, für Wild sei das alles schlichtweg „unzumutbar“ – auch, dass sich vieles durch die digitale Zuschalte „in die Länge zieht“.

Petz selbst fand den Einsatz digitaler Kommunikationsformen allerdings überhaupt nicht respektlos – ganz im Gegenteil: „Also, ich bin froh über die Möglichkeit, hybride Sitzungen machen zu können.“ Den Vorwurf von Wild, dass nur das Freisinger „Parlament“ hybride Sitzungen durchführe, entkräftete Verena Juranowitsch (Grüne). Ihres Wissens nach würden zahlreiche Landkreise auf kommunalpolitischer  Ebene die Möglichkeit bieten, sich digital zuzuschalten.

„Wir sind doch eh alle sehr diszipliniert“

Auch den Vorwurf, Kreisräte seien durch ihr Daheimbleiben respektlos, wollte Juranowitsch so nicht stehen lassen. „Hybride Sitzungen ermöglichen die Verbindung von beispielsweise Kinderbetreuung und Ehrenamt, und das ist Respekt gegenüber den Kreisräten, damit sie ihr Amt durchführen können.“ Was Juranowitsch überhaupt nicht verstehen konnte: „Wir sind doch eh alle sehr diszipliniert, es sind doch heute sehr viele Räte hier in Präsenz.“

Fassungslos über die Einwände von Wild war dann auch Tobias Weiskopf (FDP), der aufgrund seines Studiums digital zugeschaltet war. „Die hybride Sitzung wird oft genutzt, um Beruf oder Studium mit dem Ehrenamt zu verbinden“, erklärte Weiskopf, der die von Wild erwähnte Respektlosigkeit ebenfalls nicht nachvollziehen konnte. Sein Vorschlag zur Güte: Würde der Eindruck entstehen, dass online zugeschaltete Kreisräte sich nicht diszipliniert genug verhalten, könnte ja beispielsweise das Sitzungsgeld gestrichen werden.

Ein deutliches Kontra gab es auch von Beate Frommhold-Buhl (SPD): „Ich bin keine Kreisrätin zwischen Tür und Angel – das ist gegenüber mir sehr respektlos von Herrn Wild!“

Für Sebastian Thaler (SPD) zählte vor allem, dass die Räte geistig anwesend seien, ob nun digital, in Präsenz, oder wie er es ausdrückte: „Die physische Anwesenheit zeigt nicht, ob man gut vorbereitet ist.“ Möglicherweise spielte Thaler damit auf die jüngste Kreisausschusssitzung an, bei der Wilds Parteikollege Manuel Mück (CSU) in Präsenz offenbar nicht gewusst hatte, dass die Turnhalle vom Hofmiller-Gymnasium noch von der Stadt gezahlt werde, obwohl das klar und deutlich in der Vorlage gestanden hatte, während Johannes Becher (Grüne), online zugeschaltet, darüber bestens informiert gewesen war.

„Wir leben den Hightech-Standort vor“

„Mit solchen Sitzungen leben wir den Hightech-Standort vor, deshalb sollten wir dieses Instrument weiter nutzen“, wünschte sich Robert Wäger (Grüne) abschließend, bevor erneut, wie schon bei der Causa Berufsschule Freising, das Anliegen zur Kampfabstimmung im Raum stand.

Weil die Verlängerung von hybriden Sitzungen in die Geschäftsordnung der Kreisräte eingreift, war dann für die Abstimmung zur Weiterführung eine Zweidrittelmehrheit nötig. Heißt im Klartext: 42 Ja-Stimmen hätte es gebraucht, allerdings sprachen sich nur 33 von 63 anwesenden Räten dafür aus. „So ist es halt jetzt, ab dem 1. Januar 2023 gibt’s keine hybriden Sitzungen mehr“, sagte Petz.
Richard Lorenz

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