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Mein lieber Schieber! Neues Jazztango-Trio Gitane Akkrobat aus Moosburg frönt der gepflegten Langsamkeit

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Machen dem Bandnamen alle Ehre: Akrobatisch gehen der „Gitarren-Andy“, der „Akkordeon-Roland“ und der „Bass-Telser“ vom neuen Trio Gitane Akkrobat zu Werke.
Machen dem Bandnamen alle Ehre: Akrobatisch gehen der „Gitarren-Andy“, der „Akkordeon-Roland“ und der „Bass-Telser“ vom neuen Trio Gitane Akkrobat zu Werke. © Gabriel

Gitane Akkrobat heißt eine neue Band aus Moosburg, mit der sich drei erfahrene Musiker aus der Region einen Herzenswunsch erfüllt haben. Wir stellen sie vor.

Moosburg – Der Moosburger Musiker Roland Pöhlmann (60, Akkordeon) war lange Zeit fester Bestandteil der Isar Amper Jazz Company. Jetzt hat er sich einen Herzenswunsch erfüllt und ein illustres Trio aus der Taufe gehoben. Ein Album gibt es auch schon: Es trägt den Titel „Stay Young At Heart“.

Gitane Akkrobat heißt die Band. „Gitane“ ist Französisch und bedeutet Streuner. Was Sinn ergibt, denn genau so fühlen sich Pöhlmann und seine beiden Mitstreiter Andy Mayr (61, Gitarre) und Stefan Telser (67, Kontrabass). Sie mäandern stilistisch zwischen Gypsy-Swing, brasilianischem Forró und argentinischem Milongas, begeben sich mit Chuzpe auf Gratwanderung zwischen Jazz und Rock. Ein gewagtes Unterfangen. Noch dazu, weil man bewusst auf Schlagwerk und Gesang verzichtet.

Bandname gibt Hinweise auf Mitglieder

Gitane Akkrobat ist nebenbei bemerkt auch ein Wortspiel, das sich aus dem Gitarren-Andy (Gitan), dem Akkordeon-Roland (Akkro) und dem Bass-Telser (bat) zusammensetzt. Ein Zeichen dafür, dass man sich als Marke empfindet, genaue Vorstellungen hat, wo die Reise strukturell und musikalisch hingehen soll. Oder anders gesagt: Da haben sich drei versierte Vollblutmusiker gefunden, die es noch einmal wissen wollen.

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Stefan Telser hat sich bei Trio Grande und zuletzt bei Pitu Pati einen Namen gemacht. Außerdem war er über 30 Jahre im Orchester am Gärtnerplatztheater engagiert. Zusammen mit Pöhlmann, der bis heute Mitglied der Landshuter Band Die Meschpoke ist, hat Telser auch schon E-Bass in einer Funkformation gespielt. Andy Mayr ist Gitarrenlehrer und hat bei Tango Sur gespielt. Da kommt so einiges an Erfahrung zusammen, da muss sich keiner mehr etwas beweisen. Und das hört man dem Erstling des Trios auch an.

Geht schnell ins Ohr und tüchtig in die Beine

Mein lieber Schieber – es ist die Leidenschaft an gepflegter Langsamkeit, an der Tanzbarkeit konzertanter Kammermusik, die „Stay Young At Heart“ auszeichnet. Die sieben blitzsauber im Studio eines befreundeten Landshuter Produzenten eingespielten und fein säuberlich gemasterten Stücke gehen schnell ins Ohr und bisweilen auch tüchtig in die Beine. Dem Album haftet ein Hauch von Nostalgie an.

Gleich der erste Take „Payadora“ macht deutlich, dass die „Akkrobaten“ erst gar nicht den Versuch unternehmen, dick aufzutragen oder nach mehr klingen zu wollen, als es ist. Bestes Beispiel ist der Opener: eine leger und locker dahinfließende Milonga aus der Feder von Tango-Legende Julian Plaza, die zwischendrin gehörig Fahrt aufnimmt. Das hat Stil und zeugt von großer Klasse. Es folgt ein brasilianischer Forró, der unter dem Titel „Sanfona Sentida“ firmiert. Ein Stück von Luis Gonzaga, eines voller Lebenslust und heller Freude.

Spielerische Leichtigkeit

„Home“, das dritte Stück, ist eine Liebeserklärung an die Melancholie. Wenngleich: Die „Streuner“ verstehen es, selbst aus der getragenen Komposition der belgischen Jazzpianistin Myriam Alter ein bassläufiges Tango-Tänzchen zu machen. Dann ist es an der Zeit, sich vor Astor Piazzola, dem Grandseigneur des argentinischen Tangos zu verneigen. Gitane Akkrobat hat sich mit „Chiquilin de Bachin“ einen Klassiker herausgepickt.

Was folgt, ist ein Bossa. Einer, der noch einmal der demonstrativen Langsamkeit frönt – wohlgemerkt ohne auch nur ansatzweise pomadig zu wirken. Mit gestrichenem Bass und hervorragender Gitarren-Arbeit. Fast schon auf dem Endspurt wildern die drei Grenzgänger noch in den Gefilden des schwedischen Jazz-Trios von Esbjorn Svenson. „Elevation of Love“ heißt dieser lautmalerische Side-Step, der sich sowohl durch den improvisatorischen Charakter als auch durch spielerische Leichtigkeit auszeichnet.

Das Trio brennt aufs Spielen

Als Sahnehäubchen on top gibt es schließlich noch eine Blues-Rock-Preziose von Steve Winwood, sorgsam adaptiert und ins eigene Genre transformiert. Es ist der Schlusspunkt eines bemerkenswert unaufgeregten Debütalbums. Eines, das als Visitenkarte und Empfehlung für Liveauftritte gedacht ist.

„Die Band muss spielen“, sagt Frontmann Roland Pöhlmann. Das Trio brennt darauf. Denn live auf der Bühne hat Gitane Akkrobat noch einiges an Facetten mehr zu bieten. Französische Musette oder vertrackten Balkan-Jazz zum Beispiel. Man darf jedenfalls gespannt sein, was diesem Ausnahmetrio noch alles einfällt.
Alexander Fischer

Hier gibt es die Musik von Gitane Akkrobat zu hören

Einen Eindruck können sich geneigte Hörerinnen und Hörer von der Band online verschaffen: Das komplette Album findet sich unter album.link/5552md3ftkqq3. Kontakt zur Gruppe lässt sich unter www.gitane-akkrobat.com aufnehmen.

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