- vonMagdalena Höcherlschließen
Der Vereinigung der Nazi-Verfolgten ist die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Der Freisinger Vorsitzende findet klare Worte. Eine Petition soll die Entscheidung rückgängig machen.
– Guido Hoyer findet klare Worte: „Es ist ungeheuerlich.“ Die Rede ist davon, dass der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) die Gemeinnützigkeit aberkannt worden ist. Das Berliner Finanzamt für Körperschaften I begründet die Entscheidung damit, dass der Verein in den bayerischen Verfassungsschutzberichten seit Jahren als linksextreme Vereinigung geführt werde. Mit der Entscheidung kommt auf die Vereinigung eine Steuernachzahlung zu, die laut Bundesgeschäftsführer Thomas Wilms existenzgefährdend sein könnte.
Hoyer fordert Rechtsschutz
Hoyer, Vorsitzender des VVN-BdA-Kreisverbands Freising-Moosburg, kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Er sieht sie aber passend im Rahmen einer Politik, „die seit Längerem nicht mehr nachvollziehbar ist“. Nach dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac und Campact, das Menschen vernetzt, die sich für progressive Politik einsetzen, folgt mit dem VVN-BdA nun ein weiterer Verein, der nicht mehr als gemeinnützig gilt. Für Organisationen wie diese fordert der Linken-Stadtrat Hoyer einen Rechtsschutz. „Sie können nicht der Willkür ausgeliefert werden.“
Ehrenvorsitzende war kürzlich zu Gast in Freising
Der VVN-BdA habe sich laut Hoyer 1947 von Überlebenden des Holocausts gegründet. „Die letzten Zeitzeugen sind heute noch tätig, und es gibt sehr viele Menschen, die diese Tradition fortsetzen wollen“, sagt Hoyer. Ehrenvorsitzende des Vereins ist die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano, die kürzlich auf Einladung des Vereins in Freising zu Gast war (wir berichteten). Die 94-Jährige hat sich mittlerweile in einem Offenen Brief an Finanzminister Olaf Scholz gewendet. Vor dem Hintergrund alltäglicher Bedrohungen durch Rechtsextremismus als Kränkung. „Das Haus brennt – und Sie sperren die Feuerwehr aus.“
Welche Konsequenzen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit auf den Kreisverband Freising-Moosburg hat, sei laut Hoyer derzeit nicht absehbar. Das Ganze sei jedoch bereits jetzt in jedem Fall „Rufschädigung“.
Freisinger ruft Online-Petition ins Leben
Um Finanzminister Scholz und die politischen Entscheidungsträger dazu zu bewegen, das Ganze rückgängig zu machen, hat der Freisinger Andreas Decker eine Online-Petition ins Leben gerufen. Diese haben seit Samstag bereits rund 5000 Menschen aus ganz Deutschland unterzeichnet. „Die Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht aller antifaschistischen Bewegungen“, sagt Decker, der sich politisch bei der Partei Die Partei engagiert. Sein Ziel: In den nächsten sechs Wochen sollen die benötigten 50.000 Unterschriften erreicht werden, um die Petition beim zugehörigen Ausschuss vorlegen zu können.
Die Chancen, das Quorum zu erreichen, schätzt Guido Hoyer als gut ein. Seine Kollegen und er selbst seien schon mehrfach auf den Vorfall angesprochen worden. In der Gesellschaft rege sich „breite Solidarität“. Der Kreisverbands-Chef betont: „Ich bin optimistisch – aber der Gesetzgeber hat das letzte Wort.“
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