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Kinderbetreuung in Freising: Lage „erschreckend“ - 684 Familien ohne Kita-Platz

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Spielgruppe in einer Kita
In Freising herrscht aktuell enormer Mangel an Kinderbetreuungsplätzen. © Symbolfoto: Monika Skolimowska/dpa

Bei einem ernüchternden Info-Treff zur Kinderbetreuung in Freising bekamen Eltern knackige Zahlen serviert: 684 Familien bekommen aktuell keinen städtischen Kita-Platz.

Freising – Es war eine drastische Prophezeiung, die der Referatsleiter für Bildung, Soziales und Sport, Karl-Heinz Wimmer, am vergangenen Donnerstag im großen Sitzungssaal des Freisinger Rathauses formulierte: „Sie werden heute Sachen sehen, die Sie erschrecken werden!“ Was er damit meinte, zeigte sich dann zügig, denn die Daten und Fakten zur aktuellen Betreuungssituation von Kindern in Freising sind tatsächlich eines – überaus erschreckend und eigentlich kaum mehr in Worte zu fassen. „Freising will es transparent machen, wo und warum was fehlt“, so Bürgermeisterin Eva Bönig. Aus diesem Grund habe sie zu einem Info-Treffen mit Kita-Personal, Elternvertretungen und unterschiedlichsten Trägern geladen – bei dem die aktuelle Tragödie ausformuliert wurde, für die es allerdings kaum Lösungsansätze gibt.

Das Personal fehlt an allen Ecken und Enden

„Es ist kein hausgemaches Problem von Freising“, betonte Bönig einleitend, sondern eines, das neuerdings bundesweit Kommunen beschäftigt. Das Problem Nummer eins: Es gibt einfach schlichtweg aufgrund des Fachkräftemangels zu wenig Betreuungspersonal, ob nun für Kindergarten, Hort oder Krippe. Zwar bestehe die Stadt Freising bei ihren Kita-Einrichtungen weiterhin auf einen Betreuungsschlüssel von 1 zu 8, allerdings könne dieser laut Bönig nicht eingehalten werden.

Versammlung zum Thema Kinderbetreuung im Freisinger Rathaus-Sitzungssaal
Lange Gesichter: Kita-Personal, Elternvertretungen und Abordnungen unterschiedlichster Träger waren zu dem Info-Treffen im großen Sitzungssaal des Freisinger Rathauses erschienen. © Lehmann

Von welchem Problem-Ausmaß überhaupt gesprochen wurde, machte dann die Amtsleitung für Kindertagesstätten, Helga Schöffmann, deutlich – und zwar mit Zahlen, die manchem Teilnehmer die Farbe aus dem Gesicht weichen ließ. In den städtischen Kindergärten Freisings bekommen heuer nämlich 364 Kinder einen Platz – während 329 Kinder auf der Warteliste landen, und somit erst mal keinen Betreuungsplatz bekommen. Im Klartext heißt das: Beinahe die Hälfte der angemeldeten Kindergarten-Kindern gehen erst mal leer aus.

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Noch dramatischer zeigt sich die Situation in den Freisinger Krippen: Aufgenommen wurden 116, auf die Warteliste landen 224 Kinder, während es für Hortkinder nur gering besser ausschaut – hier bekommen 186 einen Platz, 131 müssen mit der Warteliste Vorlieb nehmen. Werden alle Kinder auf den Wartelisten zusammengezählt, wird das Ausmaß der ganzen Misere überaus deutlich: 684 Familien bekommen aktuell keinen Kita-Platz in städtischen Einrichtungen.

An Personal mangelt es nämlich hinten und vorne: In den Kindergärten fehlen 27 Betreuungskräfte, in den Krippen 11 und im Hort-Bereich 17. Das Resultat: Es können Plätze deshalb schlicht und einfach nicht belegt werden, insgesamt belaufe sich hier die Zahl auf 411.

Wimmer sieht noch keine Trendwende

Was Wimmer aber auch klar machte: „Selbst wenn alle Stellen voll besetzt wären, würden immer noch nicht alle Kinder betreut werden können.“ „Wir stehen im Spannungsfeld von Rechtsanspruch auf eine Betreuung und unserem Anspruch, Qualität bei der Betreuung sicherzustellen“, erklärte Bönig, die allerdings wenig von sogenannten Quereinsteigern oder Mini-Kitas hält. Das Problem des Personalmangels werde sich ihrer Meinung nach in naher Zukunft kaum verändern, weshalb sie jetzt auch den Betroffenen „reinen Wein einschenken“ wollte. Um gegenzusteuern, setze die Stadt aktuell jeden Hebel in Bewegung, um Personal akquirieren zu können, wie etwa durch zielgerichtete Stellenausschreibungen über Social-Media-Kanäle, dauerhafte Stellenausschreibungen auf den verschiedensten Plattformen, wie aber auch via Ausbildung in den eigenen Einrichtungen.

„Wo und warum was fehlt“, erläuterte Bürgermeisterin Eva Bönig (2. v. l.) bei dem Treffen. Karl-Heinz Wimmer, der Referatsleiter für Bildung, Soziales und Sport (l.), hatte ebenfalls einige Hiobsbotschaften mitgebracht.
„Wo und warum was fehlt“, erläuterte Bürgermeisterin Eva Bönig (2. v. l.) bei dem Treffen. Karl-Heinz Wimmer, der Referatsleiter für Bildung, Soziales und Sport (l.), hatte ebenfalls einige Hiobsbotschaften mitgebracht. © Lehmann

Stadt investiert jährlich rund eine Million Euro

Was Wimmer auch wichtig war zu betonen: „Die Suche nach Personal ist das eine, andererseits müssen wir uns gut um die kümmern, die da sind, damit sie auch bleiben.“ Neben einer hohen Wertschätzung in den jeweiligen Einrichtungen biete die Stadt monetäre Zuwendungen, wie etwa die Freising-Zulage und die vollständige Bezahlung von Fahrscheinen für Mitarbeiter, die per ÖPNV zur Arbeit kommen. Rund eine Million Euro jährlich investiert die Stadt Freising für Ausbildung und Personalmarketing im Sozial- und Erziehungsdienst.

Eltern äußern Zweifel am Auswahlverfahren

Im anschließenden Diskussionsteil gab es dann eine durchaus rege Beteiligung, bei der auch Fragen auf den Tisch kamen, die anscheinend viele Eltern beschäftigen – etwa wie das Auswahlverfahren, wer einen Kita-Platz bekommt, überhaupt ablaufe und ob es da schon gerecht zugehe. Hier konnte Bönig beruhigen, denn die Auswahl finde streng nach einer Satzung statt, die auf der Homepage der Stadt Freising eingesehen werden könne. Den Vorwurf, der von Kita-Mitarbeitern gehört worden sei, dass „schwierige“ Kinder dabei „ausgeklammert“ werden würden, wies Bönig strikt von sich.
Richard Lorenz

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