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Mit rollender Praxis gegen Obdachlosigkeit: Dr. Odo Weyerer will Medmobil-Angebot im Kreis Freising ausbauen

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Von: Magdalena Höcherl

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Los geht’s: Aktuell ist Dr. Odo Weyerer immer am Mittwochnachmittag mit dem Medmobil unterwegs.
Los geht’s: Aktuell ist Dr. Odo Weyerer immer am Mittwochnachmittag mit dem Medmobil unterwegs. © Archiv

Damit auch wohnungslose, nicht krankenversicherte Menschen medizinische Versorgung erhalten, ist Dr. Odo Weyerer mit seinem Medmobil in Freising unterwegs. Nun soll das Angebot ausgebaut werden.

Freising – Als Odo Weyerer mit seinem Medmobil letztens Halt an der Wärmestube Freising machte, sah er mal wieder ein neues Gesicht. Der obdachlose Mann habe weder ein noch aus gewusst, er sei auf dem Park&Ride-Parkplatz von drei jungen Dealern überfallen worden, die ihm auch das Wenige, was er hatte, genommen hätten. Weyerer untersuchte ihn, verband die offenen Füße, gab ihm Schlafsack und Isomatte, die er für den Notfall immer im Wagen hat, und vereinbarte: „In zwei Tagen sehen wir uns zur Kontrolle wieder!“

Schicksale wie dieses sind Alltag für Odo Weyerer. Der Arzt aus Freising ist regelmäßig mit seinem Medmobil in und um die Domstadt herum unterwegs. Er kennt die Not und das Leid der Menschen, die für die meisten unsichtbar sind. Der 64-Jährige hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Frauen und Männer wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Spenden finanzieren das Medmobil

Das gelingt ihm mit seinem Medmobil. Der zur Arztpraxis umfunktionierte Krankenwagen, den ihm die Aicher Group zur Verfügung gestellt hat, rollt seit knapp eineinhalb Jahren durch Freising. So sollen auch die Menschen medizinische Versorgung in Anspruch nehmen können, die obdachlos und nicht krankenversichert sind – und zwar unentgeltlich.

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Finanziert wird das Ganze – also etwa Sprit, aber vor allem auch die Ausstattung des Autos mit Dingen wie EKG-Gerät, Labor, Sauerstoffflaschen, Verbandszeug und Tabletten – durch die Unterstützung von Wärmestube und Rotary Club. Verschiedene Firmen und Vereine spenden ebenfalls immer wieder an das Medmobil. Weyerer selbst arbeitet ehrenamtlich.

Stichwort Wärmestube: Der Obdachlosentreffpunkt an der Vimystraße in Freising ist eine fixe Station auf Weyerers Tour, aber er fährt immer Mittwochnachmittag auch den Bahnhof an, die Schwabenau und zur Villa Kunterbunt nach Attaching. Er arbeitet eng mit den Sozialarbeitern in Neufahrn und dem Katholischen Männerfürsorgeverein zusammen. „Die melden sich, wenn etwas ansteht.“ Und es steht viel an: Dieses Jahr hat Weyerer vor allem Corona-Vakzine verabreicht, aber er führte etwa in der Geflüchtetenunterkunft in Zolling auch eine Masern-Mumps-Röteln-Impfung durch. Außerdem kümmerte er sich um die Erstversorgung von Geflüchteten aus der Ukraine.

Er ist nicht nur Arzt, sondern Vermittler

Inzwischen hat Weyerer einen guten Zugang zu den Menschen. „Dieses Vertrauen musste ich natürlich zuerst einmal aufbauen. Aber das hat gut geklappt“, erinnert er sich. So habe er es schließlich beispielsweise geschafft, eine Frau von einem Krankenhausaufenthalt zu überzeugen, damit ihr Tumor behandelt werden kann.

Mit seiner Praxis auf Rädern versteht sich Weyerer, der als Arzt auch lange Zeit in Ländern wie Nepal oder Südafrika tätig war, nicht nur als Mediziner. Ihm geht es nicht nur um Wundversorgung, Notfallbehandlung und kleinere ambulante Eingriffe, sondern auch darum, obdachlose Menschen aufzufangen und ihnen Ansprechpartner für verschiedenste Belange zu vermitteln; zum Beispiel Schuldner- oder Schwangerschaftsberatung. Durch seine vielen Kontakte – unter anderem sitzt Weyerer am Tisch Füreinander der Stadt Freising, dem Sprachrohr für Menschen in Armut – konnte er bereits drei Menschen von der Straße wegbringen. „Das ist mein Antrieb, und das macht mir auch Spaß“, sagt Weyerer. „Ich brauche keine 100 Orden. Ich möchte konkret helfen.“

Weil der Bedarf da sei, will er das ehrenamtliche Angebot 2023 gemeinsam mit seinen Kollegen Annette Märkl und Horst Thienwiebel ausbauen. Langfristig sei das Ziel, den ganzen Landkreis zu betreuen.

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