„Die Ideen sind da, der Wille auch“: Bürgermeister planen schon für den Fall, dass die 10H-Regel fällt

Sollte 10H fallen, hätten Gemeinden wieder deutlich mehr Gestaltungsfreiheit beim Bau von Windkrafträdern. Und tatsächlich haben einige Bürgermeister schon Pläne.
Landkreis – Noch sträubt sich die Bayerische Staatsregierung – doch der Gegenwind wird stärker: Die 10H-Abstandsregel für Windkraftanlagen soll nach dem Willen von Klima-Minister Robert Habeck fallen. Nur so könne man die Energiewende schaffen. Doch wo gibt es überhaupt Potenzial für Windräder im Landkreis?
Mauerns Rathauschef will Versprechen halten
„Wir könnten mit einem Radl ganz Mauern versorgen“, sagt Bürgermeister Georg Krojer und klingt wehmütig. Ginge es nach ihm, hätte die Gemeinde längst den Bau einer Anlage in die Wege geleitet. Denn einen Standort hatte man dafür vor Jahren bereits auserkoren: zwischen Schwarzersdorf und Priel, das zum benachbarten Gammelsdorf gehört. Krojer: „Es hat sogar schon einen Pachtvertrag mit den Stadtwerken München gegeben, und wir hätten die Bürger an den Erträgen beteiligen können.“
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Doch gegen die Pläne formierte sich massiver Widerstand, eine Interessengemeinschaft machte mobil und rasch sah sich Krojer mit über 100 Kritikern konfrontiert. „Der Windkraftgegner-Tourismus ist natürlich auch sofort in Schwung gekommen. Bei den Veranstaltungen in Mauern waren Leute aus ganz Bayern zu sehen.“

Die Proteste zeigten ihre Wirkung, denn Ortschef Krojer wollte damals wie heute „bei der Windkraft alle mitnehmen“, wie er sagt. „Das hab’ ich versprochen und werde ich auch halten.“ Sollte die 10H-Regel nun vom Bund gekippt werden, scheut der Mauerner Bürgermeister auf jeden Fall nicht die Wiederaufnahme der Debatte: „Wir müssen uns der Diskussion stellen. Wenn wir Kohle- und Atomenergie abschaffen, gleichzeitig alle elektrisch fahren wollen, und die Industrie Stromsicherheit haben soll, dann müssen wir dafür auch was hergeben.“
In Wang sollen Bürger finanziell profitieren
Krojers Amtskollege, Wangs Bürgermeister Markus Stöber, stand noch nicht an der Gemeindespitze, als es dort beim Thema Windkraft ähnlich heiß her ging wie in Mauern. Als zuletzt nun klar wurde, dass Bundesminister Robert Habeck an 10H rüttelt, hat sich auch Stöber Gedanken gemacht, wie man lokal auf den Wegfall der Regelung reagieren könnte. „Einerseits wollen wir die Energiewende, andererseits die Bürger nicht extrem verärgern.“ Aus seiner Sicht wäre es vorteilhaft, wenn „nicht wieder die Kommunen die Bösen sind, und alles auf den Rücken von Gemeinderäten oder Bürgermeistern ausgetragen wird“. Es brauche stattdessen klare Richtlinien von übergeordneter Ebene.

Wie eine Windkraftstudie noch unter der Ära Hans Eichingers ergeben hatte, sind auf Wanger Flur aus technischer Sicht mehrere Standorte geeignet: Zwei befinden sich im Thulbacher Wald, einer bei Schlag sowie einer zwischen Inzkofen und Thalbach. Aus Stöbers Sicht ist klar, dass „das von der örtlichen Bevölkerung nicht unbedingt erwünscht ist“. Seiner Meinung nach könnte jedoch die Akzeptanz steigen, wenn man finanzielle Erträge an die betroffenen Bürger weitergeben könne. Er werde nun die großpolitische Lage abwarten und dann reagieren.
Obwohl Wang in der komfortablen Situation ist, dass es wegen der Wasserkrafterzeugung sowie reichlich PV-Anlagen in der Gemeinde weit über 1000 Prozent des Energiebedarfs regenerativ erzeugt, sieht Markus Stöber Handlungsbedarf in Sachen Ausbau erneuerbarer Energiequellen: „Städte wie Freising oder Moosburg tun sich schwer, das müssen natürlich Flächengemeinden wie Wang übernehmen.“
In Hallbergmoos wird schon laut nachgedacht
„Wenn wir die Energieautarkie erreichen wollen, dann müssen wir jetzt Gas geben“, sagt der Hallbergmooser Rathauschef Josef Niedermair (CSU). Und obwohl man in seiner Gemeinde derzeit in erster Linie das Thema Photovoltaik vorantreibe, gehörten natürlich auch Windräder zu solchen Überlegungen. Der Wegfall der 10H-Regel würde der Moosgemeinde insofern entgegenkommen, weil vor einigen Jahren ein Windrad-Projekt unter anderem an diesen strengen Vorgaben gescheitert war.

Unabhängig davon hat Niedermair, wie er dem FT verriet, gemeinsam mit seinem Ismaninger Amtskollegen Alexander Greulich in Sachen Windkraft schon mal „laut nachgedacht“. Beide haben ein früher favorisiertes Areal südöstlich des Hausler-Hofs im Visier, „weit weg von der Wohnbebauung“. Ohne 10H-Regel könnte man sogar auf 200 bis 250 Meter in die Höhe gehen, wo es richtig weht. Niedermair: „Die Ideen sind da, der Wille auch.“ Sollte Klimaschutzminister Robert Habeck das 10H-Vorhaben noch heuer durchsetzen, kann sich der Hallbergmooser Bürgermeister gut vorstellen, dass ebenfalls noch in diesem Jahr im Gemeinderat das Thema Windrad wiederbelebt wird.
Fällt 10H, wird es in Allershausen konkret
Bürgermeister Martin Vaas (PFW) hat eine klare Meinung: „Wenn man den Energiewendebeschluss des Landkreises umsetzen will, dann werden wir nicht drumherum kommen, auch Windräder auszuweisen.“ Und er zitiert an der Stelle Andreas Henze von der Bürger Energie Genossenschaft (BEG), der erst kürzlich einen Vortrag zum Thema Energiewende vor den Gemeinderäten Allershausens gehalten hat: Will man die Energiewende realisieren, „braucht es mindestens ein Windrad in jeder Gemeinde des Landkreises“.

Vaas kann zwar die Proteste derer verstehen, denen man ein Windrad vor die Nase setzen will. Er schickt aber hinterher: „Dennoch werden wir uns an andere Dinge gewöhnen müssen: Windräder und Photovoltaikanlagen für die Energiewende, höhere Häuser aufgrund der horrenden Grundstückspreise – das alles bringt die Zeit mit sich.“
Sollte die 10H-Regel abgeschafft werden, käme das Thema im Gemeinderat konkret auf den Tisch, kündigt Martin Vaas an. Dann werde man auch untersuchen, ob es in Allershausen geeignete Flächen gibt.
Auch Landrat Helmut Petz hat sich gegen die 10H-Regelung ausgesprochen. Sie sei für die Energiewende „wie die Feststellbremse beim Auto“.